Verwaltungsgericht Stuttgart, 15.5.2017, Az. 11 K 5863/16
Möchte ein Ausländer deutscher Staatsbürger werden, muss er sich einbürgern lassen. Die Voraussetzungen hierfür sind zum einen im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) und im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt. Neben verschiedenen anderen in den Gesetzen aufgelisteten Voraussetzungen bedarf es immer auch des Nachweises der Identität. Dies ist zwar beispielsweise aus § 10 I 1 StAG nicht direkt herauszulesen. Es ergibt sich jedoch daraus, dass die Personalien Grundlage für die Überprüfung der anderen Voraussetzungen sind. So muss zum Beispiel für die Prüfung des § 10 I 1 Nr. 5 StAG, also ob die Person schonmal straffällig geworden ist, klar sein, wer die Person überhaupt ist. Außerdem soll allgemein verhindert werden, dass eine Person unter mehreren Identitäten im Alltag agiert. Der Nachweis seiner Identität ist jedoch nicht immer einfach. So gilt im Allgemeinen der nationale Reisepass als Nachweis. Weitere geeignet sind die Geburtsurkunde, Führerschein, Dienstausweis, Wehrpass, Meldebescheinigung, Schulbescheinigung, Schulzeugnis oder andere amtliche Dokumente.
So stellt das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG Stuttgart) im nachstehenden Urteil klar, dass allein eine nichtamtliche Geburtsurkunde nicht als Identitätsnachweis ausreicht. Auch das Verwenden der immer gleichen Personalien sorgt für sich noch nicht zur Klärung der Identität.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über den Einbürgerungsanspruch eines ugandischen Staatsangehörigen. Der Kläger ist der Mann, der die Einbürgerung begehrt; der Beklagte ist ein Landrat.
Der Mann reiste im Februar 1995 aus Uganda nach Deutschland ein und beantragte mehrfach Asyl. Alle Anträge wurden jedoch abgelehnt. Sein Aufenthalt in Deutschland wurde zunächst nur geduldet, bis er im Jahr 2006 eine Aufenthaltserlaubnis erhielt, die mehrfach verlängert wurde. 2013 wurde ihm eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Daraufhin beantragte er die Einbürgerung. Hierzu legte er verschiedene Dokumente vor, unter anderem ein Führungszeugnis und die Bescheinigung über das erfolgreiche Absolvieren eines Einbürgerungstests.
Zur Identitätsfeststellung legte der Kläger eine Geburtsurkunde vor.
Außerdem legte er eine 2014 ausgestellte Geburtsurkunde vor. Er wies nach, dass er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, und gab gegenüber dem Landratsamt Ludwigsburg eine Bekenntnis- und Loyalitätsbekundung ab. Zudem gab er Einblicke in sein Privatleben in Uganda bezüglich Familienangehöriger und Schulbesuchen.
Dennoch lehnte das Landratsamt den Antrag ab, da es die Identität des Mannes noch nicht als geklärt ansah. So konnte der Mann keine Unterlagen über seine Schulbesuche vorlegen. Auch hätte er eine Bescheinigung über seine Taufe vorlegen können müssen. Des Weiteren gab es Widersprüche bei den Angaben zu seiner Familie. Das Amt bezweifelte die Echtheit der Geburtsurkunde und ging daher von falschen Angaben aus. Ein ugandischer Nationalpass fehlte, und eine undatierte Bescheinigung der ugandischen Botschaft, in der die ugandische Staatsangehörigkeit des Mannes vermutet wurde, reichte der Behörde nicht aus.
Kläger konnte keinen ugandischen Pass vorweisen
Hiergegen erhob der Mann Klage, da er seine Identität mit der Geburtsurkunde als nachgewiesen ansah. Auch die Bescheinigung der ugandischen Botschaft kläre diese. Einen Reisepass in Uganda zu beantragen sei ihm aufgrund seiner Behinderung, aus finanziellen Gründen und wegen der Angst vor politischer Verfolgung nicht möglich. Außerdem habe er in allen Verfahren stets die gleichen Personalien verwendet.
Er beantragte daher unter anderem, den Landrat zu verpflichten, ihn einzubürgern.
Das Landratsamt blieb bei seinem Standpunkt, dass die Identität durch die Geburtsurkunde nicht nachgewiesen sei. Eine Reise nach Uganda zur Beschaffung eines Reisepasses sei ihm zuzumuten. Außerdem könne er schon deshalb nicht eingebürgert werden, da er keine hinreichenden Grundkenntnisse über die freiheitlich-demokratische Grundordnung besitze. Auf Fragen über die deutsche Verfassung und ihre Grundrechte, das Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsprinzip, sowie zu den Begriffen seiner unterschriebenen Bekenntniserklärung konnte er nicht überzeugend antworten.
Ferner handele es sich bei der Geburtsurkunde nicht um ein amtliches Dokument, sondern um eines, das von einer Anwaltskanzlei ausgestellt wurde.
Der Beklagte beantragte somit die Abweisung der Klage.
Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage als unbegründet ab, da es einen Einbürgerungsanspruch des Mannes verneinte.
Für einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG erfülle der Kläger nach Ansicht des Gerichts nicht die Voraussetzungen von Nr. 1. Die hiernach erforderlichen hinreichenden Grundkenntnisse über die freiheitlich-demokratische Grundordnung seien bei dem Mann nicht gegeben. Er habe nicht einmal den Inhalt der unterschriebenen Bekenntniserklärung verstanden.
Gericht sah Identität des Klägers ebenfalls als nicht gegeben an
Des Weiteren sei die Identität des Mannes nicht hinreichend geklärt. Die von ihm vorgelegten Dokumente seien nach Ansicht des Gerichts nicht zum Nachweis geeignet. Grundsätzlich kämen Dokumente in Betracht, anhand derer die Personalien ohne Verwechselungsgefahr feststellbar sind. Die Personalien setzen sich im Wesentlichen aus Titel, Vor- und Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum und -ort sowie Familienstand zusammen. Typische Dokumente zum Nachweis sind neben Ausweispapieren eine Geburtsurkunde, ein Führerschein, Dienstausweis, Wehrpass, Meldebescheinigung, Schulbescheinigung, Schulzeugnis oder andere amtliche Dokumente.
Der Mann konnte jedoch kein solches amtliches Dokument vorlegen. So hat er keinen Reisepass vorgelegt und seine angebliche Geburtsurkunde wurde von einer Anwaltskanzlei erstellt, was sie schon deshalb ungeeignet macht. Des Weiteren überzeugten die Angaben des Mannes bezüglich der Entstehung der Geburtsurkunde das Gericht nicht.
Es stellte außerdem klar, dass die vorher erlangten Aufenthaltserlaubnisse und die Niederlassungserlaubnis nicht als Identitätsnachweis fungieren können.
Staatsangehörigkeitsbescheinigung der ugandischen Botschaft sei nicht ausreichend
Auch die Staatsangehörigkeitsbescheinigung der ugandischen Botschaft reiche nicht aus, da davon auszugehen ist, dass sie die Personalien des Klägers selbst nicht überprüft hat.
Dass der Mann in allen Verwaltungsverfahren seit seiner Einreise stets die gleichen Personalien angegeben hat, lässt laut Gericht die Klärungsbedürftigkeit der Identität nicht entfallen. Die Einbürgerungsbehörden dürften sich nicht mit eigenen Angaben des Klägers begnügen, sondern müssten vielmehr Identitätsnachweise verlangen.
Somit ist das Gericht davon überzeugt, dass die Identität des Klägers noch nicht nachgewiesen ist. Es sieht daher auch keinen Spielraum für eine Ermessenseinbürgerung.
Ein Anspruch auf Einbürgerung besteht folglich für den Kläger nicht, und die Klage wird vom Gericht abgewiesen.
Quelle: VG Stuttgart
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