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Ausländerrecht: Behördliche Prüfung des Vorliegens einer beabsichtigten Scheinehe eines türkischen Staatsangehörigen

Verwaltungsgericht Berlin,14.03.2017, Az.: 7 V 35.07

Gemäß § 27 Abs.1 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes zuerteilen und verlängern. Eine schützenswerte Ehe liegt insbesondere vor, wenn durch freien Entschluss unter Mitwirkung des Staates eine Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft begründet werde, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können.

Der Regelung des § 27 Abs. 1 AufenthG geht jedoch der Abs.2 vor, nach dem ein Familiennachzug nicht zugelassen wird, wenn feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

 

Im nachstehenden Urteil stellt das Verwaltungsgericht Berlin noch einmal klar, dass es unschädlich sei, wenn eines von mehreren Motiven zur Eheschließung in dem Willen begründet liegt, dem Partner die Einreise oder den Aufenthalt in das Bundesgebiet zu ermöglichen, solange dies nicht der einzig tragende Grund sei. Die Beweislast, dass dem nicht so sei, trage dabei der Anspruchssteller.

Einleitung: Der Visumantrag des Klägers

Der Kläger, geboren am 01. Juni 1966, begehrt ein Visum, um mit seiner deutschen Ehefrau eine familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen. Der Kläger war bereits von 1994 bis 2002 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, die Ehe wurde jedoch im April 2002 geschieden. Der Kläger reiste im Juli 2001 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, gab jedoch im Verfahren an, ledig und kinderlos zu sein. Sein Asylantrag wurde im September 2001 abgelehnt. Der Versuch des Klägers, in Deutschland erneut zu heiraten, wurde mehrfach aufgrund des Verdachts auf Scheinehen abgelehnt.

Mehrfache Versuche zur Eheschließung in Deutschland

Der Kläger plante im Januar 2003, die 67 bis 70 Jahre alte Frau Gerda H. zu heiraten. Die Eheschließung wurde jedoch vom Standesamt Leipzig abgelehnt, da nach einer Befragung festgestellt wurde, dass es sich um eine Scheinehe handeln würde. Der Kläger stellte daraufhin einen weiteren Asylfolgeantrag, in dem er angab, eine fünfjährige Tochter namens Fatma zu haben. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Im Jahr 2005 plante der Kläger, die Zeugin Christine K. zu heiraten. Diese informierte das Standesamt jedoch darüber, dass der Kläger eine Imam-Ehe in der Türkei führe und mit dieser Ehefrau drei Kinder habe. Der Kläger wurde daraufhin von der Ausländerbehörde zur Ausreise aufgefordert.

Eheschließung in der Türkei und Visumantrag

Nach seiner freiwilligen Ausreise aus Deutschland im Februar 2006 heiratete der Kläger im Mai 2006 in der Türkei die Beigeladene zu 2. Er beantragte ein Visum zum Ehegattennachzug, um mit ihr in Deutschland zusammenzuleben. Im Rahmen dieses Verfahrens gab der Kläger an, die Beigeladene zu 2. durch eine gemeinsame Bekannte in Leipzig kennengelernt zu haben. Er bestritt, eine Imam-Ehe geführt zu haben, gab jedoch an, eine Tochter namens Fatma zu haben, die in der Türkei lebe. Die Beigeladene zu 2. bestätigte in ihrer Befragung diese Angaben und führte aus, dass sie den Kläger über dessen angebliche Schwester kennengelernt habe.

Widersprüchliche Aussagen und Verdacht auf Scheinehe

Die Befragungen des Klägers und seiner Ehefrau führten zu widersprüchlichen Aussagen. Der Kläger gab an, dass seine Kinder bei seinen Eltern in Gaziantep lebten und die Mutter der Kinder nicht auffindbar sei. Er legte daraufhin Dokumente vor, die seine Vaterschaft für drei Kinder bestätigten, darunter eine Urkunde, die besagte, dass die Kinder aus einer Beziehung mit einer Frau Saziye Ö. stammen. Trotz dieser Angaben blieben Zweifel an der Echtheit der Ehe bestehen, da die Beigeladene zu 2. den Kläger erst kurz vor der Eheschließung kennengelernt hatte und die Ehe schnell geschlossen wurde.

Ablehnung des Visumantrags durch die Deutsche Botschaft

Am 10. Mai 2007 lehnte die Deutsche Botschaft in Ankara den Visumantrag des Klägers ab. Begründet wurde dies mit dem Verdacht, dass die Ehe des Klägers ausschließlich geschlossen wurde, um ihm ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verschaffen. Der Kläger habe in der Vergangenheit mehrfach versucht, durch Eheschließungen ein Aufenthaltsrecht zu erlangen, was den Verdacht einer Scheinehe verstärkte. Die Botschaft verwies auch auf die widersprüchlichen Angaben des Klägers und seiner Ehefrau sowie auf die vorherigen Eheschließungsversuche des Klägers mit anderen Frauen in Deutschland.

Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin

Der Kläger erhob Klage gegen die Entscheidung der Botschaft. Er beantragte die Aufhebung des Ablehnungsbescheids und die Erteilung des Visums. In der Klage argumentierte der Kläger, dass es sich bei der Ehe mit der Beigeladenen zu 2. nicht um eine Scheinehe handele. Er warf den Behörden vor, die Aussagen der Zeugin Christine K. und andere Informationen falsch zu interpretieren. Das Verwaltungsgericht Berlin wies die Klage jedoch ab und entschied, dass die Ehe ausschließlich zum Zweck der Visumserlangung geschlossen wurde. Die widersprüchlichen Aussagen des Klägers und seiner Ehefrau sowie die Vorgeschichte des Klägers bestätigten den Verdacht der Scheinehe.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin unterstreicht, dass für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug nicht nur eine formale Ehe ausreicht, sondern auch der ernsthafte Wille beider Ehepartner zur Führung einer Lebensgemeinschaft notwendig ist. Der Fall des Klägers zeigt, wie umfangreiche Prüfungen der Behörden bei Verdacht auf eine Scheinehe vorgenommen werden. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche und der Vorgeschichte des Klägers erkannte das Gericht keine schützenswerte Ehe im Sinne von Art. 6 des Grundgesetzes. Die Klage wurde daher abgewiesen, und das Visum nicht erteilt.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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