Gewerbemietrecht: Die Schriftform ist für die Verlängerung eines Gewerbemietvertrages notwendig.

Oberlandesgericht München, 07.04.2016, Az.: 23 U 3162/15

Eine wichtige und immer wieder relevante Norm im Gewerbemietrecht ist § 550 BGB, welcher die Wahrung der Schriftform des Mietvertrages beinhaltet. § 550 BGB lautet:

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

Ist die Schriftform nicht eingehalten, führt dies zu einer vorzeitigen Kündbarkeit des Vertrages. Zwar ist die Folge der nicht eingehaltenen Schriftform zunächst, dass der Mietvertrag unbefristet wirksam ist, gleichzeitig ist dieser aber von beiden Parteien nach einem Jahr unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen von fast 6 Monaten zum Quartalsende ordentlich kündbar.

Dies kann für den Mieter, welcher sich durch seine Investitionen auf langfristiges Verbleiben in den Mieträumen eingestellt hat, unangenehme Folgen bis hin zur Existenzgefährdung haben.

Die Einhaltung der Schriftform muss also alle notwendigen Inhalte des Mietvertrages umfassen:

      • Parteien des Mietvertrages
      • Genaue Beschreibung des Mietobjektes
      • Höhe des Mietzinses
      • Dauer des Vertrages
      • Zweck des Mietverhältnisses

Das Schriftformerfordernis gilt auch für alle Änderungen des Vertrages, die eine längere Wirkung als ein Jahr haben sollen. Nach überwiegender Meinung muss die nachträgliche Vereinbarung fest mit mindestens einem Exemplar des Originalmietvertrages verbunden werden oder selbst alle wesentlichen Regelungen des Mietvertrages enthalten und auf die ursprüngliche Urkunde Bezug nehmen.

In dem hier besprochenen Fall hatte die Vermieterin in einem Gewerbemietverhältnis den Mietvertrag unter Berufung auf die fehlende schriftliche Vereinbarung einer Verlängerungsoption ordentlich gekündigt.

Sachverhalt des Mietverhältnisses

Die Klägerin war Eigentümerin eines gewerblichen Objekts, das der Beklagte ab dem 15. Januar 2014 anmietete. Der Mietvertrag, der am 30. November 2013 geschlossen wurde, beinhaltete die Anmietung einer Ladenfläche, Lagerräume und Stellplätze im Hof. Es handelte sich um einen unbefristeten Mietvertrag mit einer handschriftlich eingefügten Klausel, die dem Mieter eine Kündigungsfrist von drei Monaten einräumte.

Zusätzlich wurde am 1. Februar 2014 ein Zusatzmietvertrag unterzeichnet, der Werbeflächen und -mittel des Beklagten definierte. Aufgrund der Überschreitung der Werbevorgaben erhielt der Beklagte von der Klägerin Abmahnungen. Am 10. Juli 2014 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis ordnungsgemäß zum 31. Dezember 2014. Trotz dieser Kündigung räumte der Beklagte die Mieträume nicht, was zur Klage führte.

Positionen der Parteien im Streitfall

Der Beklagte behauptete, dass die Anmietung nur unter der Bedingung eines langfristigen Mietvertrags für mindestens 25 Jahre zustande gekommen sei. Dies habe die Klägerin in einem weiteren Gespräch bestätigt. Die Klägerin bestritt jedoch, dass eine solch langfristige Vereinbarung getroffen wurde, weder im Mietvertrag noch in Vorgesprächen.

Das Landgericht wies die Klage zunächst ab und ging davon aus, dass die Klägerin einen mündlichen Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem Einzug erklärt habe. Die doppelte Schriftformklausel des Mietvertrags hielt das Gericht für unwirksam, da sie den Anforderungen des § 307 BGB nicht standhalte.

Entscheidung des Oberlandesgerichts München

Das Oberlandesgericht folgte der Berufung der Klägerin und entschied, dass ihr gemäß § 546 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Gewerberäume zustehe. Der Mietvertrag sei unbefristet und die Klägerin habe das Mietverhältnis mit Schreiben vom 10. Juli 2014 wirksam gekündigt. Damit sei die Kündigung gemäß § 580a Abs. 2 BGB zum 31. März 2015 wirksam geworden. Seit dem 1. April 2015 war der Beklagte zur Räumung verpflichtet.

Der Beklagte konnte keinen Nachweis erbringen, dass die Klägerin einen Kündigungsverzicht erklärt habe. Auch aus dem schriftlichen Mietvertrag und der Zusatzvereinbarung vom 1. Februar 2014 ergab sich kein solcher Verzicht. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet.

Unwirksamkeit des mündlichen Kündigungsverzichts

Das Oberlandesgericht stellte klar, dass selbst wenn die Klägerin einen mündlichen Kündigungsverzicht für fünf Jahre erklärt hätte, dieser aufgrund des Schriftformerfordernisses gemäß §§ 550 Satz 1, 126 BGB unwirksam gewesen wäre. Da ein über mehrere Jahre wirkender Kündigungsausschluss einen wesentlichen Vertragsinhalt darstellt, wäre die Einhaltung der Schriftform zwingend erforderlich gewesen. Auch die doppelte Schriftformklausel des Mietvertrags, die das Landgericht für unwirksam erklärt hatte, entband den Beklagten nicht von der Verpflichtung, einen solchen Verzicht schriftlich nachzuweisen.

In der Gesamtbetrachtung entschied das Oberlandesgericht zugunsten der Klägerin und sprach ihr den Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietflächen zu.

Quelle: Oberlandesgericht München

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