Ausländerrecht: Chinesin gründet in Deutschland Unternehmen für Handel mit Produkten (z. B. Babynahrung) nach China

Verwaltungsgericht Berlin, 11.09.2020, Az.: 31 K 462.19 V

Um ein Unternehmen in Deutschland zu gründen, benötigen chinesische Staatsangehörige grundsätzlich einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel. Die Art des Aufenthaltstitels hängt von der Art der Tätigkeit ab:

Selbstständige Tätigkeit: Für die Gründung eines Unternehmens, insbesondere eines Start-ups oder einer GmbH, können chinesische Staatsangehörige ein Visum zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit beantragen. Dieses Visum richtet sich nach § 21 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die Erteilung des Visums hängt von bestimmten Kriterien ab, wie z. B. dem Vorliegen eines wirtschaftlichen Interesses oder regionalen Bedürfnisses, der Tragfähigkeit der Geschäftsidee und der Sicherstellung der Finanzierung.

Investorenvisum: In Deutschland gibt es kein spezielles „Investorenvisum“, aber eine Aufenthaltserlaubnis für Unternehmer kann auf der Grundlage von § 21 AufenthG erteilt werden, wenn die geplante Unternehmung positive wirtschaftliche Auswirkungen hat.

Klage auf Erteilung eines Visums zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland

In diesem Fall strebt die Klägerin, eine chinesische Staatsangehörige, die Erteilung eines Visums an, um in Deutschland eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Sie hatte in den Jahren zuvor eine Firma in China gegründet und anschließend eine weitere Firma in Deutschland ins Leben gerufen. Ihr Visumantrag, der auf ihre Geschäftsführertätigkeit für die in Deutschland gegründete Firma abzielte, wurde jedoch von den zuständigen deutschen Behörden abgelehnt. Die Klägerin erhob Klage gegen diese Entscheidung und verfolgte ihr Anliegen vor Gericht weiter. Das Verwaltungsgericht lehnte die Klage jedoch ab, da die Klägerin nicht alle erforderlichen Voraussetzungen für die Visumerteilung erfüllen konnte.

Hintergrund und Antragstellung der Klägerin

Die Klägerin ist 32 Jahre alt und chinesische Staatsbürgerin. Sie absolvierte ein Fachhochschulstudium im Bereich Rechnungswesen in China und arbeitete nach einem Au-Pair-Aufenthalt in Deutschland unter anderem als Finanzberaterin in Shanghai. Im November 2018 gründete sie zwei Unternehmen: eines in China und eines in Deutschland. Das deutsche Unternehmen wurde von einem bevollmächtigten Vertreter in ihrem Namen gegründet und die Klägerin übernahm die Position der alleinigen Geschäftsführerin. Laut dem Gesellschaftsvertrag umfassten die Geschäftsfelder des Unternehmens unter anderem den internationalen Handel mit Haushaltsgeräten, Lebensmitteln sowie die Organisation von Geschäftsreisen und die Unternehmensberatung.

Im März 2019 beantragte die Klägerin beim deutschen Generalkonsulat in Shanghai ein Visum zur Ausübung der Geschäftsführertätigkeit in Deutschland. Ihr Antrag wurde von der Industrie- und Handelskammer der Region positiv beurteilt, und die zuständige Behörde stimmte dem Antrag zunächst zu. Dennoch lehnte das Generalkonsulat den Visumantrag im Mai 2019 ab. Als Begründung wurde angegeben, dass das Vorhaben der Klägerin nicht ausreichend nachvollziehbar sei und die Vermutung bestehe, dass sie primär an der Erlangung eines langfristigen Aufenthaltstitels in Deutschland interessiert sei.

Ablehnung des Visumantrags und Gründe

Das Generalkonsulat begründete die Ablehnung mit erheblichen Zweifeln an der Plausibilität der Geschäftsidee der Klägerin. Insbesondere bemängelte es, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, eine klare Verbindung zwischen ihrer beruflichen Erfahrung und der geplanten Geschäftstätigkeit in Deutschland darzustellen. Außerdem seien die im Businessplan enthaltenen Zahlen zur Unternehmensentwicklung und die potenziellen Effekte auf den deutschen Arbeitsmarkt nicht überzeugend gewesen.

In einem persönlichen Interview konnte die Klägerin laut den Behördenvertretern nicht überzeugend darlegen, wie sie das Unternehmen in Deutschland führen und welche Produkte sie tatsächlich exportieren wolle. Die Ausführungen zur Unternehmensplanung wichen stark von den im Businessplan angegebenen Details ab, was die Zweifel an der Tragfähigkeit des Vorhabens weiter verstärkte. Darüber hinaus wurde bemängelt, dass die Klägerin eine erhebliche Summe für Dienstleistungen wie die Gründung des Unternehmens und die Erstellung des Businessplans an einen Geschäftszentrum-Leiter gezahlt hatte, was den Verdacht untermauerte, dass der wahre Zweck ihrer Investition die Erlangung eines Aufenthaltstitels war.

Gerichtliche Entscheidung und rechtliche Begründung

Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Entscheidung des Generalkonsulats. Grundlage für die gerichtliche Beurteilung war § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Nach diesen Bestimmungen kann ein Visum zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht, die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und die Finanzierung des Vorhabens gesichert ist.

Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums nicht erfüllt seien. Weder konnte die Klägerin ein klares wirtschaftliches Interesse noch ein regionales Bedürfnis für ihre geplante Geschäftstätigkeit in Deutschland nachweisen. Die Höhe ihrer Investition lag deutlich unter den früheren Regelvoraussetzungen, die eine Investitionssumme von 250.000 Euro und die Schaffung von mindestens fünf Arbeitsplätzen vorsahen. Zwar war diese Regelung inzwischen abgeschafft, doch dienten solche Kriterien weiterhin als Orientierung. Zudem war unklar, ob und wann die Klägerin Arbeitsplätze schaffen würde, da weder der Businessplan noch ihre Ausführungen im Interview konkrete Angaben dazu machten.

Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass die Geschäftsidee der Klägerin nicht tragfähig sei. Die Angaben zur Unternehmensgründung und die Ziele des Unternehmens waren ungenau und widersprachen teilweise den von der Klägerin eingereichten Unterlagen. Insbesondere die Diskrepanz zwischen den mündlich gemachten Angaben und dem Businessplan ließ erhebliche Zweifel an der Umsetzung des Vorhabens aufkommen. Die fehlende Klarheit über potenzielle Zulieferer und die Beschaffung der zu exportierenden Produkte trug zusätzlich zur Ablehnung bei.

Mangel an unternehmerischer Erfahrung und fehlende Tragfähigkeit der Geschäftsidee

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Ablehnung war der mangelnde Nachweis unternehmerischer Erfahrung der Klägerin. Der Businessplan stellte die Klägerin als erfolgreiche Unternehmerin dar, die bereits über umfangreiche Erfahrungen im Handel mit Baby- und Kleinkindprodukten verfüge. Diese Darstellung konnte das Gericht jedoch nicht nachvollziehen, da die Klägerin im persönlichen Gespräch angab, den Handel mit solchen Produkten bisher nur im Rahmen eines „Hobbys“ betrieben zu haben, mit einem Umsatz von etwa 1.500 Euro pro Jahr.

Das Gericht folgerte daraus, dass die Klägerin nicht über die notwendigen unternehmerischen Fähigkeiten verfüge, um ein Unternehmen dieser Größenordnung erfolgreich zu führen. Hinzu kamen die erheblichen Abweichungen zwischen den Angaben im Businessplan und den persönlichen Erklärungen der Klägerin. Diese Diskrepanzen führten dazu, dass das Gericht die Tragfähigkeit des Vorhabens in Frage stellte.

Insgesamt entschied das Gericht, dass die Klägerin nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach § 21 des Aufenthaltsgesetzes erfülle. Da die Klägerin keine ausreichenden Nachweise für ein wirtschaftliches oder regionales Interesse erbringen konnte und zudem keine hinreichende unternehmerische Erfahrung nachwies, wurde die Klage abgewiesen.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

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