Oberverwaltungsgericht NRW, 19 A 2379/18, 10.12.2020
Die Einbürgerung Ausländer in den deutschen Staatsverband regelt das Staatsangehörigkeitsgesetz. Dieses setzt hierfür gewisse Anforderungen an den Ausländer voraus, nämlich unter anderem die Vorweisung ausreichender Deutschkenntnisse. Dies ist bei Erwerb des Zertifikat Deutsch (B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form der Fall.
Update: Im August 2021 gab es eine Änderung im Staatsangehörigkeitsrecht, so dass der Terminus „in mündlicher und schriftlicher Form“ gestrichen wurde. Auch aufgrund der Neufassung des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2024 würde der hier besprochene Fall wohl heute anders entschieden werden.
Im vorliegenden Fall hatte ein Einbürgerungsbewerber dieses Zertifikat mit Niveau B1 in mündlicher, hingegen aber mit Niveau A2 in schriftlicher Form erworben, weshalb die Einbürgerung verweigert wurde und auch das Verwaltungsgericht nach Erhebung der Klage dies bestätigte. Auf Grund dessen wendete der Kläger sich dem Oberverwaltungsgericht NRW zu, welches seine zulässige Berufung aus denselben Gründen abwies.
1. Einleitung und Sachverhalt des Falles
Der Kläger, ein in Syrien geborener Mann, reiste erstmals 1990 nach Deutschland ein, wurde jedoch 1995 abgeschoben. 2003 kehrte er mit seiner deutschen Ehefrau und seinen zwei Kindern zurück und erhielt eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die später in eine Niederlassungserlaubnis umgewandelt wurde. Aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen bezog der Kläger eine Erwerbsminderungsrente. 2013 stellte er einen Antrag auf Einbürgerung, wobei die Beklagte dies mit der Begründung ablehnte, dass der Kläger islamistische Tendenzen aufweise und unzureichende Sprachkenntnisse habe.
2. Ablehnung der Einbürgerung durch die Beklagte
Die Beklagte lehnte den Einbürgerungsantrag des Klägers 2015 ab. Sie begründete dies damit, dass er zur politisch-salafistischen Szene gehöre und als Gründungsmitglied eines islamischen Vereins auftrat, der extremistische Ziele verfolge. Darüber hinaus konnte der Kläger nicht die notwendigen Sprachkenntnisse nachweisen, die für eine Einbürgerung gemäß § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) erforderlich sind.
3. Rechtliche Auseinandersetzung und Klage
Der Kläger erhob daraufhin Klage mit der Begründung, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Sprachvoraussetzungen zu erfüllen. Der Ausschlusstatbestand gemäß § 11 StAG aufgrund verfassungsfeindlicher Bestrebungen sei unzutreffend und die Vorwürfe unbegründet. In der ersten Instanz wies das Verwaltungsgericht die Klage ab, da der Kläger nicht die geforderten Sprachkenntnisse nachweisen konnte.
4. Berufung des Klägers und erneuter Sprachtest
In der Berufung legte der Kläger einen neuen Sprachtest vor, bei dem er das Niveau B1 erreichte, jedoch nur im Bereich „Hören/Lesen“ und „Sprechen“. Im Bereich „Schreiben“ erreichte er lediglich das Niveau A2. Er argumentierte, dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen es ihm unmöglich machten, an einem Sprachkurs teilzunehmen. Die Beklagte hielt jedoch an ihrer Ablehnung fest, da der Kläger weiterhin nicht die schriftlichen Sprachvoraussetzungen auf B1-Niveau erfüllt hatte.
5. Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und wies die Berufung des Klägers ab. Es entschied, dass der Kläger die notwendigen Deutschkenntnisse nicht nachgewiesen habe, insbesondere im Bereich „Schreiben“. Die Behauptung, dass er aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage sei, die Sprachkenntnisse zu erwerben, wurde ebenfalls abgelehnt, da die vorgelegten ärztlichen Atteste dies nicht hinreichend belegten.
6. Schlussfolgerung und Rechtsfolgen
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG, da er die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht in vollem Umfang nachweisen konnte und die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ausreichend belegt waren, um eine Ausnahme zu rechtfertigen. Zudem konnte er die Vorwürfe extremistischer Tendenzen nicht widerlegen, was einen weiteren Hinderungsgrund darstellt.
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