Arbeitsrecht: Die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Drogenhandels in der Freizeit kann rechtens sein.

Bundesarbeitsgericht, 10.04.2014, Az.: 2 AZR 684/13

Sowohl bei der verhaltensbedingten als auch bei der personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers muss zunächst eine sorgfältige und umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei wird das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung abgewogen.

Für den Arbeitgeber wird zum Beispiel berücksichtigt:

      • Art und Umfang der betrieblichen Nachteile,
      • Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes,
      • Wiederholungsgefahr,
      • Schädigung des Arbeitgeberansehens in der Öffentlichkeit,

Für den Arbeitnehmer wird zum Beispiel berücksichtigt:

      • Art, Schwere und Häufigkeit der vorgeworfenen Pflichtverletzung,
      • früheres Verhalten des Arbeitnehmers
      • Einsicht des Arbeitsnehmers
      • Dauer der Betriebszugehörigkeit und Lebensalter des Arbeitnehmers

In dem hier besprochenen Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers des Bundesagentur für Arbeit rechtens war, obwohl dieser in seiner Freizeit mit Drogen gehandelt hatte.

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Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Drogenhandel und Kündigung

Der Kläger, ein Sachbearbeiter im Jobcenter, war seit 2005 bei der Bundesagentur für Arbeit als Sachbearbeiter für „Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ tätig. Bereits im Jahr 2001 wurde er wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt und 2003 erlassen.

Neue Anschuldigungen wegen Drogenhandel

Am 18. Juli 2011 informierte die Staatsanwaltschaft die Bundesagentur darüber, dass der Kläger erneut des unerlaubten Handels mit Kokain beschuldigt werde. In einem darauffolgenden Gespräch am 15. August 2011 bestritt der Kläger, Drogen gehandelt oder konsumiert zu haben. Jedoch wurde er am 26. Januar 2012 aufgrund eines Geständnisses erneut wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Kläger informierte seinen Arbeitgeber über das Urteil am selben Tag.

Fristlose und ordentliche Kündigung durch die Beklagte

Nach dem erneuten Vergehen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos am 6. Februar 2012, nachdem der Personalrat angehört worden war. Am 28. Februar 2012 folgte eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2012, ebenfalls nach Anhörung des Personalrats.

Klage gegen die Kündigungen

Der Kläger erhob rechtzeitig Kündigungsschutzklage und begehrte die Feststellung, dass weder die fristlose Kündigung vom 6. Februar 2012 noch die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 das Arbeitsverhältnis aufgelöst hätten. Zudem forderte er seine Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiter im Bereich SGB II mit einer Vergütung gemäß der Tarifgruppe TE IV, Tarifstufe 2.

Urteile der Vorinstanzen: Unterschiedliche Entscheidungen

Die Vorinstanzen befanden, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei, jedoch die ordentliche Kündigung als sozial gerechtfertigt anzusehen sei. Der Kläger legte gegen diese Entscheidungen Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Revision abgewiesen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Revision des Klägers zurück. Es befand, dass die ordentliche Kündigung vom 28. Februar 2012 nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt sei. Zwar sei das Verhalten des Klägers nicht ausschlaggebend, jedoch fehle ihm aufgrund seines strafbaren Verhaltens die Eignung, seine Tätigkeit als Sachbearbeiter weiterhin auszuüben.

Das Gericht stellte fest, dass auch strafbares Verhalten außerhalb der Arbeitszeit Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers begründen könne. Im Fall des Klägers sei die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II eine hoheitliche Aufgabe, die absolute Integrität erfordere. Der illegale Drogenhandel sei mit dieser Tätigkeit unvereinbar.

Interessenabwägung: Belange der Beklagten überwiegen

Das BAG erkannte die fast siebenjährige Betriebszugehörigkeit des Klägers an, doch überwiege das Interesse der Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Verhalten des Klägers habe das Vertrauen in die ordnungsgemäße Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben erschüttert.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

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