Ausländerrecht: Das neue Einbürgerungsgesetz – Ein Überblick

Was genau beinhaltet das neue Einbürgerungsgesetz? Welche Folgen, Änderungen und Vorteile bringt es mit sich? Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick und eine Erläuterung des neuen Gesetzes, wobei die Änderungen im Einzelnen aufgeführt und mit den alten Regeln verglichen werden.

Neues Einbürgerungsrecht

Hintergrund:

Ein beträchtlicher Teil der deutschen Bevölkerung besitzt keinen deutschen Reisepass. Obwohl viele Menschen rechtlich Anspruch auf eine Einbürgerung hätten, gelingt es nur einem kleinen Teil, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erlangen. Mit einer Einbürgerungsrate von lediglich 1,1 Prozent liegt Deutschland deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 2,0 Prozent. Im Jahr 2022 stellten nur 168.545 Menschen einen Antrag auf den deutschen Pass, was etwa 3 Prozent der ausländischen Staatsbürger entspricht, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben. Diese Zahlen verdeutlichen, dass das aktuelle Staatsangehörigkeitsrecht in seiner jetzigen Form nicht ausreicht, um Menschen mit Migrationshintergrund angemessen zu unterstützen und ihnen langfristige Integrations- und Zukunftsperspektiven zu bieten. Um diese Situation zu verbessern, wurde ein neues Gesetz verabschiedet.

Die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft und die Einbürgerung sind im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt, das 42 Paragraphen umfasst und Themen wie Aufenthaltsdauer, Eheschließung, Herkunft, Flucht und Staatsangehörigkeitsausgleich abdeckt. Die jüngsten Änderungen betreffen insbesondere die Paragraphen 4 und 10 StAG. Diese Reformen bringen bedeutende Anpassungen mit sich, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Einbürgerungswillige darstellen.

Gesetzgebungsverfahren

Am 19. Januar 2024 verabschiedete der Bundestag das „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG)“. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 234 dagegen, und 23 enthielten sich. Am 26. März 2024 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt am 26. Juni 2024 in Kraft.

Zweck des Gesetzes

Das primäre Ziel des neuen Gesetzes ist es, Ausländern, die langfristig in Deutschland leben, den Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern und ihnen eine bessere Perspektive für ihre Zukunft zu bieten. Darüber hinaus soll das Gesetz Deutschland als Standort für hochqualifizierte Fachkräfte attraktiver machen, indem der Erwerb der Staatsangehörigkeit vereinfacht wird.

Die Reform zielt jedoch nicht nur auf eine quantitative Steigerung der Einbürgerungen ab, sondern legt auch Wert darauf, Integrationsleistungen und Werte wie das Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Somit vereint das Gesetz die Förderung von Integration mit höheren Anforderungen an Verantwortung und Eigenständigkeit.

Überlastung der Einbürgerungsbehörden

Obwohl das neue Gesetz die rechtlichen Hürden für die Einbürgerung senkt, stehen Einbürgerungswillige vor einem weiteren großen Hindernis: den überlasteten Einbürgerungsbehörden. Viele Ämter sind personell stark unterbesetzt, was dazu führt, dass Einbürgerungsverfahren oft Monate oder sogar Jahre dauern.

Die Zahl der Einbürgerungsanträge ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, während die personellen Ressourcen der Behörden nicht im gleichen Maß aufgestockt wurden. Experten kritisieren, dass diese Überlastung nicht nur die Integration erschwert, sondern auch das Vertrauen in die Verwaltung mindert. Für viele Antragsteller ist die lange Wartezeit eine frustrierende Hürde, die im Widerspruch zu den Zielen des neuen Gesetzes steht. Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, zusätzliche Mittel und Personal bereitzustellen, doch in der Praxis bleibt die Umsetzung vielerorts schleppend. Dauert das Einbürgerungsverfahren zu lange, kann man Untätigkeitsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht einreichen.

Änderungen im Überblick

1. Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Das neue Gesetz erlaubt grundsätzlich die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit. Personen, die eingebürgert werden, müssen ihre bisherige Staatsbürgerschaft nicht mehr ablegen. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist somit für alle Einbürgerungswilligen möglich.

Alte Regelung:

Bisher zielte das Staatsangehörigkeitsgesetz darauf ab, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Die Einbürgerung setzte in der Regel die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit voraus. Es gab allerdings Ausnahmen, beispielsweise für EU-Bürger, Schweizer sowie Personen aus Ländern, die den Verlust der ursprünglichen Staatsangehörigkeit nicht erlaubten (z. B. Iran). Trotz dieser Ausnahmen mussten die meisten Antragsteller ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben.

Besonderheit:

Einige Länder wie China, Indien oder Japan erkennen eine doppelte Staatsangehörigkeit nicht an, sodass Staatsangehörige dieser Länder ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft verlieren können, wenn sie die deutsche annehmen.

2. Frühere Einbürgerung möglich

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Die Mindestaufenthaltsdauer für eine Einbürgerung wird von acht auf fünf Jahre reduziert. Unter besonderen Integrationsleistungen wie ehrenamtlichem Engagement, beruflichen Qualifikationen oder Deutschkenntnissen auf C1-Niveau ist eine Einbürgerung sogar nach drei Jahren möglich.

Alte Regelung:

Bislang war eine Einbürgerung nach acht Jahren rechtmäßigen Aufenthalts möglich. Die Aufenthaltsdauer konnte unter bestimmten Voraussetzungen verkürzt werden: Nach Teilnahme an einem Integrationskurs auf sieben Jahre oder in Ausnahmefällen auf sechs Jahre (z. B. bei herausragenden Leistungen oder Deutschkenntnissen auf Niveau B2).

Besonderheit:

Die Teilnahme an einem Integrationskurs verkürzt die Aufenthaltsdauer im neuen Gesetz nicht mehr automatisch.

3. Erleichterungen für in Deutschland geborene Kinder

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Kinder, die in Deutschland geboren werden, erhalten automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn mindestens ein Elternteil seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt.

Alte Regelung:

Vor der Reform mussten die Eltern seit mindestens acht Jahren rechtmäßig in Deutschland leben und über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügen, damit ihre in Deutschland geborenen Kinder automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten.

4. Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Die Anforderungen für Mitglieder der sogenannten Gastarbeitergeneration werden deutlich erleichtert. Ein Einbürgerungstest ist nicht mehr erforderlich, und die Sprachkenntnisse müssen nur mündlich nachgewiesen werden.

Alte Regelung:

Bislang mussten auch Mitglieder dieser Generation Sprachkenntnisse sowohl mündlich als auch schriftlich nachweisen und einen Einbürgerungstest bestehen.

5. Bekenntnis zum Grundgesetz und zur deutschen Geschichte

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Zusätzlich zum bisherigen Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird verlangt, die besondere historische Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft anzuerkennen. Antisemitische, rassistische oder menschenverachtende Einstellungen schließen eine Einbürgerung aus.

Alte Regelung:

Bisher war lediglich ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes erforderlich.

6. Sicherung des Lebensunterhalts

Neue Regelung (ab 26. Juni 2024):

Der Lebensunterhalt muss vollständig ohne staatliche Unterstützung gesichert werden. Ausnahmen wurden stark eingeschränkt.

Alte Regelung:

Zwar mussten Bewerber nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern können, jedoch war ein Bezug von Sozialleistungen nicht automatisch ein Ausschlusskriterium, wenn die Hilfebedürftigkeit unverschuldet war.

Besonderheit:

Es gibt wenige Ausnahmen, beispielsweise für Personen, die in den letzten zwei Jahren mindestens 20 Monate lang in Vollzeit beschäftigt waren.

Erforderliche Unterlagen für die Einbürgerung:

  1. Ausgefüllter Einbürgerungsantrag
  2. Gültige Personaldokumente (Reisepass oder Personalausweis)
  3. Biometrisches Passfoto
  4. Nachweis über rechtmäßigen Aufenthalt (Aufenthaltstitel)
  5. Nachweise über gesicherten Lebensunterhalt (Gehaltsabrechnungen, Arbeitsverträge, Kontoauszüge)
  6. Sprachnachweis (mindestens B1)
  7. Einbürgerungstest oder Nachweis, dass dieser nicht erforderlich ist
  8. Integrations- und Wertnachweise (z. B. ehrenamtliche Tätigkeiten)

Die genauen Anforderungen können je nach individueller Situation variieren. Es wird empfohlen, sich bei der zuständigen Einbürgerungsbehörde zu informieren, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Unterlagen vorliegen.

Die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes zielt darauf ab, die Integration von Migranten zu erleichtern und gleichzeitig Deutschland als Einwanderungsland zu stärken. Dennoch bleiben Herausforderungen bestehen, insbesondere durch überlastete Behörden und die strengen Anforderungen an die finanzielle Eigenständigkeit. Diese Aspekte könnten den Erfolg des Gesetzes in der Praxis beeinflussen.

Wie kann ich eingebürgert werden? Arten der Einbürgerung. Ermessenseinbürgerung und Anspruchseinbürgerung

Kurze Zusammenfassung:

Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft: Die Möglichkeit, die bisherige Staatsangehörigkeit beizubehalten, wird für alle Einbürgerungswilligen ermöglicht.

Erleichterungen beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit: Die Mindestaufenthaltsdauer für die Einbürgerung wurde verkürzt und besondere Integrationsnachweise können zu einer früheren Einbürgerung führen.

Erleichterungen für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern: Die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit bei der Geburt wurden gelockert.

Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration: Personen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben, haben erleichterte Zugangsbedingungen zur Einbürgerung.

Bekenntnis zum Grundgesetz: Ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zur historischen Verantwortung Deutschlands ist für die Einbürgerung erforderlich.

Sicherung des Lebensunterhalts: Die Einbürgerung wird erschwert, da der Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung gesichert werden muss. Es gibt jedoch einige Ausnahmen für bestimmte Personengruppen.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert