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Ausländerrecht: Einbürgerung – herabgesetztes Beweismaß für den Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen, 06.09.2017, Az.: 19 A 2246/15

Nach § 3 Abs. 1 StAG wird die Staatsangehörigkeit durch Geburt (§ 4), durch Erklärung nach § 5, durch Annahme als Kind (§ 6), durch Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7), durch Überleitung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (§ 40a), für einen Ausländer durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c) erworben.

Der Antrag auf Einbürgerung ist bei der zuständigen Landesbehörde zu stellen. Neben dem Einbürgerungsantrag sind u.a. Passfoto, Lebenslauf, Nationalpass oder Reiseausweis, Geburtsurkunde, Nachweis der Deutschkenntnisse, Nachweis der staatsbürgerlichen Kenntnisse und Einkommensnachweise einzureichen.

Hintergrund des Einbürgerungsantrags – Kläger war Israeli arabischen Glaubens

Der Kläger, ein israelischer Staatsangehöriger arabischer Herkunft und muslimischen Glaubens, reiste 1989 zu Ausbildungszwecken nach Deutschland ein. Nachdem er hier eine Ausbildung sowie ein Studium abgeschlossen hatte, heiratete er 2002 eine deutsche Staatsbürgerin. Aufgrund dieser Heirat stellte er im Mai 2003 einen Antrag auf Einbürgerung. Der Antrag wurde unter der Bedingung einer Einbürgerungszusicherung bewilligt, die jedoch erst in Kraft treten sollte, wenn der Kläger den Verlust seiner israelischen Staatsbürgerschaft nachweisen könnte. Der Kläger legte ein Verfassungstreuebekenntnis ab, das eine einfache Loyalitätserklärung enthielt.

Aktivitäten und Ermittlungsverfahren – Er hatte an fragwürdigen islamistischen Seminaren teilgenommen

In den Jahren 2009 und 2010 geriet der Kläger aufgrund seiner Teilnahme an verschiedenen Islamseminaren in den Fokus der Sicherheitsbehörden. Er arbeitete als Referent mit Personen wie Muhamed Seyfudin Cifti und Pierre Vogel zusammen, die als umstrittene islamische Prediger bekannt sind. Besonders kritisch wurde ein Video bewertet, das 2010 auf YouTube veröffentlicht wurde. Es zeigte Zusammenschnitte von Reden des Klägers und verwies auf den Verein EZP, der für die Verbreitung salafistischer Ideologie bekannt war. Der Kläger fungierte zudem mehrfach als Übersetzer und Fahrer für den ägyptischen Prediger Abu Ishad Al-Huwaini, der ebenfalls Vorträge für den Verein EZP hielt. Infolge dieser Aktivitäten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Kläger eingeleitet. Der Verein EZP löste sich nach vereinsrechtlichen Ermittlungen 2011 auf.

Ablehnung des Einbürgerungsantrags

Im November 2014 lehnte die zuständige Behörde den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Die Ablehnung wurde unter anderem damit begründet, dass der Kläger durch seine Predigten und Vorträge gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verstoßen habe. Diese Entscheidung stützte sich auf Einschätzungen des Staatsschutzes und des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen (MIK NRW), die konkrete Hinweise auf verfassungsfeindliche Aktivitäten des Klägers vorlegten.

Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf

Der Kläger erhob im Dezember 2014 Klage gegen die Ablehnung der Einbürgerung vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. In seiner Klage machte er geltend, dass seine Loyalitätserklärung der Wahrheit entspreche und dass das gegen ihn verwendete Video die tatsächlichen Ereignisse nicht korrekt darstelle. Zudem bestritt er, jemals engen Kontakt zu Pierre Vogel oder dem Verein EZP gehabt zu haben. Das Verwaltungsgericht wies die Klage jedoch als unbegründet ab. Es argumentierte, dass der Kläger die Einbürgerungsvoraussetzung des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht erfülle. Das Gericht betonte, dass ein solches Bekenntnis nicht nur formaler Natur sei, sondern auch inhaltlich zutreffen müsse. Angesichts der Aktivitäten des Klägers sei seine Loyalitätserklärung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr glaubhaft.

Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht NRW

Der Kläger legte daraufhin Berufung ein und führte an, dass seine Erklärung zur Verfassungstreue aufrichtig sei und dass er sich in keiner Weise an verfassungsfeindlichen Aktivitäten beteiligt habe. Er betonte erneut, dass das Video manipuliert sei und er keinen Kontakt zu radikalen Gruppen oder Einzelpersonen pflege. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen sah jedoch keine Grundlage, um der Berufung stattzugeben. Es bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und stellte fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Einbürgerung habe. Der Bescheid der Behörde vom 27. November 2014 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.

Ausschlussgrund nach § 11 StAG – Gericht sah terroristische Bestrebungen

Das OVG stützte seine Entscheidung auf § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, der eine Einbürgerung ausschließt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller Bestrebungen unterstützt, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Kläger durch seine wiederholte Teilnahme an öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen des Vereins EZP und durch seine Tätigkeit als Übersetzer und Referent solche Bestrebungen unterstützt habe. Das Verhalten des Klägers sei geeignet gewesen, die politischen Ordnungs- und Wertvorstellungen der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang wies das Gericht darauf hin, dass für die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen kein hoher Beweismaßstab erforderlich sei. Bereits konkrete Tatsachen reichten aus, um eine ablehnende Entscheidung zu rechtfertigen.

Schlussfolgerung und endgültige Entscheidung

Das OVG führte aus, dass der Kläger auch nicht glaubhaft gemacht habe, sich von seiner früheren Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen abgewandt zu haben. Zwar sei es nicht erforderlich, dass der Antragsteller seine früheren Handlungen bedauere oder ihnen abschwöre, jedoch müsse er äußere Umstände darlegen, die seine innere Einstellung als verändert erscheinen lassen. Der Kläger habe jedoch seine Unterstützung für den Verein EZP weiterhin geleugnet und keinerlei Einsicht gezeigt, sodass ein Abwenden von verfassungsfeindlichen Bestrebungen nicht erkennbar sei. Infolgedessen sei der Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG ausgeschlossen. Auch ein Anspruch auf Einbürgerung nach den §§ 9 oder 8 StAG komme nicht in Betracht, da erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland einer Einbürgerung entgegenstünden. Somit blieb die Ablehnung des Einbürgerungsantrags bestehen.

Wie kann ich eingebürgert werden? Arten der Einbürgerung. Ermessenseinbürgerung und Anspruchseinbürgerung

Quelle: Oberverwaltungsgericht NRW

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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