Ausländerrecht: Der Sprachnachweis beim Ehegattennachzug zu Deutschen (§ 28 AufenthG)

Sollte ein deutscher Bürger/eine deutsche Bürgerin einen Ausländer/eine Ausländerin zum Ehepartner genommen haben und möchte, dass dieser nun nach Deutschland zieht, so entfaltet Artikel 6 Grundgesetz (Schutz von Ehe und Familie) gegenüber dem deutschen Staatsangehörigen eine besondere Wirkung. Es soll ihm grundsätzlich nicht verwehrt werden, seine Ehe- und Familiengemeinschaft in Deutschland zu führen. Aus diesem Grund besteht für den nachziehenden ausländischen Ehepartner ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sofern der deutsche Ehepartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und die weiteren Zuzugsvoraussetzungen vorliegen.

Eine dieser Voraussetzungen ist der Nachweis der einfachen deutschen Kenntnisse des ausländischen Ehepartners, § 28 Absatz 1 Satz 5 AufenthG in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Dieser muss im normalen Fall bereits vor der Einreise die einfachen Deutschkenntnisse nachweisen können. Die Kenntnisse der deutschen Sprache sind elementare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in die deutsche Gesellschaft. Mit dieser Voraussetzung will der deutsche Staat sicherstellen, dass man von Anfang an am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.

Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

Aber was sind nun einfache Deutschkenntnisse?

Die einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache entsprechen der „Kompetenzstufe A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen“. Darunter versteht man, dass man ganz einfache Sätze versteht und verwenden kann. Beispielsweise sollte man nach dem Weg fragen oder sich in alltäglichen Situationen wie beim Einkaufen verständigen können. Außerdem sollte man sich selbst sowie andere vorstellen können und in der Lage sein, Fragen zur eigenen Person sowie zu anderen Personen zu beantworten. Beispiele hierfür wären, wo man wohnt oder welche Personen man kennt. Ferner sollte man in der Lage sein, ein wenig auf Deutsch zu schreiben, beispielsweise ein behördliches Formular mit den eigenen Personendaten auszufüllen.

Und wie kann man einfache Deutschkenntnisse nachweisen?

In der Regel muss man die deutschen Sprachkenntnisse vor der Einreise bei der Beantragung des Visums für den Ehegattennachzug in der deutschen Botschaft oder im Generalkonsulat nachweisen. Dazu muss man den Antragsunterlagen ein Sprachzeugnis beifügen, das auf einer standardisierten Sprachprüfung gemäß den „Standards der Association of Language Testers in Europe“ (ALTE) basiert. Zu beachten ist, dass über die Anerkennung des Sprachnachweises ausschließlich die deutsche Auslandsvertretung entscheidet, bei der man das Visum beantragt. Ein besonderer Nachweis wird jedoch oft nicht benötigt, wenn bei der persönlichen Vorsprache bei der Botschaft oder im Generalkonsulat erkennbar ist, dass man die geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache ohne Zweifel besitzt.

Ausnahmen vom Nachweis einfacher Deutschkenntnisse (Ehegattennachzug ohne Sprachtest)

Es gibt jedoch Ausnahmen von der Pflicht zum Nachweis einfacher Deutschkenntnisse. Generell benötigt man keinen Sprachnachweis, wenn der Ehegatte die Staatsangehörigkeit eines der in § 41 der Aufenthaltsverordnung genannten Staaten besitzt, bei erkennbar geringem Integrationsbedarf oder bei Unmöglichkeit des Spracherwerbs aufgrund geistiger oder körperlicher Behinderungen. Auch bei bestimmten Aufenthaltstiteln, wie der Blauen Karte EU, muss der nachziehende Ehegatte keine deutschen Sprachkenntnisse nachweisen.

Einen Sprachnachweis vor der Einreise nach Deutschland braucht man nicht, wenn der Ehepartner Deutscher ist und zuvor von seinem europäischen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat, indem er einen längeren Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat verbracht hat. Außerdem wird auf den Sprachnachweis vor der Einreise verzichtet, wenn es dem ausländischen Ehegatten unmöglich oder unzumutbar ist, die Sprache im Ausland zu erwerben, oder wenn er sich trotz Bemühungen innerhalb eines Jahres keine ausreichenden Sprachkenntnisse aneignen konnte. Auch wenn der Ehepartner oder der nachziehende Ehepartner die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der EU (außer Deutschland) oder der EWR-Staaten (Norwegen, Island und Liechtenstein) oder der Schweiz besitzt, entfällt der Nachweis. Es gibt zudem Härtefallregelungen, die mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 in § 30 Absatz 1 Satz 3 Nr. 2 AufenthG eingeführt wurden.

Ehepartner ist aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung zum Spracherwerb nicht in der Lage

Das Erfordernis des Sprachnachweises entfällt, wenn es dem nachziehenden Ehepartner aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall nicht möglich oder zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen. Hierbei sind nicht nur Umstände zu berücksichtigen, die das sprachliche und schriftliche Ausdrucksvermögen unmittelbar beeinträchtigen. Zum Beispiel können auch körperliche Behinderungen, die den Ausländer daran hindern, einen Sprachkurs zu besuchen und die Kenntnisse zu Hause einzuüben, berücksichtigt werden.

Eigentlich darf die Botschaft oder die Ausländerbehörde kein A1-Zertifikat fordern

Es sei auch darauf hingewiesen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 16.01.2008 festgestellt hat, dass das Aufenthaltsgesetz (§ 28 AufenthG) keine bestimmte Nachweisform für die erforderlichen Sprachkenntnisse vorschreibt. Diese Ansicht wird auch in der Literatur vertreten, indem das Verlangen eines bestimmten Sprachzertifikats als rechtswidrige Praxis angesehen wird (siehe Rennert, Ausländerrecht-Kommentar, 9. Auflage, § 30 AufenthG, Rn. 34). Somit darf die Botschaft oder die Ausländerbehörde eigentlich nicht auf den Nachweis durch ein A1-Zertifikat bestehen. Auch ein Interview müsste ausreichen.

Was genau versteht man unter der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit?

Die Unzumutbarkeit kann sich unter anderem daraus ergeben, dass es dem nachziehenden Ehepartner aus besonderen persönlichen Gründen oder aufgrund der besonderen Umstände in seinem Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar ist, einfache Deutschkenntnisse innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwerben. Eine Grenze zwischen Regel- und Ausnahmefall ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts bei einer Verzögerung des Nachzugs von etwa einem Jahr zu ziehen (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). Demzufolge greift eine Unzumutbarkeit ein, wenn sich der ausländische Ehepartner ein Jahr lang erfolglos um den Sprachnachweis bemüht hat. Entsprechendes gilt auch, wenn dem nachziehenden Ehepartner von vornherein die Bemühungen zum Spracherwerb unzumutbar sind, weil Sprachkurse im Heimatland nicht angeboten werden oder der Besuch solcher Einrichtungen mit einem hohen Sicherheitsrisiko verbunden ist. In solchen Fällen muss die Jahresfrist nicht abgewartet werden (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). Bei der Prüfung der Zumutbarkeit müssen insbesondere weitere persönliche Umstände (beispielsweise Krankheiten oder Unabkömmlichkeiten), die Verfügbarkeit von Lernangeboten, deren Kosten sowie die Erreichbarkeit berücksichtigt werden, die dem Besuch von Lernangeboten entgegenstehen könnten, und es müssen auch alternative Möglichkeiten geprüft werden (BVerwG, U. v. 04.09.2012 – 10 C 12/12 – BVerwGE 144, 141, Rn. 28). In einem solchen Fall würde die grundsätzlich verhältnismäßige Voraussetzung des Nachzugs zu einem unverhältnismäßigen und dauerhaften Nachzugshindernis werden, was unzumutbar wäre. Grundsätzlich darf auch der deutsche Ehepartner nicht darauf verwiesen werden, seine Ehe im Ausland führen zu müssen, denn das Grundrecht aus Art. 11 des Grundgesetzes gewährt ihm das Recht auf Aufenthalt in Deutschland. Eine gegenteilige Auffassung wäre auch für ihn unzumutbar.

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3 Antworten

  1. Sehr geehrte Damen und Herren
    Ich habe Fragen zum Thema Ehegattung.
    Ich habe keinen deutschen Staatbürgerschaft aber ich bin in Deutschland geboren und habe eine unbefristete Aufenthaltitel. Ich habe auch festen und guten Arbeitsvertrag im Krankenhaus.
    1. Braucht meine Ehepartner (aus der Türkei) ein A1 Nachweis
    2. Wie lange ist das A1 Zertifikat gültig?

    Mit freundlichen grüßen
    Esra

  2. Sehr geehrter Damen und Herren, meine Frage bezieht sich auf die Familienzusammenführung mit meinem kanadischen Ehemann. Ich bin gebürtiger Deutscher und habe die deutsche Staatsbürgerschaft. Mein Ehemann ist Invalidenrentner, er hat Konzentrationschwierigkeiten und wird schnell müde, aber das Ausländeramt verlangt von Ihm den Nachweis des A1 Sprachzertifikates. Wir haben die Bedenken, dass er das Zertifikat nie erhält und nicht in Deutschland mit mir zusammenleben kann. Auf Grund eines nicht erhaltenen Zertifikat, verweigert mir Deutschland das Zusammenleben mit meinem Ehemann. Was kann Ich machen und welche Möglichkeiten haben wir ?

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