Ausländerrecht: Geschwisternachzug aus dem Irak und rechtliche Hürden

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 13.01.2025, Az.: OVG 3 S 3/25

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat am 13. Januar 2025 unter dem Aktenzeichen OVG 3 S 3/25 eine Entscheidung zum Thema Familiennachzug von Geschwistern getroffen. Der Fall betrifft die Frage, ob minderjährige Geschwister aus dem Irak einen Anspruch auf die Erteilung eines Visums haben, wenn ihren Eltern bereits ein Visum zur Familienzusammenführung mit ihrem subsidiär schutzberechtigten Sohn in Deutschland erteilt wurde.

Hintergrund des Falls

Die Antragsteller, drei minderjährige Kinder im Alter von 6, 11 und 16 Jahren, hatten versucht, ein Visum zu erhalten, um gemeinsam mit ihren Eltern nach Deutschland einzureisen. Ihre Eltern hatten bereits ein Visum zur Familienzusammenführung mit ihrem im Bundesgebiet lebenden Sohn erhalten, das jedoch nur bis zum Erreichen der Volljährigkeit des Sohnes gültig war.

Das Verwaltungsgericht Berlin wies den Antrag der Geschwister ab, woraufhin die Familie Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg einlegte. Das Gericht entschied ebenfalls gegen die Antragsteller und lehnte zugleich den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab.

Die rechtlichen Grundlagen

Im Verfahren wurden mehrere gesetzliche Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) relevant:

  • § 32 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG: Regelungen zum Nachzug von Kindern.
  • § 36a Abs. 1 AufenthG: Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten.
  • § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG: Erfordernis der Sicherstellung des Lebensunterhalts.
  • § 22 AufenthG: Aufnahme aus humanitären Gründen.

Das Gericht stellte fest, dass der Lebensunterhalt der minderjährigen Antragsteller nicht gesichert sei und somit kein Anspruch auf Visumerteilung bestehe.

Entscheidungsgründe des OVG Berlin-Brandenburg

Das Gericht lehnte die Beschwerde aus folgenden Gründen ab:

  1. Fehlende Sicherung des Lebensunterhalts: Die Antragsteller konnten nicht nachweisen, dass ihr Lebensunterhalt gesichert sei, was eine zwingende Voraussetzung für die Erteilung eines Visums nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist.
  2. Befristung des Visums der Eltern: Das Gericht argumentierte, dass das Visum der Eltern zeitlich eng befristet sei, da es mit der Volljährigkeit des Sohnes automatisch erlischt. Dies lasse keinen Raum für einen parallelen Nachzug der Geschwister.
  3. Keine atypische Situation: Die Möglichkeit, dass ein Elternteil nach der Einreise Asyl beantragen könnte, stellt laut Gericht keine atypische Situation dar, die eine Ausnahme vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung rechtfertigen würde.
  4. Wohnraumanforderungen nicht erfüllt: Die Antragsteller konnten keinen ausreichenden Wohnraum im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nachweisen. Die angegebene Unterkunft wurde als Übergangslösung bewertet und nicht als langfristige Wohnmöglichkeit.

Bedeutung für die Praxis

Diese Entscheidung verdeutlicht die strengen Anforderungen, die an den Nachzug von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter gestellt werden. Besonders relevant ist dabei die Sicherstellung des Lebensunterhalts, die als zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Visumserteilung gilt.

Zudem zeigt das Urteil, dass der Gesetzgeber den Geschwisternachzug grundsätzlich nicht als Teil der Kernfamilie betrachtet, sondern nur in Ausnahmefällen nach § 36 Abs. 2 AufenthG zulässt.

Fazit

Das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg stellt klar, dass der Nachzug von Geschwistern zu subsidiär Schutzberechtigten in Deutschland an strenge rechtliche Bedingungen geknüpft ist. Ohne eine gesicherte finanzielle Grundlage und ausreichend Wohnraum ist eine positive Entscheidung unwahrscheinlich. Familien, die einen Nachzug anstreben, sollten daher im Vorfeld sicherstellen, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, um unnötige Verzögerungen und Ablehnungen zu vermeiden.

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