Ausländerrecht: Kläger beantragte Visum für die Tätigkeit als Geschäftsführer einer Augenzentrum GmbH

VG Berlin, 23.02.2018, Az.: 3 K 769.16 V

Hintergrund des Falls: Armenischer Kläger und Familienverbindungen nach Deutschland

Der Kläger, ein armenischer Staatsangehöriger, wurde 1976 geboren und war bis Ende 2014 Mitglied der armenischen Polizei. Er ist mit einer armenischen Staatsangehörigen verheiratet, und das Paar hat zwei Kinder, die 2002 und 2009 geboren wurden. Eine besondere Verbindung zur Bundesrepublik Deutschland besteht durch den Bruder des Klägers, der seit 1996 in Deutschland lebt und mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Der Bruder ist ein niedergelassener Facharzt für Augenheilkunde und leitet seit 2007 ein Augenzentrum, das mittlerweile an mehreren Standorten tätig ist und zahlreiche Mitarbeiter beschäftigt.

Der Kläger erhielt in der Vergangenheit wiederholt Schengen-Visa, die von der deutschen Botschaft in Eriwan erteilt wurden. Doch 2014 lehnte die Botschaft einen Antrag des Klägers auf ein Schengen-Visum ab, da Zweifel an seiner Rückkehrwilligkeit bestanden. Im Jahr 2015 stellte die Ehefrau des Klägers einen Antrag auf ein nationales Visum, um als Ärztin im Augenzentrum des Bruders tätig zu werden. Dieser Antrag wurde ebenso wie weitere Anträge des Klägers und seiner Kinder abgelehnt, da die Frau nicht über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügte.

Der Visumantrag und der Geschäftsführervertrag

Im Mai 2016 gründete der Bruder des Klägers eine neue Gesellschaft, die MVZ Augenzentrum GmbH, in der er als alleiniger Gesellschafter fungierte. Im selben Monat wurde ein unbefristeter Geschäftsführervertrag zwischen der Gesellschaft und dem Kläger geschlossen, der den Kläger als zweiten Geschäftsführer neben seinem Bruder einsetzte. Im Juli 2016 stellte der Kläger bei der deutschen Botschaft einen Antrag auf ein nationales Visum zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit als Geschäftsführer in der Gesellschaft seines Bruders. Um diesen Antrag zu unterstützen, legte er Dokumente vor, darunter ein Diplom als Zahntechniker, ein Praktikumszertifikat im Bereich Augenheilkunde sowie einen Nachweis über seine Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1.

Trotz dieser Unterlagen lehnte die deutsche Botschaft den Antrag ab. Sie begründete dies mit der Annahme, dass der Geschäftsführervertrag aus Gefälligkeit geschlossen worden sei und der Kläger nicht die notwendigen Qualifikationen besitze, um die Aufgaben eines Geschäftsführers erfolgreich auszuführen. Insbesondere fehlten Nachweise über einschlägige Berufserfahrung, und auch die Sprachkenntnisse des Klägers wurden als unzureichend angesehen.

Klage des armenischen Staatsangehörigen gegen die Ablehnung

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger im November 2016 Klage vor dem Verwaltungsgericht. In seiner Klageschrift führte der Kläger an, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer von erheblichem wirtschaftlichem Interesse sei und positive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben würde. Das Augenzentrum seines Bruders sei in kurzer Zeit stark gewachsen, und es bestehe Bedarf an einem strukturierten Verwaltungsapparat. Der Kläger argumentierte, dass seine familiäre Beziehung zu seinem Bruder und das damit verbundene Vertrauen ein Vorteil für die Geschäftsführung darstellten.

Zudem behauptete der Kläger, dass kaufmännische und unternehmerische Fähigkeiten keine rechtliche Voraussetzung für die Bestellung zum Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung seien. Er betonte auch, dass er über medizinische Kenntnisse verfüge, die ihm bei der Tätigkeit im Augenzentrum helfen würden. Darüber hinaus hob er hervor, dass er bereits Erfahrungen als Unternehmer in Armenien gesammelt habe, indem er medizinisches Personal vermittelt habe. Der Kläger beantragte, die Entscheidung der Botschaft aufzuheben und ihm das beantragte Visum zu erteilen.

Argumentation der Beklagten und gerichtliche Prüfung

Die Beklagte – die Bundesrepublik Deutschland – argumentierte, dass der Kläger die Voraussetzungen für ein nationales Visum nicht erfülle. Es wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Geschäftsführervertrag vermutlich um eine formale Vereinbarung handelte, die lediglich den Zweck verfolge, dem Kläger einen Aufenthaltstitel zu verschaffen. Die tatsächlichen Qualifikationen und Sprachkenntnisse des Klägers reichten aus Sicht der Beklagten nicht aus, um die anspruchsvolle Tätigkeit als Geschäftsführer auszuüben. Der berufliche Werdegang und die bisherigen Visumanträge des Klägers deuteten darauf hin, dass ein anderer Aufenthaltszweck verfolgt werde.

Das Gericht nahm umfangreiche Ermittlungen vor und hörte den Bruder des Klägers informatorisch an. Dabei wurden unter anderem die Visumsvorgänge des Auswärtigen Amtes und Eintragungen im Handelsregister der Gesellschaft geprüft. Im Ergebnis stellte das Gericht fest, dass der Kläger weder einen Anspruch auf das begehrte Visum noch auf eine Neubescheidung seines Antrags habe.

Urteil des Verwaltungsgerichts: Kein Anspruch auf das beantragte Visum

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des armenischen Staatsangehörigen ab. Nach Ansicht des Gerichts erfüllte der Kläger nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes, wonach ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis vorliegen müsse, um ein Visum für eine selbstständige Tätigkeit zu erhalten. Es wurde festgestellt, dass der Kläger keine eigenen Investitionen in die Gesellschaft tätigte und seine Tätigkeit als Geschäftsführer keine signifikanten positiven Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft erwarten ließ.

Auch die Sprachkenntnisse des Klägers auf Niveau A1 und seine bisherigen beruflichen Erfahrungen wurden als nicht ausreichend angesehen, um die anspruchsvolle Tätigkeit als Geschäftsführer in einer spezialisierten medizinischen Einrichtung auszuüben. Das Gericht betonte, dass es insbesondere an einer tragfähigen Geschäftsidee oder einem nennenswerten Kapitaleinsatz fehlte, was nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes für die Erteilung eines Visums erforderlich sei.

Zusammenfassend entschied das Gericht, dass der Kläger nicht nachweisen konnte, dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer einen relevanten Beitrag zur deutschen Wirtschaft leisten würde. Die Klage wurde daher abgewiesen, und der Kläger erhielt kein Visum zur Aufnahme der beantragten Tätigkeit.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

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