Ausländerrecht: Identitätsnachweis bei eritreischen Staatsangehörigen

Verwaltungsgericht Hamburg, 17.01.2024, Az.: 19 K 1924/23

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

Kläger war aus Eritrea und wollte eingebürgert werden

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.  Der Kläger war nach eigenen Angaben in Eritrea geboren worden und eritreischer Staatsangehöriger. Er war im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Mit Schreiben vom 01.12.2023 hatte der Kläger seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband gemäß § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StAG (sogenannte Anspruchseinbürgerung).

Als Identitätsnachweis reichte der Kläger seine Taufurkunde und seinen Reiseausweis für Flüchtlinge ein

Nach § 10 Abs. 1 S. 1 StAG ist ein Ausländer einzubürgern, wenn unter Anderem seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind. Dies ist bei eritreischen Staatsangehörigen grundsätzlich schwierig. Am 17.01.2023 übersandte der Kläger das ausgefüllte Antragsformular. Zum Nachweis seiner Identität fügte der Kläger die Kopie eines „Certificate of Baptism“ (Taufurkunde) der Catholic Eparchy of Segeneity Eritrea dem Antrag ebenso bei wie eine Kopie seines Reiseausweises für Flüchtlinge.

Nach mehreren Monaten reicht der Kläger Untätigkeitsklage ein

Am 05.05.2023 erhob der Kläger die vorliegende Klage unter Hinweis darauf, dass er alle erforderlichen Unterlagen bei der Beklagten eingereicht habe und die Voraussetzungen für die Einbürgerung nach § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StAG vorlägen und die Beklagte unter Missachtung der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO gleichwohl nicht über den Antrag entschieden habe. Für den Nachweis der Identität sei die Vorlage der Taufurkunde ausreichend. Andere Unterlagen lägen ihm nicht vor und seien auch nicht in zumutbarere Weise beschaffbar. Die Beschaffung eines eritreischen Passes sei an unzumutbare Bedingungen, unter anderem die Abgabe einer Reueerklärung, geknüpft, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2022 (BVerwG 1 C 9.21) ergebe. Es sei daher die zweite Stufe des 4-Stufen-Modells nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzuwenden. Auf dieser Stufe sei die Vorlage der Taufurkunde ausreichend.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg

VG Hamburg entscheidet gegen den Kläger

Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied nun, dass die Klage unbegründet sei. Der Kläger hat keinen Anspruch auf seine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StAG. Es fehle an der tatbestandlichen Voraussetzung der erforderlichen Klärung der Identität des Klägers.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG setze die Einbürgerung unter anderem voraus, dass die Identität des Ausländers geklärt sei. Das Merkmal der Identitätsklärung diene gewichtigen sicherheitsrechtlichen Belangen der Bundesrepublik Deutschland.

Nachweis der Identitätsprüfung erfolgt im sogenannten 4 Stufen Modell

Ausländerbehörde Identitätsprüfung Einbürgerung Aufenthaltserlaubnis Niederlassungserlaubnis

Den Nachweis seiner Identität habe der Kläger weder mittels Vorlage eines Passes, anerkannten Passersatzes oder eines anderen amtlichen Identitätsdokuments des Herkunftslandes mit Lichtbild geführt (Stufe 1), da er nach eigenen Angaben nicht über ein solches Dokument verfügt.

Der vom Kläger eingereichte Reiseausweis für Flüchtlinge besitze diese Qualität nicht. Er entfalte keine Bindungswirkung hinsichtlich der angegebenen Personalien.

Der Nachweis seiner Identität auf der Stufe 2 sei dem Kläger verwehrt. Denn ausgehend von den oben genannten Grundsätzen sei im Fall des Klägers ein Übergang von der ersten Stufe (Vorlage von Identitätsdokumenten oder sonstigen amtlichen Urkunden) zur nachgelagerten zweiten Stufe (sonstige Beweismittel) nicht zulässig.

Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachgekommen

Seiner Initiativ- und Mitwirkungspflicht sei der Kläger vielmehr bisher überhaupt nicht nachgekommen. Er habe keine eigenen Bemühungen unternommen, um seine Identität nachzuweisen, sondern sich von Beginn an einzig und allein auf den angeblichen Beweisnotstand berufen. So habe er weder auf sonstige Weise eine behördliche Bescheinigung über seine Identität (z.B. durch die Behörden in seinem Heimatland) zu erhalten noch habe er versucht, Kontakt zur eritreischen Botschaft aufzunehmen. Der Kläger habe bislang auch sonst keinerlei Schritte unternommen, um in Erfahrung zu bringen, was in seinem konkreten Fall möglich und notwendig sei, um gegebenenfalls einen Identitätsnachweis von seinem Herkunftsland zu erreichen.

Er habe von sich aus nichts initiiert, um seine Identität zu klären. Der Kläger habe sich bisher in keiner Weise bemüht. Er habe überhaupt keine Anstrengungen unternommen und sich an niemanden gewandt, um irgendetwas über einen Identitätsnachweis herauszufinden. Er habe daher nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare getan, um Dokumente zum Nachweis seiner Identität zu erlangen. Deshalb könne er sich nicht auf eine Beweisnot berufen.

Der Kläger habe auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, warum es ihm nicht zumutbar sein sollte, Kontakt mit den eritreischen Behörden in seiner Heimat aufzunehmen. Im Übrigen entfalle selbst bei anerkannten Flüchtlingen die Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit nicht; dabei gehöre insoweit gegebenenfalls auch eine erforderliche persönliche Vorsprache des Einbürgerungsbewerbers bei der zuständigen Auslandsvertretung zu den grundsätzlich objektiv gerechtfertigten und daher zumutbaren Verfahrensanforderungen

Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger der Nachweis seiner Identität auf der Stufe 2 mangels Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht nicht zugänglich.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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