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Asylrecht: Erfolgreiche Klage eines Syrers gegen die Zuerkennung subsidiären Schutzes.

Verwaltungsgericht Trier, 16.06.2016, Az.: 1 K 1576/16.TR

Seit geraumer Zeit wird insbesondere syrischen Staatsangehörigen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nur noch der subsidiäre Schutz nach § 4 AsylG zuerkannt.

Der subsidiäre Schutz ist nach dem Asyl nach § 16a GG und dem Status als Flüchtling nach § 3 AsylG die dritte Rechtsgrundlage, aus welchem Schutzsuchende ein Bleiberecht in Deutschland herleiten können.

Der subsidiäre Schutz greift somit immer dann ein, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden können und im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.

Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen können, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht in Anspruch nehmen wollen.

§ 4 AsylG lautet insoweit:

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.

Als ernsthafter Schaden gilt:

  1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
  2.  Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
  3.  eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

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Doch durch das Asylpaket II gibt es einen für die Betroffenen sehr schwerwiegenden Unterschied zu den GFK-Flüchtlingen: Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ist nämlich für zwei Jahre ausgesetzt.

Dies hat zur Folge, dass immer mehr subsidiär Schutzberechtigte trotz Zuerkennung des subsidiären Schutzes gegen die Entscheidung des BAMF klagen. So auch in diesem Fall vor dem Verwaltungsgericht Trier.

Sachverhalt des Asylverfahrens

Der Kläger, ein syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit, verließ sein Heimatland aufgrund der anhaltenden politischen Unruhen und des Bürgerkriegs in Syrien. Am 22. September 2015 kam er nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Syrien ist seit Jahren von einem brutalen Bürgerkrieg gezeichnet, bei dem verschiedene Fraktionen, darunter die Regierung von Präsident Bashar al-Assad, oppositionelle Kräfte und terroristische Organisationen wie der IS, um die Kontrolle über das Land kämpfen. In diesem Kontext sind viele Menschen gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen, um der Gewalt zu entkommen.

Nach seiner Ankunft in Deutschland wurde der Asylantrag des Klägers durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geprüft. Mit Bescheid vom 21. April 2016 lehnte das BAMF den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab. Gleichzeitig wurde ihm jedoch der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Der subsidiäre Schutz ist ein internationaler Schutzstatus, der Personen gewährt wird, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, aber dennoch in ihrem Heimatland ernsthaft gefährdet wären. Dennoch entschied sich der Kläger, gegen die Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft zu klagen, da er diese als angemessenen Schutzstatus betrachtete.

Klage des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid

Der Kläger erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht Trier mit dem Ziel, die Beklagte – die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BAMF – dazu zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 des Asylgesetzes (AsylG) zuzuerkennen. Die Flüchtlingseigenschaft wird Personen zuerkannt, die aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt werden und deshalb nicht in ihr Heimatland zurückkehren können.

Der Kläger argumentierte, dass er bei einer Rückkehr nach Syrien einer erheblichen Gefahr ausgesetzt wäre, insbesondere wegen seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Deutschland und seines längeren Aufenthalts im Ausland. Diese Faktoren könnten von den syrischen Behörden als Zeichen einer oppositionellen Haltung gegenüber dem Assad-Regime interpretiert werden. In Syrien droht Personen, die verdächtigt werden, gegen das Regime zu sein, Verhaftung, Folter und sogar Tod. Daher forderte der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die ihm einen stärkeren rechtlichen Schutz bieten würde als der subsidiäre Schutzstatus.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier

Das Verwaltungsgericht Trier gab der Klage des Klägers statt und entschied, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei. Gleichzeitig hob das Gericht den entgegenstehenden Bescheid des BAMF auf. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Insbesondere stellte es fest, dass die Furcht des Klägers vor einer Rückkehr nach Syrien als begründet angesehen werden müsse.

Das Gericht führte aus, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG eine begründete Furcht vor Verfolgung durch den Heimatstaat voraussetzt. Diese Verfolgung muss sich gegen den Einzelnen aufgrund von unverfügbaren Merkmalen richten, wie seiner politischen Überzeugung, seiner Religion oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Verfolgung muss dabei eine solche Intensität haben, dass sie den Betroffenen aus der staatlichen Friedensordnung ausschließt und seine Menschenwürde verletzt. Dabei betonte das Gericht, dass nicht nur die unmittelbare Gefahr für Leib, Leben oder persönliche Freiheit relevant ist, sondern auch andere schwerwiegende Beeinträchtigungen von Rechtsgütern.

Rechtliche Grundlagen der Flüchtlingseigenschaft

Die rechtlichen Grundlagen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind in Deutschland im Asylgesetz (AsylG) verankert, das wiederum auf internationalen Regelungen wie der Genfer Flüchtlingskonvention basiert. Nach § 3 AsylG ist eine Person als Flüchtling anzuerkennen, wenn sie in ihrem Heimatland aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird und keinen Schutz durch den Staat ihres Heimatlandes in Anspruch nehmen kann.

Das Verwaltungsgericht Trier stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet sei. Es argumentierte, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien aufgrund seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung und seines längeren Auslandsaufenthalts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung ausgesetzt wäre. Das Gericht führte an, dass die syrischen Behörden Rückkehrer, die das Land ohne Erlaubnis verlassen haben und im Ausland Asyl beantragt haben, als oppositionelle Elemente betrachten könnten. In einem solchen Fall wäre der Kläger einer Verhaftung und möglicherweise schwerwiegenden Misshandlungen ausgesetzt, einschließlich Folter.

Politische Verfolgung in Syrien

Die Situation in Syrien ist geprägt von einem repressiven Regime, das seit Jahren gegen tatsächliche oder vermeintliche Gegner brutal vorgeht. Das Assad-Regime hat wiederholt gezeigt, dass es bereit ist, alle Mittel einzusetzen, um seine Macht zu erhalten, einschließlich der Verfolgung und Unterdrückung seiner eigenen Bevölkerung. Menschenrechtsorganisationen und internationale Berichte dokumentieren regelmäßig Fälle von willkürlichen Verhaftungen, Folter und Verschwindenlassen von Personen, die als oppositionell angesehen werden. In diesem Kontext ist die Gefahr, der der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien ausgesetzt wäre, real und akut.

Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung auch auf frühere Urteile anderer Verwaltungsgerichte, die zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen waren. So hatte beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in einem Urteil aus dem Jahr 2012 festgestellt, dass syrischen Rückkehrern aufgrund ihrer Asylantragstellung im Ausland Verfolgung drohe. Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte in mehreren Entscheidungen die Gefahr politischer Verfolgung für syrische Rückkehrer hervorgehoben.

Schlussfolgerungen und Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen, hat weitreichende Bedeutung für ähnliche Fälle. Sie zeigt, dass die Gerichte die individuelle Situation von Asylsuchenden genau prüfen und dabei sowohl die politischen Verhältnisse im Herkunftsland als auch die spezifischen Umstände des Asylsuchenden berücksichtigen. Die Entscheidung stellt klar, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht immer ausreichend ist, um die Gefahren, denen ein Asylsuchender ausgesetzt ist, angemessen abzudecken.

Durch die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft erhält der Kläger einen stärkeren Schutzstatus, der ihm nicht nur ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland sichert, sondern auch weitreichendere Rechte in Bezug auf Familiennachzug und Integration bietet. Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht zudem die wichtige Rolle der deutschen Justiz bei der Durchsetzung von Menschenrechten und dem Schutz gefährdeter Personen vor Verfolgung.

 

Quelle: Verwaltungsgericht Trier

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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