Familienrecht: Vorsorge im Falle der eigenen Handlungsunfähigkeit: Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung?

Im Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz zu erkranken. In Deutschland liegt der Anteil der Menschen mit Demenz mittlerweile bei etwas über 1.600 je 100.000 Einwohner, Tendenz steigend.

Nach einer aktuellen Studie dürfte sich dieser Anteil innerhalb der nächsten dreißig Jahre verdoppeln.

Viele Menschen beschäftigt daher die Frage, welche rechtlichen Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden müssen, um sich im Falle der eigenen Handlungsunfähigkeit abzusichern.

Die Erstellung von sogenannten Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen oder Patientenverfügungen zur Absicherung der eigenen Zukunft rückt daher immer weiter in den Vordergrund.

Die Abfassung eines solchen Dokuments ist daher notwendig, um ein gewisses Maß an Selbstbestimmung im Falle der eigenen Handlungsunfähigkeit abzusichern.

Existiert zum Beispiel keine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung, kann das Betreuungsgericht (vor dem 01.09.2009 das Vormundschaftsgericht) die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers bzw. eines Betreuungsvereines veranlassen.

A.) Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht benennen Sie eine Ihnen vertraute Person, die dann für Sie handlungsfähig wird, wenn Sie wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nicht mehr in der Lage sind, wichtige Entscheidungen zu treffen.

In einer solchen Vorsorgevollmacht können Sie auch Personen, denen sie nicht vertrauen, von der Vorsorge ausschließen.

Oftmals ermächtigen solche Vollmachten „zur Vertretung in allen Angelegenheiten“. Auch wenn dies zunächst den Eindruck erweckt, dass alle wichtigen Entscheidungen des Bevollmächtigten abgedeckt sind, ist dies gerade nicht der Fall.

Denn zum Beispiel für die folgenden Angelegenheiten bedarf es einer ausdrücklichen Regelung in der Vorsorgevollmacht:

– Zustimmung des Bevollmächtigten zu einer ärztlichen Untersuchung, Heilbehandlung oder einem medizinischen Eingriff, wenn dabei Lebensgefahr für den Vollmachtgebenden besteht oder ein schwerer, länger andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist.
– Zustimmung des Bevollmächtigten zur Unterlassung oder Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen.
– Zustimmung des Bevollmächtigten zu einer Organspende durch den Vollmachtgebenden.
– Zustimmung des Bevollmächtigten zu einer geschlossenen Unterbringung des Vollmachtgebers oder zu einer anderen freiheitsbeschränkenden Maßnahme

Zu beachten ist außerdem, dass trotz Bevollmächtigung einige dieser Angelegenheiten weiterhin der Zustimmung des Betreuungsgerichts bedürfen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich somit, die Vorsorgevollmacht auf die wichtigsten Aufgabenbereiche zu beziehen und diese möglichst genau zu regeln.

Wichtige Aufgabenbereiche sind zum Beispiel: Vermögensangelegenheiten, Angelegenheiten der Gesundheitsvorsorge, Angelegenheiten der Aufenthaltsbestimmung, sonstige persönliche Angelegenheiten, Vertretung bei Ämtern, etc.

Gerade dann, wenn umfangreiches Vermögen bei dem Vollmachtgeber vorhanden ist, sollte die Vollmacht möglichst sorgfältig ausgestaltet werden, um einen Mißbrauch oder spätere Erbstreitigkeiten zu verhindern.

Natürlich können Sie auch verschiedene Personen mit verschiedenen Vollmachten ausstatten, um zum Beispiel die Vertretung in Vermögensangelegenheiten einer in diesem Bereich besonders kenntnisreichen Person zu übertragen.

Die Vorsorgevollmacht gilt grundsätzlich bis zum Tode des Vollmachtgebers, wenn Sie nicht vorher durch den Vollmachtgeber widerrufen wird.
Aufbewahrt werden sollte die Vollmacht an einem gut zugänglichen Ort, welcher dem Bevollmächtigten auch bekannt ist.

Ratsam ist auch, einen Hinweiszettel in der Brief- oder Handtasche am Körper bei sich zu tragen um im Falle eines Unfalles oder Ähnlichem die Existenz der Vollmacht bekannt zu geben.

Natürlich kann die Vollmacht dem Bevollmächtigten auch schon vor dem Bedarfsfall ausgehändigt werden oder beim Vorsorgeregister hinterlegt werden.

Um Streitigkeiten über die Echtheit der Unterschrift zu vermeiden, kann man eine Vorsorgevollmacht darüber hinaus auch durch die Betreuungsbehörde öffentlich beglaubigen lassen.

B.) Betreuungsverfügung
Wie bereits oben erwähnt, kann das Betreuungsgericht im Bedarfsfalle einen gesetzlichen Betreuer oder einen Betreuungsverein für kranke oder behinderte Menschen bestellen.

Ist der bedürftige Mensch noch anhörungsfähig, wird er vom Gericht über die beabsichtigte Bestellung angehört.

Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, in einer sogenannten Betreuungsverfügung vorab zu regeln, wer als gesetzlicher Betreuer für die eigene Betreuung in Frage kommt.

In diesem Fall ist das Gericht im Bedarfsfalle an die in der Betreuungsverfügung genannte Person gebunden.

Auch hier besteht natürlich wiederum die Möglichkeit, bestimmte Personen von der Betreuung auszuschließen.

Der Unterschied zwischen der Betreuungsverfügung zu der Vorsorgevollmacht liegt also darin, dass der Betreuer hier zwar von der zu betreuenden Person ausgewählt wird, bestellt und damit bevollmächtigt wird der Betreuer aber erst durch das Betreuungsgericht. Darüber hinaus wird der Betreuer auch vom Betreuungsgericht überwacht und ist erst nach der Bestellung und nicht sofort handlungsfähig.

C.) Patientenverfügung
Mit einer Patientenverfügung kann geregelt werden, welche ärztlichen Maßnahmen in Bezug auf die eigene Person angewendet oder unterlassen werden sollen.

Die Patientenverfügung sollte somit eine möglichst genaue Beschreibung darüber enthalten, welche ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen erfolgen oder unterlassen werden sollen (zum Beispiel die Unterlassung der Anlage einer PEG-Sonde (Magensonde) als lebensverlängernde Maßnahme).

Aufgrund der Vielzahl von juristischen Problemen und Unwägbarkeiten ist es unablässlich, sich vor Abfassung einer der dargestellten Dokumente medizinisch und juristisch beraten zu lassen.

Gerade bei vermögenden Personen ist dies notwendig, da es oftmals zu Streitigkeiten zwischen den Erben darüber kommen kann, ob die Vermögenssorge eines Erben hinsichtlich des Vermögens des Erblassers ordnungsgemäß durchgeführt wird oder wurde.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

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