Amtsgericht Berlin-Mitte, 07.06.2016, Az.: 116 C 190/15
Eine korrekte Eigenbedarfskündigung kann durch den Mieter abgewendet werden, wenn ein sogenannter Härtefall vorliegt. Typische Härtefälle sind z. B.:
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- Erkrankung oder Behinderung
- Schwangerschaft
- Fortgeschrittenes Alter des Mieters
- Angemessener Ersatzwohnraum kann nicht beschafft werden
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Eigenbedarfskündigung wegen neuer beruflicher Situation des Vermieters
In diesem Fall ging es um eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters, der seine Eigentumswohnung in Berlin für sich beanspruchte. Der Vermieter benötigte die Wohnung unter der Woche, da er aufgrund eines neuen Arbeitsverhältnisses in der Stadt wohnte. Der Mieter räumte die Wohnung jedoch nicht freiwillig, was dazu führte, dass der Vermieter eine Räumungsklage beim Amtsgericht Berlin-Mitte einreichte.
Widerspruch des Mieters wegen gesundheitlicher Gründe
Der Mieter widersprach der Eigenbedarfskündigung und machte geltend, dass eine besondere Härte vorliege. Der Mieter hatte aufgrund schwerwiegender gesundheitlicher Probleme – unter anderem eine operative Entfernung des Kehlkopfes – erhebliche Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu finden. Seine Begründung basierte darauf, dass er wegen seiner Unfähigkeit zu sprechen und weiterer gesundheitlicher Einschränkungen besonders benachteiligt sei, was die Wohnungssuche erheblich erschwere.
Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte: Härtefall anerkannt, aber befristet
Das Amtsgericht Berlin-Mitte erkannte die Eigenbedarfskündigung des Vermieters als grundsätzlich wirksam an. Jedoch entschied das Gericht, dass aufgrund der besonderen gesundheitlichen Umstände des Mieters eine sofortige Räumung eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das Gericht stellte fest, dass der Mieter aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes derzeit nicht in der Lage sei, selbstständig eine Ersatzwohnung zu finden, und sprach in diesem Zusammenhang von „Räumungsunfähigkeit“. Diese Unfähigkeit sei jedoch nicht dauerhaft, sondern betreffe in erster Linie die gegenwärtige Situation.
Fristverlängerung des Mietverhältnisses um 1,5 Jahre
Trotz der gesundheitlichen Härte argumentierte das Gericht, dass eine dauerhafte Fortführung des Mietverhältnisses nicht erforderlich sei. Nach § 574a Abs. 1 BGB sei zwar eine besondere Erschwernis bei der Wohnungssuche gegeben, doch dies müsse nicht zwingend auch in der Zukunft der Fall sein. Das Gericht gewährte dem Mieter daher eine Fristverlängerung von 1,5 Jahren, innerhalb derer das Mietverhältnis fortgeführt werden sollte. Nach Ablauf dieser Frist ende das Mietverhältnis automatisch, ohne dass eine weitere Kündigung notwendig wäre.
Schlussfolgerung: Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter
Das Urteil verdeutlicht die schwierige Interessenabwägung, die Gerichte in Fällen von Eigenbedarfskündigungen vornehmen müssen. Auf der einen Seite wurde der berechtigte Eigenbedarf des Vermieters anerkannt, auf der anderen Seite wurde dem gesundheitlich stark eingeschränkten Mieter eine Fristverlängerung eingeräumt, um die besonderen Härten, die mit seiner Wohnungssuche verbunden waren, zu berücksichtigen.
Quelle: Landgericht Frankfurt am Main
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