Ausländerrecht: Trotz Maßregelung der Besserung und Sicherung Einbürgerung möglich
Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, 23.01.2017, Az.: 5 B 16.1007
Nach § 10 Abs. 1 StAG ist ein Ausländer, der fünf acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn die in den Nummern 1 bis 7 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Hierbei ist zu beachten, dass in § 10 StAG festgelegten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Nur bei Vorliegen aller Merkmale hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Einbürgerung in den deutschen Staatenverbund. Bei der Voraussetzung der Straffreiheit ist die Unbeachtlichkeitsgrenze des § 12a Abs. 1 S. 1 StAG zu berücksichtigen, wonach unter anderem nach Nr. 2 Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben. Ebenso können Maßregelungen zur Sicherung und Besserung unberücksichtigt bleiben.
Der Kläger begehrt durch die nachstehende Entscheidung die Einbürgerung in den deutschen Staatenverbund. Das dem Sachverhalt zugrundeliegende Problem ist die Frage um die Berücksichtigung von Bagatellverurteilungen im Rahmen der Ermessensausübung der Behörde.
Sachverhalt des Falls
Der Kläger, ein brasilianischer Staatsangehöriger, beantragt die Einbürgerung in Deutschland. Er kam 2002 zum Studium nach Deutschland, arbeitete als Tänzer und betrieb ein Café. Der Kläger wurde im Jahr 2012 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, was er bei seinen Einbürgerungsanträgen verschwieg. Dies führte zu einer weiteren Verurteilung wegen Erschleichens der Einbürgerung.
Ablehnung des Einbürgerungsantrags durch die Behörde
Die Beklagte lehnte den Einbürgerungsantrag ab und verwies auf § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StAG. Obwohl die Verurteilungen als Bagatellstrafen galten, sah die Behörde die Maßregel der Besserung und Sicherung als entscheidend an. Der Kläger erhob daraufhin Klage gegen diese Entscheidung.
Gerichtliche Auseinandersetzung im Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab und stützte sich auf die Ermessensentscheidung der Beklagten. Es argumentierte, dass die Maßregel der Besserung und Sicherung im Einbürgerungsverfahren berücksichtigt werden müsse, auch wenn die strafrechtlichen Verurteilungen Bagatellcharakter hätten.
Berufungsentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied zugunsten des Klägers und hob das Urteil des Verwaltungsgerichts auf. Das Gericht stellte fest, dass die Verurteilungen des Klägers nach § 12a Abs. 1 StAG wegen ihres Bagatellcharakters außer Betracht bleiben müssen und die Maßregel der Besserung und Sicherung im Einbürgerungsverfahren nicht relevant ist.
Unterscheidung von Strafe und Maßregel im Einbürgerungsrecht
Das Gericht hob hervor, dass Maßregeln der Besserung und Sicherung, die zusätzlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung angeordnet wurden, nicht in die Entscheidung über die Einbürgerung einfließen dürfen. Nur solche Maßregeln, die aufgrund von Schuldunfähigkeit angeordnet wurden, sind gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StAG relevant.
Schlussfolgerung und Urteil
Das Gericht entschied, dass der Kläger Anspruch auf Einbürgerung hat, da die gegen ihn verhängten Maßnahmen nicht berücksichtigt werden dürfen. Damit wurde die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben, und der Kläger erhält die Einbürgerung.
Insgesamt sei daher die Berufung begründet. Der Kläger habe einen Anspruch auf Einbürgerung.
Quelle: Verwaltungsgericht Hannover
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.
Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de
Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht