Verwaltungsgericht Gießen, Entscheidung vom 18.04.2024, Az.: 4 K 2799/23.Gl
Sehr oft dauert ein Verfahren zur Einbürgerung eines Ausländers mittlerweile bis zu einem Jahr. Dies ist sehr oft rechtswidrig und führt dazu, dass der Ausländer an seiner weiteren Integration gehindert ist. Zum Beispiel ist es für Ausländer deutlich schwieriger Darlehen zu erhalten, Mietverträge oder alle anderen Verträge. Deswegen ist es oft sehr wichtig, dass man so schnell wie möglich eingebürgert wird.
Reagiert die Ausländerbehörde nach drei Monaten immer noch nicht, besteht die Möglichkeit, Druck auf die Ausländerbehörde auszuüben, indem man eine Untätigkeitsklage bei Gericht einreicht. Aber wer trägt die Kostenlast dieser Untätigkeitsklage? In den meisten Fällen erledigt sich die Untätigkeitsklage, weil die Ausländerbehörde während des Klageverfahrens ihrer Pflicht nachkommt und den Ausländer einbürgert. Dann wird die Klage von dem Ausländer und der Ausländerbehörde für erledigt erklärt. In sehr vielen Fällen erklärt die Ausländerbehörde dann auch ihre Bereitschaft, die Kosten zu übernehmen. Aber was passiert, wenn die Ausländerbehörde die Kosten nicht übernehmen will. Dann entscheidet das Gericht über die Kostenübernahme. Dabei gelten die folgenden Grundsätze:
Erledigt sich im Rahmen einer Untätigkeitsklage die Hauptsache durch eine Entscheidung des Beklagten, trifft den Beklagten die Kostenlast, wenn der Kläger bei Klageerhebung mit der Bescheidung seines Antrags rechnen durfte. Die Kostenfolge tritt dann nicht ein, wenn der Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und dem Kläger dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste. In dem hier besprochenen Fall sah das Gericht die Kostenlast bei dem Ausländer.
Entscheidung über die Verfahrenskosten nach § 161 Abs. 2 VwGO
Nachdem die Hauptsache im Rechtsstreit für erledigt erklärt wurde, musste das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Verfahrenskosten entscheiden. Grundsätzlich werden die Kosten demjenigen auferlegt, der ohne die Erledigung voraussichtlich unterlegen wäre. In diesem Fall bedeutete das, dass die Kosten dem Kläger auferlegt wurden, da er bei Klageerhebung nicht mit einer schnellen Bescheidung seines Antrags hätte rechnen dürfen.
Zureichender Grund für die Verzögerung: Einverständnis des Klägers
Ein zentraler Punkt im Urteil war die Frage, ob der Beklagte zureichende Gründe für die Verzögerung der Bescheidung hatte. Das Gericht entschied, dass ein zureichender Grund vorlag, da der Kläger selbst mit einer längeren Bearbeitungszeit einverstanden war. Dies wurde durch E-Mail-Korrespondenz belegt, in der der Kläger seine Kenntnis über die Verzögerungen bestätigte und klarstellte, dass er keine besondere Behandlung forderte. Die bloße Nachfrage nach der geschätzten Bearbeitungszeit stellte keinen Widerruf des Einverständnisses dar.
Widerruf des Einverständnisses und Erhebung der Klage
Erst durch eine E-Mail des Klägers vom 04.08.2023 wurde das Einverständnis zur längeren Bearbeitungszeit widerrufen. Der Kläger hatte darin gefordert, dass sein Einbürgerungsantrag bis zum 04.09.2023 bearbeitet wird. Dieser Widerruf bedingte jedoch, dass der Kläger gemäß § 75 VwGO eine Wartezeit von mindestens drei Monaten nach Zugang des Widerrufs hätte einhalten müssen, bevor er eine Untätigkeitsklage einreichte. Da der Kläger die Klage jedoch zu früh, am 01.11.2023, erhob, war diese zum Zeitpunkt der Klageerhebung unzulässig.
Kein Anspruch auf sofortige Bescheidung durch die Behörde
Das Gericht stellte klar, dass der Kläger die Behörde nicht durch den Widerruf seines Einverständnisses unter Druck setzen konnte, indem er eine sofortige Bescheidung seines Antrags innerhalb einer selbst gesetzten Frist verlangte. Nach der Bewertung des Gerichts wäre es unbillig, der Verwaltung eine derartige Fristsetzung aufzuzwingen, zumal der Kläger zunächst mit der längeren Bearbeitungsdauer einverstanden war. Die Behörde hatte in dieser Situation nach dem Widerruf des Einverständnisses eine angemessene Zeit zur Prüfung des Antrags zur Verfügung.
Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten
Die Klage des Klägers war zunächst unzulässig und unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Einbürgerung nachweisen konnte. Die Identität des Klägers war bis zum Zeitpunkt der Einbürgerung nicht ausreichend geklärt. Als der Kläger jedoch im Dezember 2023 die notwendigen Dokumente nachreichte, reagierte die Behörde umgehend und führte die Einbürgerung am 24.02.2024 durch. Aus diesem Grund entschied das Gericht, dass die Kosten dem Kläger aufzuerlegen seien, da der Beklagte letztlich nur auf eine durch den Kläger herbeigeführte Änderung der Sachlage reagiert hatte.
Quelle: Verwaltungsgericht Gießen
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