Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2012, 6 K 6/12
Das eigenständige Aufenthaltsrecht für Ehegatten ist in § 31 AufenthG geregelt.
Gem. § 31 Abs. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzuges unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn
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- 1. Die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
- 2. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
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und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen.
Nach § 31 Abs. 2 AufenthG ist von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.
Mit dieser Ausnahmeregelung soll insbesondere solchen Ehegatten dennoch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind oder die sich in einer schwierigen Lage befinden würden, sollten Sie gezwungen sein, in ihr Heimatland zurück zu kehren.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte nun in dem oben genannten Eilverfahren darüber zu entscheiden, ob eine Staatsbürgerin aus Bosnien-Herzegowina ein Recht auf Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht hatte.
Einleitung und Hintergrund
Die Antragstellerin, eine Staatsangehörige aus Bosnien-Herzegowina, heiratete im September 2008 einen deutschen Staatsangehörigen in Bosnien-Herzegowina und zog im November 2008 nach Deutschland. Seit Juli 2011 besteht keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr mit ihrem Ehemann. Aufgrund der gescheiterten Ehe lehnte die zuständige Ausländerbehörde sowohl die Erteilung als auch die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis ab und drohte die Abschiebung an. Die Antragstellerin beantragte daraufhin vorläufigen Rechtsschutz und argumentierte, dass sie aufgrund der Dauer ihrer Ehe in Deutschland nach der vor dem 01.07.2001 geltenden Rechtslage ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben habe. Alternativ führte sie an, dass eine besondere Härte vorliege, die eine Ausnahme rechtfertigen würde.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah keinen Grund, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung oder Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse anzuordnen. Nach Auffassung des Gerichts habe die Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 S. 2 AufenthG. Diese Regelung sieht vor, dass die Aufenthaltserlaubnis eines ausländischen Ehegatten eines Deutschen verlängert wird, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht. Da jedoch die eheliche Lebensgemeinschaft seit Juli 2011 nicht mehr besteht und keine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Ehegatten mehr gegeben ist, sah das Gericht keine Grundlage für eine Verlängerung.
Anspruch auf eigenständiges Aufenthaltsrecht
Das Gericht prüfte auch, ob die Antragstellerin nach den geänderten Bestimmungen des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben habe. Diese Bestimmung sieht vor, dass im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten als eigenständiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert wird, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Da die eheliche Lebensgemeinschaft im vorliegenden Fall nicht drei Jahre andauerte, sah das Gericht keinen Anspruch auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Auch eine Prüfung nach der alten Rechtslage, bei der zwei Jahre ausreichend gewesen wären, kam nicht in Frage, da keine Übergangsregelung bestand.
Besondere Härte
Schließlich setzte sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob eine besondere Härte gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 AufenthG vorliege, die eine Ausnahme von der dreijährigen Mindestdauer rechtfertigen könnte. Eine besondere Härte liegt vor, wenn dem Ehegatten aufgrund der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht. Das Gericht entschied jedoch, dass die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe wie die persönliche Betroffenheit durch die Trennung, der Verlust ihrer Erwerbstätigkeit und die Schwierigkeiten bei einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina nicht ausreichen, um eine besondere Härte anzunehmen. Diese Umstände seien vergleichbar mit denen vieler anderer Ausländer in ähnlicher Lage, insbesondere auch von Staatsangehörigen aus Bosnien-Herzegowina.
Fazit
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe lehnte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab, da die Antragstellerin weder einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis noch auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nachweisen konnte. Auch eine besondere Härte, die eine Ausnahme gerechtfertigt hätte, lag nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Die Entscheidung zeigt die strengen Anforderungen, die an den Fortbestand einer ehelichen Lebensgemeinschaft und an das Vorliegen besonderer Härten im Aufenthaltsrecht gestellt werden.
Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe
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