Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 19.03.2012, Az. OVG 3 B 15.11
Will jemand nach Deutschland einreisen, muss er im Zweifel seine Identität nachweisen. Dies regelt das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in §5 AufenthG. Man will damit verhindern, dass einzelne Personen unter mehreren Identitäten im Rechtsverkehr auftreten. Wie genau die Identität nachgewiesen werden kann, ist nicht immer klar. So dienen im Normalfall Ausweispapiere (Reisepass, Personalausweis) zum Nachweis. Aber auch Geburtsurkunde und andere amtliche Dokumente können zum Nachweis dienen. Da solche Dokumente in jedem Land anders ausgestellt werden, prüfen die deutschen Behörden die vorgelegten Dokumente auf ihre Beweiskraft und Glaubwürdigkeit.
Im nachstehenden Urteil stellt das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG Berlin-Brandenburg) klar, dass vor allem Name, Geburtstag und Geburtsort maßgeblich sind und keine Widersprüche bei den Angaben der Daten vorliegen sollen.
Einleitung: Rechtliche Rahmenbedingungen der Identitätsprüfung
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg befasst sich mit der Frage, inwiefern widersprüchliche Angaben zur Identität eines Visumantragstellers eine Ablehnung des Visums rechtfertigen können. Im Zentrum des Verfahrens steht die Identitätsprüfung, die für die Erteilung eines Visums nach § 5 Abs. 1 Nr. 1a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zwingend erforderlich ist. Das Gericht stellt dabei klar, dass die vollständige und widerspruchsfreie Klärung der Identität des Antragstellers, insbesondere durch Angaben zu Name, Geburtstag und Geburtsort, von zentraler Bedeutung ist. Der Fall zeigt exemplarisch die Probleme auf, die bei der Prüfung von Identitätsangaben auftreten können, wenn diese nicht durch eindeutige Dokumente belegt werden.
Der Sachverhalt: Streit um die Visumerteilung
Im vorliegenden Fall beantragte eine ghanaische Staatsbürgerin in mehreren Anläufen ein Visum zur Familienzusammenführung in Deutschland. Bereits 2003 hatte sie in Deutschland Asyl beantragt, konnte jedoch keine Ausweisdokumente vorlegen und machte widersprüchliche Angaben zu ihrer Identität. Nach Ablehnung des Asylantrags kehrte sie nach Ghana zurück. 2004 beantragte sie erneut ein Visum, diesmal zur Familienzusammenführung, und legte eine Abschrift aus dem ghanaischen Geburtenregister vor. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt, da die deutsche Botschaft in Accra die Ehe der Frau für eine Scheinehe hielt. Ein weiterer Antrag im Jahr 2007 führte zu intensiveren Nachforschungen der Botschaft, die zahlreiche Widersprüche in den Angaben der Frau, insbesondere zu ihrem Namen, Geburtsort und den besuchten Schulen, zutage förderte. Trotz Vorlage neuer Dokumente, die wiederum andere Angaben enthielten, blieb die deutsche Botschaft bei ihrer Ablehnung.
Die Klage und das erstinstanzliche Urteil
Nach der erneuten Ablehnung ihres Visumsantrags erhob die Frau Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dieses gab der Klägerin Recht und stellte fest, dass ihre Identität hinreichend geklärt sei. Das Gericht argumentierte, dass die Unklarheiten bezüglich ihres Namens und der unterschiedlichen Angaben in den Dokumenten nicht entscheidend seien. Es betonte, dass die Klägerin sich zur Eintragung in die Ausländerdatei bereit erklärt habe, was zukünftige Verwechselungen ausschließe. Zudem dürfe ihr das mangelhafte ghanaische Personenstandswesen nicht zum Nachteil gereichen. Auf dieser Grundlage entschied das Gericht zugunsten der Klägerin und sprach ihr das Visum zu.
Das Berufungsverfahren: Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
Die deutsche Botschaft legte Berufung gegen das Urteil ein, da sie die Identität der Klägerin weiterhin als ungeklärt ansah. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gab der Berufung statt und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Es stellte fest, dass die Identität der Frau nach wie vor nicht zweifelsfrei geklärt sei und daher die grundsätzliche Voraussetzung für die Visumerteilung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG nicht erfüllt sei. Das Gericht betonte, dass die Identitätsklärung darauf abzielt, jede Verwechselungsgefahr auszuschließen. Insbesondere die widersprüchlichen Angaben zu Namen, Geburtstag und Geburtsort ließen Zweifel an der Echtheit der Identität der Klägerin aufkommen.
Die Bedeutung der Identitätsklärung
Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass die Identitätsklärung ein zentrales Element bei der Visumerteilung ist. Die Identität muss so klar und eindeutig sein, dass eine Verwechselung ausgeschlossen werden kann. Widersprüchliche Angaben, wie sie im Fall der Klägerin vorlagen, seien nicht hinnehmbar. Die verschiedenen Versionen der Geburtsurkunden, die widersprüchlichen Angaben zu den besuchten Schulen und die nicht plausibel erklärbaren Namenswechsel führten zu berechtigten Zweifeln an der Identität der Klägerin. Diese Zweifel verhinderten eine positive Entscheidung über den Visumsantrag.
Fazit: Konsequenzen des Urteils
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg verdeutlicht die strengen Anforderungen, die an die Identitätsprüfung im Rahmen von Visumanträgen gestellt werden. Es zeigt, dass selbst geringfügige Unstimmigkeiten bei den Angaben zu Namen, Geburtsdatum oder -ort zu einer Ablehnung des Antrags führen können, wenn diese Zweifel an der Echtheit der Identität begründen. Der Fall unterstreicht auch die Bedeutung der Vorlage konsistenter und eindeutiger Dokumente bei der Beantragung eines Visums. Widersprüche in den Angaben, wie sie im vorliegenden Fall auftraten, können die gesamte Glaubwürdigkeit eines Antragstellers infrage stellen und letztlich zur Ablehnung des Antrags führen. Das Urteil hat somit weitreichende Implikationen für die Praxis der Visumerteilung und die Anforderungen an die Nachweise zur Identitätsklärung.
Quelle: OVG Berlin-Brandenburg
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