Verwaltungsgericht Berlin, 15.03.2012, 35 K 468.10 V
Gemäß § 6 Abs.1 AufenthG können einem Ausländer nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen oder ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen bewilligt werden.
Dazu muss jedoch der Zeck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts durch den Drittstaatsangehöriger belegt werden und es darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu befürchten sein. Ein Risiko für die öffentliche Ordnung ist jedenfalls auch dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Antragssteller nach Gewährung des Visums und vor dessen Ablauf nicht aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates ausreist.
Daher ist bei Antragsprüfung zu beurteilen, ob das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht. Mit dieser Problematik beschäftigt sich nachstehendes Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart und stellt zudem fest, dass die Angabe eines Datums innerhalb des Visumsantrages kein feststehendes Kriterium sei, weswegen sich das Klagebegehren bei Ablauf des angegeben Datums nicht erledigt habe. Vielmehr wolle der Kläger zur generellen Visumserteilung verpflichten. Außerdem kommt das Gericht zu dem Schluss, dass das Begehren auf Erteilung eines räumlich beschränkten Visums im Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums als „Minus“ enthalten sei. Sind die Voraussetzungen zur Erteilung eines einheitlichen Visums nicht gegeben, ist daher noch immer zu prüfen, ob die Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit in Betracht kommt.
Einleitung und Sachverhalt – Schengenvisum abgelehnt wegen fehlender Rückkehrbereitschaft
Der Kläger, ein pakistanischer Staatsbürger, begehrte die Erteilung eines Schengen-Visums, um seinen in Deutschland lebenden Vater und jüngeren Bruder zu besuchen. Der Kläger ist unverheiratet, kinderlos und arbeitete in Pakistan seit 2009 in der Verwaltung eines privaten Unternehmens. Er verfügte dort über ein regelmäßiges Einkommen und besaß zwei Festgeldkonten. Sein Vater, der seit mehreren Jahren in Deutschland lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, hatte sich verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt und die Ausreise des Klägers zu übernehmen.
Im Juni 2010 beantragte der Kläger ein Schengen-Visum für einen Besuchszeitraum von einem Monat. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, da die deutsche Botschaft in Islamabad Zweifel an der Rückkehrbereitschaft des Klägers äußerte. Auch das anschließende Remonstrationsverfahren blieb erfolglos. Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin.
Klagebegründung und Antrag – Kläger macht starke Bindungen im Heimatland geltend
Der Kläger argumentierte, dass er keine Absicht habe, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, und führte seine familiären und wirtschaftlichen Bindungen in Pakistan als Belege für seine Rückkehrwilligkeit an. Er beantragte, die Ablehnungsbescheide aufzuheben und ihm das begehrte Visum zu erteilen.
Die Beklagte (Bundesrepublik Deutschland) beantragte die Abweisung der Klage. Sie verwies auf die bereits im Remonstrationsbescheid angeführten Gründe und betonte die bestehenden Zweifel an der Rückkehrbereitschaft des Klägers, insbesondere im Hinblick auf die familiäre Situation.
Rechtliche Bewertung des Gerichts
Das Verwaltungsgericht Berlin erklärte die Klage für zulässig, jedoch unbegründet. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Schengen-Visums habe. Entscheidungsgrundlage sei § 6 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (Visakodex). Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums nicht, da Zweifel an seiner Rückkehrbereitschaft bestanden.
Zweifel an der Rückkehrbereitschaft
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Rückkehrbereitschaft des Klägers sprachen. Obwohl der Kläger in Pakistan wirtschaftlich verwurzelt sei, fehle es an einer ausreichenden familiären Verwurzelung. Insbesondere lebten die Kernfamilie des Klägers – sein Vater und jüngerer Bruder – bereits in Deutschland. Die laufenden Bemühungen seiner Mutter, ebenfalls nach Deutschland nachzuziehen, wurden als weiteres Indiz für die mangelnde Rückkehrbereitschaft des Klägers gewertet.
Berücksichtigung von Grundrechten
Das Gericht wies darauf hin, dass der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im vorliegenden Fall keine entscheidende Rolle spiele. Diese Grundrechte könnten zwar bei der Entscheidung über die Erteilung eines Visums berücksichtigt werden, jedoch sei dies nur im Rahmen der Erteilung eines räumlich beschränkten Visums relevant. Da auch die Voraussetzungen für ein solches Visum nicht erfüllt seien, sei die Ablehnung des Antrags rechtmäßig.
Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit
Das Gericht betonte, dass die Ablehnung des Visums nicht unverhältnismäßig sei. Der Kläger sei zur Aufrechterhaltung des familiären Kontakts nicht zwingend auf einen Besuch in Deutschland angewiesen. Der Vater und der Bruder könnten ihn ebenso gut in Pakistan besuchen oder den Kontakt über andere Kommunikationsmittel pflegen. Diese Alternativen seien der Familie angesichts des Alters des Klägers und seines jüngeren Bruders zumutbar.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass die Klage unbegründet sei und der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Schengen-Visums habe. Die Zweifel an seiner Rückkehrbereitschaft sowie die ausreichenden Alternativen zur Pflege des familiären Kontakts rechtfertigten die Ablehnung seines Visumantrags.
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin
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