Ausländerrecht: Auch Alleingesellschafter mit ausreichend Mieteinnahmen ist zur Vorlage eines Businessplanes verpflichtet

OVG Berlin Brandenburg, 05.01.2017, OVG 3 B 25.17

Sachverhalt: Klage auf Erteilung eines Visums zur selbstständigen Tätigkeit

In dem vorliegenden Fall begehrt der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, die Erteilung eines Visums gemäß § 21 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), um in Deutschland als geschäftsführender Alleingesellschafter der K… GmbH eine selbstständige Tätigkeit auszuüben. Konkret plant der Kläger ein Investitionsprojekt und möchte dafür eine Aufenthaltserlaubnis für eine gewerbliche Tätigkeit erhalten. Der Kläger hatte zunächst beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul einen Visumantrag gestellt, der jedoch abgelehnt wurde. Auch eine anschließende Remonstration wurde durch Bescheid vom 3. Juli 2012 abgelehnt. Daraufhin erhob der Kläger eine Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Berlin, um die Erteilung des Visums zu erzwingen. Diese Klage wurde durch Urteil vom 21. März 2013 abgewiesen.

Ablehnungsgründe des Verwaltungsgerichts Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin führte zur Begründung aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung eines Visums zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit habe. Grundlage der Entscheidung war § 21 Abs. 1 AufenthG, der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter anderem davon abhängig macht, dass ein öffentliches Interesse an der selbstständigen Tätigkeit des Antragstellers besteht. Der Kläger müsse nachweisen, dass seine Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig sei und dass er mit seiner Geschäftsidee erfolgreich am Markt bestehen könne.

Das Gericht sah diese Anforderungen nicht erfüllt, da der Kläger kein tragfähiges Konzept für die von ihm geplante gewerbliche Tätigkeit vorlegen konnte. Insbesondere in der mündlichen Verhandlung wurde klar, dass der Businessplan des Klägers nicht ausreichend detaillierte Informationen über die geplante Geschäftstätigkeit und deren Erfolgsaussichten enthielt. Es war nicht ersichtlich, wie der Kläger mit seinem Vorhaben seinen Lebensunterhalt sichern könnte.

Das Gericht stellte darüber hinaus fest, dass selbst eine möglicherweise gegebene Unvereinbarkeit des § 21 Abs. 1 AufenthG mit der sogenannten Stand-Still-Klausel des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für den vorliegenden Fall keine Rolle spiele. Denn unabhängig von dieser Frage sei das vom Kläger vorgestellte Geschäftsmodell nicht ausreichend, um eine positive Entscheidung zu rechtfertigen.

Widersprüchliche Rechtsprechung zur sogenannten Wohlwollensklausel

Der Kläger berief sich im Verfahren auch auf die sogenannte Wohlwollensklausel aus dem Niederlassungs- und Schifffahrtsvertrag zwischen Deutschland und Griechenland. Diese Klausel sieht vor, dass bei der Entscheidung über den Aufenthaltszweck eines Ausländers dessen persönliche Interessen berücksichtigt werden sollen. Der Kläger argumentierte, dass allgemeine Erwägungen, wie das Fehlen eines übergeordneten wirtschaftlichen Interesses oder eines besonderen örtlichen Bedürfnisses, nicht ausreichen dürften, um eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen.

Das Gericht widersprach dieser Argumentation. Es führte aus, dass bereits nach dem früheren Ausländergesetz von 1965 ähnliche Anforderungen bestanden hätten, wonach ein Ausländer die erforderlichen Informationen für eine selbstständige Tätigkeit darlegen musste. Auch nach den Regelungen des aktuellen Aufenthaltsgesetzes seien die persönlichen Interessen des Ausländers nur ein Aspekt der Ermessensentscheidung, der jedoch die Verpflichtung, ein tragfähiges Geschäftskonzept vorzulegen, nicht aufhebe. Der Kläger habe im vorliegenden Fall weder einen ausreichenden Businessplan noch die nötigen Nachweise für eine erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit vorgelegt.

Berufung des Klägers und neuer Businessplan

Der Kläger legte gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung ein und führte zur Begründung unter anderem einen neuen Businessplan an. Darüber hinaus machte er geltend, dass er aufgrund seines erheblichen Privatvermögens und seiner bisherigen Investitionen in Deutschland kein Businessplan vorzulegen brauche. Er habe den Nachweis erbracht, dass er Eigentümer von drei vermieteten Eigentumswohnungen in Deutschland sei, deren Wert sich auf rund 196.000 Euro belaufe. Zudem habe er Investitionen in Höhe von über 500.000 Euro in Deutschland getätigt.

Der Kläger argumentierte weiter, dass er durch sein Privatvermögen seinen Lebensunterhalt sichern könne und nicht auf die Erträge seines Unternehmens angewiesen sei. Das Verwaltungsgericht hätte dies berücksichtigen müssen, bevor es seinen Antrag ablehnte. Auch führte er an, dass die Verluste seines Unternehmens im Jahr 2011 auf die Insolvenz eines deutschen Geschäftspartners zurückzuführen seien und nicht auf Fehler seinerseits.

Das Gericht sah auch in diesen neuen Argumenten keinen ausreichenden Grund, um dem Kläger die begehrte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Der vorgelegte neue Businessplan war nach Auffassung des Gerichts noch weniger konkret als der zuvor eingereichte Plan. Es fehlten detaillierte Angaben über die geplante Geschäftstätigkeit, die Produktionsvorgänge sowie über die Einkaufs- und Vertriebswege. Das Gericht wies darauf hin, dass es ohne eine hinreichende Beschreibung der Geschäftsidee nicht möglich sei, eine positive Beurteilung der Erfolgsaussichten vorzunehmen.

Verhandlungen über Visafreiheit und Investitionsschutzabkommen

Der Kläger verwies zudem auf Verhandlungen zwischen Deutschland und der Türkei über die Visafreiheit für türkische Geschäftsleute und argumentierte, dass ihm aufgrund dieser Verhandlungen ein Visum erteilt werden müsse. Auch berief er sich auf das Deutsch-Türkische Investitionsschutzabkommen und dessen Meistbegünstigungsklausel. Das Verwaltungsgericht wies diese Argumentation jedoch zurück und führte aus, dass weder die Verhandlungen über Visafreiheit noch das Investitionsschutzabkommen dem Kläger einen Anspruch auf Erteilung eines Visums zur selbstständigen Tätigkeit einräumen würden.

Zusammenfassend bestätigte das Gericht, dass der Kläger keinen Anspruch auf ein Visum habe, da er weder ein tragfähiges Geschäftskonzept noch ausreichende Nachweise für die beabsichtigte Tätigkeit vorlegen konnte. Auch die Vorlage eines neuen Businessplans und der Verweis auf sein Privatvermögen führten nicht zu einer anderen Bewertung des Sachverhalts. Die Berufung des Klägers blieb somit erfolglos.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg

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