Arbeitsrecht: Eigenkündigung des Arbeitnehmers – Klagefrist

Bundesarbeitsgericht, 21.09.2017, Az.: 2 AZR 57/17

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Die Klage ist darauf zu richten, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht, gilt die Kündigung nach § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage ist grundsätzlich unbegründet und wird daher abgewiesen.

Sachverhalt: Eigenkündigung und mögliche Geschäftsunfähigkeit

In diesem Fall stritten die Klägerin und die Beklagte über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung der Klägerin und deren vorläufige Weiterbeschäftigung. Die Klägerin, seit 1992 bei der Beklagten angestellt, litt an einer paranoiden Schizophrenie und war im Jahr 2013 in Behandlung. Am 6. März 2015 kündigte sie das Arbeitsverhältnis, was von der Beklagten bestätigt wurde. Weitere Kündigungen folgten im März und April 2015. Im Mai 2015 begab sich die Klägerin erneut in stationäre Behandlung, und eine Betreuerin wurde bestellt.

Die Betreuerin informierte die Beklagte, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung geschäftsunfähig gewesen sei, gestützt durch eine ärztliche Stellungnahme. Daraufhin forderte die Betreuerin am 7. Oktober 2015, die Kündigung als nichtig zu betrachten, was die Beklagte jedoch ablehnte. Die Klägerin klagte am 10. Dezember 2015 auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet wurde.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten der Beklagten und hob das Berufungsurteil auf. Die Sache wurde zur erneuten Prüfung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es wurde festgestellt, dass die Klagefrist nach § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) nicht auf die Eigenkündigung von Arbeitnehmern anwendbar sei. Die Fristregelung diene dem Schutz des Arbeitgebers, um schnell Klarheit über die Rechtslage einer Kündigung zu erlangen. Da die Klägerin jedoch selbst kündigte, greife diese Regelung nicht. Das Gericht stellte klar, dass weder die Klagefrist noch die Fiktionswirkung des § 7 KSchG auf Eigenkündigungen anwendbar sei.

Zudem wurde die Frage der Verwirkung des Klagerechts behandelt. Eine Verwirkung kann eintreten, wenn nach einer längeren Zeit der Klageerhebung berechtigtes Vertrauen entsteht, dass keine Klage mehr erhoben wird. Im vorliegenden Fall konnte jedoch keine Verwirkung angenommen werden, da die Beklagte keine Schwierigkeiten oder Beweissicherungsprobleme aufgrund der verzögerten Klageerhebung darlegte.

Geschäftsunfähigkeit und rechtliche Konsequenzen

Das zentrale Thema in diesem Fall war die mögliche Geschäftsunfähigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung. Das Landesarbeitsgericht hatte nicht ausreichend geprüft, ob die Klägerin bei Kündigungserklärung tatsächlich geschäftsunfähig war. Eine ärztliche Stellungnahme allein reichte nicht aus, um dies festzustellen, da keine „geschäftsunfähigkeitsbescheinigung“ gesetzlich vorgesehen sei. Die Geschäftsunfähigkeit müsste durch weitere Beweismittel bestätigt werden.

Das Gericht betonte, dass nur im Falle der Geschäftsunfähigkeit die Kündigung nach § 105 BGB nichtig wäre. Sollte die Klägerin jedoch geschäftsfähig gewesen sein, wäre ihre Kündigung gültig und das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet. Die genaue Klärung der Geschäftsfähigkeit der Klägerin sei daher entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

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