Verwaltungsgericht Hannover, Beschl. v. 09.03.2022, Az.: 5 B 1766/21
Hintergrund des Falls und bisheriger Aufenthalt in Deutschland
Der Antragsteller, ein israelischer Staatsangehöriger, wurde im Jahr 1982 in Tira, Israel, geboren. Im Jahr 2001 reiste er nach Deutschland ein, um ein Studium aufzunehmen. Über die Jahre hinweg stellte er wiederholt Anträge auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die zunächst als Studierender nach § 16 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt worden war. 2013 wurde sein Antrag auf Verlängerung abgelehnt, da er das Studium nicht in einem angemessenen Zeitraum abschließen konnte. Gegen die Entscheidung erhob er Klage, jedoch blieb diese ebenso erfolglos wie das parallel angestrebte Eilverfahren.
In der Zwischenzeit verblieb er jedoch in Deutschland aufgrund eines laufenden Härtefallverfahrens. Während dieser Zeit heiratete er eine Frau, die als Krankenschwester tätig ist und den Lebensunterhalt des Paares sichert. Das Härtefallverfahren wurde Ende 2016 abgeschlossen, ohne dass es zu einer offiziellen Härtefallentscheidung kam. Der Antragsteller reiste 2017 nach Israel zurück, kehrte jedoch im November 2018 nach Deutschland zurück. Nach seiner Rückkehr strebte er eine neue Aufenthaltserlaubnis an, diesmal mit dem Ziel, eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.
Antrag auf Aufenthaltserlaubnis für selbstständige Tätigkeit
Im Februar 2019 beantragte der Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nach § 21 Abs. 1 AufenthG. Er legte seiner Bewerbung einen Businessplan bei, der vorsah, ein Unternehmen im Bereich des Import- und Exporthandels zu gründen, insbesondere mit dem Nahen Osten. Die zuständige Ausländerbehörde wandte sich an die Industrie- und Handelskammer (IHK), um eine Einschätzung zu erhalten, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt seien.
Die IHK kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller die Anforderungen nicht erfülle. Zwar habe er gewisse kaufmännische Erfahrungen durch die Mitarbeit im Unternehmen seines Vaters und als Aushilfe in einer Buchhaltung gesammelt, jedoch fehlten ihm entsprechende Befähigungsnachweise. Zudem sei sein Businessplan nicht überzeugend, und es fehle eine detaillierte Umsatz- und Ertragsvorschau. Auch die Finanzierung des Unternehmens sei nicht ausreichend gesichert, und es liege weder ein wirtschaftliches Interesse noch ein regionales Bedürfnis für die geplante Tätigkeit vor. Daher empfahl die IHK, den Antrag abzulehnen.
Auf Grundlage dieser Einschätzung lehnte die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 24. September 2020 ab. Dem Antragsteller wurde eine Frist von 30 Tagen zur Ausreise gesetzt, andernfalls drohe ihm die Abschiebung nach Israel. Da weder die Voraussetzungen des § 21 AufenthG erfüllt seien noch ein Nachweis über die Sicherung des Lebensunterhalts vorliege, könne keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.
Mangelhafter Businessplan führt zur Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
Nach der Ablehnung seines Antrags auf eine selbstständige Tätigkeit beantragte der Antragsteller im November 2020 eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer unselbstständigen Beschäftigung. Er legte zunächst eine Einstellungszusage als Lagerhelfer bei einer Firma vor. Die Ausländerbehörde leitete daraufhin das Verfahren zur Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ein, die jedoch die Zustimmung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Leiharbeitnehmer) verweigerte.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens legte der Antragsteller einen weiteren Antrag vor, diesmal für eine Beschäftigung als Bauhelfer bei einer anderen Firma. Auch hier verweigerte die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung mit der Begründung, dass auf dem lokalen Arbeitsmarkt genügend vorrangige Bewerber zur Verfügung stünden, sodass eine Vorrangprüfung negativ ausfiel. Diese Vorrangprüfung ist erforderlich, um sicherzustellen, dass keine bevorrechtigten Arbeitnehmer, wie deutsche Staatsangehörige oder EU-Bürger, für die Stelle zur Verfügung stehen. In diesem Fall stellte die Bundesagentur fest, dass 133 arbeitslose Bewerber für Helfertätigkeiten im Baugewerbe gemeldet waren, während lediglich 26 offene Stellen existierten.
Der Antragsteller argumentierte, dass sein potentieller Arbeitgeber seit Jahren erfolglos versuche, geeignete Arbeitskräfte zu finden. Der Arbeitgeber präzisierte, dass er den Antragsteller wegen dessen guter Vorbereitung eingestellt habe, trotz der fehlenden Stellenausschreibungen bei der Arbeitsagentur. Dies reichte jedoch nicht aus, um die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit zu beeinflussen.
Gerichtliche Entscheidung und Zusammenfassung
Der Antragsteller beantragte beim Gericht, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 24. September 2020 anzuordnen, sodass er während des laufenden Verfahrens in Deutschland bleiben könne. Dieser Antrag wurde jedoch vom Verwaltungsgericht abgelehnt.
Das Gericht stellte fest, dass der Antrag zulässig, aber unbegründet sei. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 21 AufenthG, da die kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Weder liege ein wirtschaftliches Interesse vor, noch lasse die geplante Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten. Zudem habe der Antragsteller nicht nachweisen können, dass die Finanzierung seines Unternehmens gesichert sei.
Auch der Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit sei unbegründet. Die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit sei zwingend erforderlich, und diese sei in beiden Fällen, sowohl als Lager- als auch als Bauhelfer, verweigert worden. Das Gericht sah keinen Anlass, die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit zu beanstanden, da genügend vorrangige Bewerber auf dem Arbeitsmarkt verfügbar seien.
In der Gesamtschau kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass weder ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch auf vorläufigen Rechtsschutz bestehe. Somit blieb der Antragsteller ausreisepflichtig, und die Abschiebungsandrohung blieb bestehen. Es wurden keine Abschiebungsverbote geltend gemacht, und die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung lagen vor.
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