Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 25.10.2017, Az.: 7 Sa 995/16
Gemäß § 22 des Mindestlohngesetzes gilt dieses für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.
Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Im nachstehenden Fall stellt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf klar, dass die zulässige Dauer von drei Monaten eines Praktikums nicht überschritten sei, wenn die Parteien mehrere Zeitabschnitte vereinbaren, die die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Vereinbarung auf Wunsch und im Interesse des Praktikanten erfolgt. Der Zeitraum der Unterbrechung sei bei der Berechnung des Dreimonatszeitraums nicht zu berücksichtigen mit der Folge, dass nicht bereits nach Ablauf von drei Kalendermonaten eine Zahlungspflicht entsteht.
Einleitung des Rechtsstreits
In diesem Fall klagte die Klägerin auf Zahlung von Mindestlohn für ein Praktikum, das sie auf einer von der Beklagten betriebenen Reitanlage absolvierte. Die Klägerin war zwischen Oktober 2015 und Januar 2016 als Praktikantin tätig, erhielt jedoch keine Vergütung und forderte anschließend eine Zahlung von 6.630 Euro unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG). Die Beklagte argumentierte, dass es sich um ein freiwilliges und unentgeltliches Praktikum gehandelt habe, welches der beruflichen Orientierung diente.
Verlauf des Praktikums
Die Klägerin absolvierte das Praktikum auf der Reitanlage der Beklagten, bei dem sie verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der Pflege und Betreuung der Pferde übernahm. Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015 und endete am 25. Januar 2016. Während dieser Zeit nahm die Klägerin vereinbarten Urlaub, unterbrach das Praktikum und absolvierte auch Probetage bei anderen Arbeitgebern. Zudem konnte sie kostenlos auf der Reitanlage wohnen. Die Klägerin behauptete, sie habe an sechs Tagen die Woche gearbeitet, täglich zwischen 6:30 Uhr und 19:00 Uhr. Sie sah sich als Arbeitskraft, da sie wie eine reguläre Mitarbeiterin behandelt worden sei.
Urteil des Arbeitsgerichts
Das Arbeitsgericht entschied zugunsten der Klägerin und sprach ihr 5.491 Euro Mindestlohn zu. Es stellte fest, dass die Klägerin als Arbeitnehmerin im Sinne des MiLoG einzustufen sei. Das Gericht wies darauf hin, dass das Praktikum länger als drei Monate dauerte und daher nicht mehr als Orientierungspraktikum im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG anzusehen sei. Daher stehe der Klägerin ab dem ersten Tag des Praktikums der Mindestlohn zu. Die von der Klägerin angegebenen 780 Arbeitsstunden wurden jedoch teilweise reduziert, da sie die exakten Arbeitszeiten nicht ausreichend dargelegt hatte.
Berufung vor dem Landesarbeitsgericht
Die Beklagte legte Berufung gegen das Urteil ein und argumentierte, dass das Praktikum der Orientierung für den Beruf der Pferdewirtin diente und unentgeltlich vereinbart war. Sie betonte, dass der Klägerin freigestellt war, ob und wann sie am täglichen Arbeitsablauf teilnehmen wollte. Zudem habe die Klägerin täglich Reitstunden erhalten. Auch sei das Praktikum durch den Urlaub und die Probetage unterbrochen worden, wodurch die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschritten worden sei.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied, dass die Berufung der Beklagten zulässig und begründet sei. Die Klägerin falle nicht unter den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes, da es sich um ein Orientierungspraktikum im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG handelte. Die Praktikumsdauer von drei Monaten sei nicht überschritten worden, da das Praktikum durch den Urlaub und die Probetage unterbrochen wurde. Das Gericht stellte fest, dass der Fokus des Praktikums auf dem Erwerb praktischer Kenntnisse lag und es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelte. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Fazit
Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Mindestlohn hat, da das Praktikum zur beruflichen Orientierung diente und die Dreimonatsgrenze nicht überschritten wurde. Obwohl die Klägerin praktische Arbeiten übernahm, stellte das Gericht klar, dass die Tätigkeit hauptsächlich dem Erwerb von Erfahrungen diente und somit als Orientierungspraktikum einzustufen ist.
Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
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