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Ausländerrecht: Die Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis bei Trennung der Ehegatten zulässig

Verwaltungsgericht München, 22.02.2017, Az.: M 9 K 16.1135

Ehe berechtigt grundsätzlich zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis

Nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass sich der Ehegatte auf einfach Art und Weise auf Deutsch verständigen kann und volljährig ist. Eine weitere wesentliche Tatbestandsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist, dass die Ehe tatsächlich besteht und praktiziert wird, demnach, dass die Ehegatten eine eheliche Lebensgemeinschaft innerhalb eines gemeinsamen Haushalts führen.

Was passiert mit der Aufenthaltserlaubnis nach der Trennung?

Was regelt aber das Ausländerrecht, wenn sich die Ehegatten trennen? Der Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis kann gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 AufenthG nachträglich verkürzt werden, sofern eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich die Eheleute trennen (und damit ist nicht nur die Scheidung gemeint). Wenn die Ausländerbehörde also Kenntnis von der Trennung erlangt, ist sie normalerweise verpflichtet, dem nachgezogenen Ehegatten die Aufenthaltserlaubnis weg zu nehmen bzw. den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis zu verkürzen.

Im nachfolgend dargestellten Gerichtsverfahren klagte der Kläger gegen eine solche Verkürzung des Gültigkeitszeitraumes und er begehrte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft oder wegen einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis (eigenständiges Aufenthaltsrecht, § 31 AufenthG).

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

Getrennt lebender türkischer Ehemann klagt gegen Verkürzung seiner Aufenthaltserlaubnis

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wendet sich mit der Klage gegen die Verkürzung der Geltungsdauer der ihm zum Zwecke der Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Der Kläger reiste im Jahr 2008 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 15.02.2010 abgelehnt. Durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 18.03.2013 wurde die Ablehnung bestätigt.

Am 16.05.2013 heiratete er seine Frau S. und lebte mit ihr in deren Wohnung. Der Kläger beantragte daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs und erhielt diese am 19.11.2013 mit einer Befristung bis zum 18.11.2014. Diese wurde sodann zweimal verlängert, letztmalig bis zum 18.11.2016 wegen des Vorliegens einer ehelichen Gemeinschaft.

Im Jahr 2014 absolvierte der Kläger einen Alphabetisierungskurs und arbeitete vom 10.08.2015 bis zum 10.12.2015 als Verputzer. Weitere Tätigkeiten übte der Kläger während der Ehe nicht aus. Das Ehepaar lebte vom Gehalt der Frau S. sowie von Leistungen nach dem SGB.
Nach der Trennung lebte der Ehemann bei seinem Bruder.

Am 02.11.2015 meldete sich der Kläger in der Wohnung seines Bruders an, da das Paar sich im Mai 2015 (Erklärung gegenüber dem Jobcenter), am 17.10.2015 (Erklärung gegenüber der Polizei) oder am 02.11.2015 (Behördenakten) getrennt hatte.

Der Kläger unterließ es, einen Antrag auf Verlängerung der bis zum 18.11.2016 befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einen Antrag auf Neuerteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis zu stellen.

Die Ausländerbehörde verkürzt daraufhin die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis.

Mit Bescheid vom 02.02.2016 verkürzte die Beklagte die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich auf den 10.02.2016 (Ziff. 1). Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder die Neuerteilung eines Aufenthaltstitels aus anderen Gründen wurde abgelehnt (Ziff. 2). Der Kläger wurde zum Verlassen des Bundesgebiets innerhalb von dreißig Tagen nach Vollziehbarkeit des Bescheids aufgefordert (Ziff. 3). Für den Fall der schuldhaften und erheblichen Überschreitung der Ausreisefrist wurde angedroht, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu einem Jahr angeordnet werden könne (Ziff. 4). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung in die Türkei oder einen anderen zur Rücknahme bereiten bzw. verpflichteten Staat angedroht (Ziff. 5).

Ehemann klagt gegen den behördlichen Bescheid und die angedrohte Abschiebung

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage und beantragte die Aufhebung des Bescheids vom 02.02.2016 sowie die Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Hierzu führte er aus, dass die Verkürzung der Geltungsdauer der zum Zwecke der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilten Aufenthaltserlaubnis rechtswidrig sei, da die eheliche Lebensgemeinschaft nach kurzer Zeit wiederaufgenommen worden sei. Der Kläger wohne wieder in der gemeinsamen Wohnung und arbeite mittlerweile wieder als Verputzer.

Die Beklagte trug vor, dass ein Verlängerungsantrag oder ein Antrag auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorliege.

Urteil des Verwaltungsgerichts München:

Gericht urteilt, dass die Klage bereits unzulässig sei, da der Ehemann vorher keinen Antrag gestellt habe

Die Klage habe keinen Erfolg. Sie sei bereits unzulässig, da der Kläger keinen Antrag auf Verlängerung oder Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis gestellt habe. Daher komme es auf die Verkürzung nicht an, da die Aufenthaltserlaubnis spätestens seit dem 18.11.2016 regulär abgelaufen sei. Einen Antrag habe er nicht gestellt; insbesondere werde dies dadurch untermauert, dass er den von der Beklagten ausgehändigten Antrag erst am Ende der mündlichen Verhandlung unterschrieben habe.

Auch sei die Klage unbegründet, da der Kläger keinen Aufenthaltszweck mehr verwirklicht

Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, da er seit Oktober 2015 nicht mehr in ehelicher Lebensgemeinschaft lebe. Aufgrund dessen lägen die Voraussetzungen für die Verkürzung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor. Für die Erteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehle es, wie ausgeführt, bereits an einem entsprechenden Antrag. Da eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 AufenthG immer nur für einen bestimmten Zweck erteilt werde, handele es sich bei den unterschiedlichen Arten von Aufenthaltserlaubnissen um eigenständige Regelungsgegenstände (BVerwG, Urt. v. 09.05.2009 – 1 C 11.08). Deshalb sei ein Antrag bei der zuständigen Behörde nötig, wenn anstelle eines Aufenthaltsrechts nach § 28 AufenthG ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG begehrt werde.

Unabhängig davon sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mittlerweile seit siebzehn Monaten, also seit dem 07.02.2016, einer Beschäftigung nachgehe. Die Aufenthaltserlaubnis sei spätestens am 18.11.2016 und damit vor Ablauf der Jahresfrist einer ordnungsgemäßen Beschäftigung, Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, abgelaufen.

Daher sei die Klage abzuweisen.

Quelle: Verwaltungsgericht München

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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