Verwaltungsgericht Berlin, 6. Juni 2019, 35 K 240 18 V
Visumantrag für eine selbständige Tätigkeit als selbstständige Kosmetikerin in Deutschland
Die Klägerin, eine chinesische Staatsangehörige, beantragte im Jahr 2018 ein nationales Visum, um in Deutschland eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Sie wollte gemeinsam mit ihrer Mutter ein Massagestudio betreiben und das Angebot um Kosmetik- und Nageldesign erweitern. Das Studio wurde seit 2015 von der Mutter in der Stadt P. betrieben und bot verschiedene Wellnessmassagen an. Ziel der Klägerin war es, das Geschäft durch zusätzliche Dienstleistungen zu ergänzen und ihre Tätigkeit in Deutschland langfristig auszuweiten. Sie plante zudem, eine Ausbildung zur Heilpraktikerin zu absolvieren, um das Angebot des Studios später um medizinische Behandlungen zu erweitern.
Für ihren Visumantrag legte die Klägerin einen Gesellschaftsvertrag, einen Businessplan, ihre beruflichen Qualifikationen sowie Nachweise über finanzielle Mittel und eine Krankenversicherung vor. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen würde, wobei beide Gesellschafterinnen zur Hälfte am Unternehmen beteiligt wären. Die Klägerin selbst sollte 20.000 Euro in bar und 50.000 Euro an Sachwerten einbringen und als Geschäftsführerin tätig werden.
Ablehnung des Visumantrags durch das Generalkonsulat Shanghai
Das deutsche Generalkonsulat lehnte den Visumantrag jedoch am 28. September 2018 ab. Zur Begründung führte es an, dass weder ein wirtschaftliches Interesse noch ein regionales Bedürfnis für die von der Klägerin geplante Tätigkeit bestünde. Zudem sah es keine positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft und beurteilte die Finanzierung als nicht ausreichend gesichert. Diese Entscheidung basierte auf der Einschätzung der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK), die ebenfalls Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit des Vorhabens geäußert hatte. Die Beigeladene, die für das Visum zuständig war, verweigerte daher ihre Zustimmung.
Mit ihrer Klage, die die Klägerin am 1. Oktober 2018 erhob, versuchte sie weiterhin, die Erteilung des Visums zu erreichen. Sie argumentierte, dass sie über umfangreiche berufliche Erfahrung als Kosmetikerin, Nageldesignerin und Masseurin verfüge. Zudem sei sie bereits seit mehreren Jahren selbständig in ihrem Beruf in China tätig und habe das notwendige unternehmerische Know-how, um auch in Deutschland erfolgreich ein Unternehmen zu führen. Sie hob außerdem hervor, dass es in der Region nur wenige ähnliche Anbieter gäbe, was für die Tragfähigkeit ihres Geschäftskonzepts spreche.
Gericht sah ebenfalls kein wirtschaftliches oder regionales Bedürfnis
Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Klägerin ab. Es führte aus, dass die Ablehnung des Visumantrags durch das Generalkonsulat rechtmäßig sei und die Klägerin keinen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Visums habe. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), die für die Erteilung eines Visums zur selbständigen Tätigkeit erfüllt sein müssen, im Fall der Klägerin nicht vorlägen. Insbesondere sah das Gericht weder ein wirtschaftliches Interesse noch ein regionales Bedürfnis an der Tätigkeit der Klägerin.
Ein wirtschaftliches Interesse im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn die geplante Tätigkeit zu wesentlichen Investitionen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt. Das Gericht sah jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass durch das Vorhaben der Klägerin in nennenswertem Umfang Arbeitsplätze geschaffen würden. Aus den vorgelegten Unterlagen ging hervor, dass das Studio der Mutter der Klägerin nur zwei geringfügig Beschäftigte hatte, und diese Arbeitsplätze waren bereits entfallen. Die Klägerin hatte zwar in ihrem Businessplan angedeutet, dass zusätzliche Mitarbeiter, möglicherweise aus dem medizinischen Bereich, eingestellt werden könnten, doch blieb dies für das Gericht zu vage. Es sah keine konkrete Prognose für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Auch die Höhe des von der Klägerin geplanten Kapitaleinsatzes war nach Ansicht des Gerichts zu gering. Zwar hatte der Gesetzgeber in der Vergangenheit die Hürden für die Erteilung eines Visums zur selbständigen Tätigkeit gesenkt, dennoch sei ein gewisses Maß an Investitionen notwendig, um ein wirtschaftliches Interesse zu begründen. Der von der Klägerin vorgesehene Kapitaleinsatz von umgerechnet weniger als 1.000 Euro pro Monat wurde als nicht ausreichend bewertet.
Chinesin habe auch keine unternehmerische Erfahrung und keine Deutschkenntnisse
Neben den unzureichenden Investitionen und der fehlenden Arbeitsplatzschaffung sah das Gericht auch die unternehmerische Erfahrung der Klägerin als unzureichend an. Zwar hatte sie in China als Kosmetikerin und Nageldesignerin gearbeitet, jedoch hatte sie bisher keine Leitungserfahrung in einem vergleichbaren Betrieb. Die Angabe, dass sie seit 2014 selbständig in ihrem Beruf tätig sei, stellte sich im Verlauf des Verfahrens als Missverständnis heraus. Tatsächlich hatte sie lediglich ein Bekleidungsgeschäft in China betrieben, was nach Ansicht des Gerichts nicht mit der Führung eines Dienstleistungsbetriebs wie eines Massagestudios oder Kosmetikstudios vergleichbar sei.
Ein weiterer Punkt, der gegen die Erteilung des Visums sprach, waren die begrenzten Deutschkenntnisse der Klägerin. Sie konnte lediglich das Sprachzertifikat für das Niveau A1 vorlegen, was aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend war, um ein Unternehmen in Deutschland zu führen. Auch für die geplante Ausbildung zur Heilpraktikerin, die die Klägerin angestrebt hatte, wären deutlich bessere Deutschkenntnisse notwendig gewesen, um die Prüfungen erfolgreich zu bestehen. Das Gericht bezweifelte, dass die Klägerin in absehbarer Zeit die notwendigen Sprachkenntnisse erwerben und gleichzeitig das Unternehmen führen könnte.
Schließlich sah das Gericht auch keinen Beitrag der Klägerin zu Innovation und Forschung, der einen zusätzlichen Grund für die Visumerteilung hätte darstellen können. Das geplante Geschäftskonzept – die Kombination von Massagen, Kosmetik und Nageldesign – sei nicht innovativ, sondern entspreche gängigen Angeboten in der Region. Es sei weder technisch noch in anderer Hinsicht zukunftsweisend. Die Ausbildung zur Heilpraktikerin, die die Klägerin in Zukunft absolvieren wollte, sei zwar ein wertvoller Zusatz, könne jedoch im Moment nicht als ausschlaggebender Faktor berücksichtigt werden, da die Klägerin noch keine entsprechende Qualifikation besaß.
Insgesamt entschied das Gericht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums zur selbständigen Tätigkeit nicht erfüllt seien und wies die Klage der Klägerin ab.
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin
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