Beratung unter:

0221 - 80187670

Arbeitsrecht: Observierung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber kann zu Schmerzensgeld berechtigen.

Bundesarbeitsgericht, 19.02.2015, Az.: 8 AZR 1007/13

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird aus den Grundrechten der Unantastbarkeit der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) und der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit abgeleitet.

Durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird insbesondere die private Lebensgestaltung, das Recht am eigenen Bild, die informationelle Selbstbestimmung, die Nutzung von Informationstechnologien sowie der Namen und die Ehre des Menschen geschützt.

Wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber verletzt (z. B. durch Mobbing, unerlaubtes Mithören eines Telefongesprächs, heimliche Videoüberwachung) kann dies erhebliche Folgen haben:

– Strafverfolgung

– Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche

– Schadensersatzansprüche

– Entschädigungsansprüche (z. B. Schmerzensgeld) oder

– Gegendarstellungsansprüche (z. B.Widerruf einer unwahren Behauptung).

In dem hier vorgestellten Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses über den Schmerzensgeldanspruch einer Arbeitnehmerin zu entscheiden, welche wegen des Verdachtes einer vorgeschobenen Krankheit von ihrem Arbeitgeber durch einen Privatdetektiv überwacht worden war.

Sachverhalt und Hintergrund

Die Klägerin, eine Sekretärin der Geschäftsleitung, war bei der Beklagten seit Mai 2011 beschäftigt und ab dem 27. Dezember 2011 krankgeschrieben. Zunächst legte sie sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die von zwei verschiedenen Ärzten ausgestellt wurden. Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls wurde sie ab dem 31. Januar 2012 orthopädisch behandelt. Der Geschäftsführer der Beklagten zweifelte die Arbeitsunfähigkeit an und ließ die Klägerin mittels eines Detektivs überwachen. Die Observation fand an vier Tagen im Februar 2012 statt und beinhaltete Videoaufnahmen sowie Fotos. Die Klägerin sah sich durch diese Überwachung psychisch beeinträchtigt und forderte Schmerzensgeld in Höhe von 10.500 Euro.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten der Klägerin und sprach ihr ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zu. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Observation und insbesondere die heimlichen Videoaufnahmen rechtswidrig waren. Die Beklagte hätte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung der Klägerin gehabt, da der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die unterschiedlichen Ärzte und die wechselnde Diagnose nicht in Zweifel zu ziehen sei. Das Gericht erkannte zwar psychische Beeinträchtigungen der Klägerin an, bewertete jedoch ein Schmerzensgeld in der von ihr geforderten Höhe als nicht gerechtfertigt.

Revision zum Bundesarbeitsgericht

Beide Parteien legten Revision ein. Die Beklagte war der Ansicht, die Observation sei gerechtfertigt gewesen, während die Klägerin das Schmerzensgeld als zu niedrig empfand. Das Bundesarbeitsgericht wies jedoch beide Revisionen zurück. Der Achte Senat stellte klar, dass die Observation gegen die Persönlichkeitsrechte der Klägerin verstoßen habe, da es keinen berechtigten Verdacht auf eine Täuschung des Arbeitgebers gab. Der Bandscheibenvorfall der Klägerin sei ärztlich bestätigt worden, und die unterschiedliche Ausstellung der Krankschreibungen durch mehrere Ärzte sei kein ausreichender Grund, die Klägerin heimlich zu überwachen.

Angemessenheit des Schmerzensgeldes

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte zudem die Höhe des Schmerzensgeldes von 1.000 Euro. Es befand, dass das vom Landesarbeitsgericht festgelegte Schmerzensgeld angemessen sei und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden war. Obwohl die Klägerin 10.500 Euro gefordert hatte, wurde ihre psychische Belastung durch die Observation nicht als so gravierend eingestuft, um ein höheres Schmerzensgeld zu rechtfertigen.

Fazit

Die heimliche Überwachung der Klägerin durch den Arbeitgeber war rechtswidrig. Die Vorwürfe gegen die Klägerin reichten nicht aus, um eine Observation zu rechtfertigen. Das Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro wurde als angemessen erachtet. Die Revisionen beider Parteien blieben erfolglos.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Arbeitsrecht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert