Ausländerrecht: Unternehmer wollte in Deutschland eine GmbH für die Verlegung von Industrieböden und Gebäudewartung gründen.

Verwaltungsgericht Berlin, Entscheidung vom 05.03.2021, Az.: 4 K 178.18 V

Sachverhalt und Hintergrund des Falls

Der Kläger, ein 50 Jahre alter syrischer Staatsangehöriger, der seinen Wohnsitz im Königreich Saudi-Arabien hat, beantragte ein Visum zur Ausübung einer Tätigkeit im Bereich der Instandhaltung von Industriefußböden und Gebäuden in Deutschland. Zuvor hatte er in den Jahren 2014, 2015 und 2017 bereits Schengen-Visa erhalten, um seinen Bruder in Duisburg zu besuchen. Am 7. November 2017 reichte er bei der deutschen Botschaft in Riad einen Antrag auf ein Arbeitsvisum ein. Er legte einen Arbeitsvertrag mit der L… GmbH in Duisburg vor, in dem er als „Planning + Business Development Manager“ eingestellt werden sollte. Seine Aufgaben sollten die „Vorbereitung des Geschäftsplans, Training des Arbeitsteams und Entwicklung der Geschäftsmöglichkeiten“ umfassen, bei einem Stundenlohn von 30 Euro und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden.

Interessanterweise wurde die L… GmbH erst im August 2017 gegründet. Anteile an der Gesellschaft hielten der Kläger (50 %), seine Ehefrau (45 %) sowie die Ehefrau seines Bruders, die auch Geschäftsführerin der GmbH war (5 %). Zudem gab der Kläger an, seit 2013 als „Chief Executive Officer“ in einem saudi-arabischen Unternehmen tätig zu sein, das industrielle Fußbodensysteme herstellt. Neben innerbetrieblichen Fortbildungsnachweisen legte er Bildungsabschlüsse aus Syrien vor, darunter einen Magisterabschluss in Betriebswirtschaft von 2009 und einen Bachelorabschluss in Englisch aus dem Jahr 2003. Weiterhin reichte er Kontoauszüge und Grundbuchnachweise ein, die zeigen sollten, dass er in Deutschland ein Grundstück erworben habe.

Ablehnung des Visumantrags

Am 18. April 2018 lehnte die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung zur Erteilung des Visums ab. Die Behörde argumentierte, dass nicht klar sei, ob der Kläger als Geschäftsführer der GmbH tätig werden solle. Außerdem fehlte es an einem Businessplan und dem Nachweis der beruflichen Qualifikationen, die für eine selbständige Tätigkeit erforderlich wären. Für eine abhängige Beschäftigung sei eine Arbeitsgenehmigung notwendig, die jedoch aufgrund der vom Kläger geplanten gleichzeitigen Beibehaltung seines Arbeitsplatzes in Saudi-Arabien nicht plausibel sei. Schließlich stellte die Behörde fest, dass der Kläger nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfüge, die vor der Einreise zu erwarten seien.

Am 19. April 2018 folgte die deutsche Botschaft in Riad der Einschätzung der Bundesagentur und lehnte den Antrag ab. Der Kläger reichte daraufhin im Mai 2018 Klage beim Verwaltungsgericht ein, um das Visum zu erhalten. Er argumentierte, dass er nur einen kleinen Beratungsvertrag von zwei Stunden monatlich bei seinem bisherigen Arbeitgeber in Saudi-Arabien aufrechterhalten wolle. Er habe immer rechtzeitig Deutschland wieder verlassen, seine Qualifikationen nachgewiesen und bereits mit dem Erlernen der deutschen Sprache begonnen. Zudem besitze er Vermögenswerte in Deutschland, die ihm eine solide wirtschaftliche Grundlage bieten würden.

Gerichtliche Prüfung der Rechtslage

Das Verwaltungsgericht prüfte den Fall unter verschiedenen Gesichtspunkten. Der Kläger hatte einen Antrag auf Erteilung eines Visums zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 21 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestellt. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer ein Visum erteilt werden, wenn ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis für die selbständige Tätigkeit besteht, die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und die Finanzierung der Geschäftsidee gesichert ist. Darüber hinaus ist die Beurteilung der Tragfähigkeit der Geschäftsidee, der unternehmerischen Erfahrungen des Klägers und des Kapitaleinsatzes von Bedeutung.

In diesem Fall stellte das Gericht fest, dass der vorgelegte Businessplan des Klägers unzureichend war. Der Businessplan enthielt vor allem Allgemeinplätze und bot keine soliden Informationen, um eine positive wirtschaftliche Prognose zu stellen. Zudem konnte der Kläger nicht überzeugend nachweisen, dass er über die erforderliche Qualifikation für die Leitung eines Unternehmens im Bereich der industriellen Fußbodeninstandhaltung verfügte. Obwohl er mehrere Nachweise über Fortbildungen und Abschlüsse vorlegte, fehlte ein detaillierter Nachweis über seine tatsächliche berufliche Erfahrung als Geschäftsführer. Zudem bestanden Zweifel an der Existenz des von ihm angegebenen saudi-arabischen Unternehmens, für das er angeblich arbeitete. All diese Mängel führten dazu, dass das Gericht den Antrag auf ein Visum für eine selbständige Tätigkeit ablehnte.

Ablehnung auch für abhängige Beschäftigung

Der Kläger hatte darüber hinaus keinen Anspruch auf ein Visum zur Ausübung einer abhängigen Beschäftigung gemäß § 18 AufenthG. Diese Vorschrift setzt voraus, dass ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt und – falls erforderlich – die Bundesagentur für Arbeit zustimmt. Der Arbeitsvertrag des Klägers mit der L… GmbH war zwar vorhanden, jedoch hatte die GmbH ihre Geschäftstätigkeit noch nicht aufgenommen. Es war unklar, ob das Unternehmen in der Lage wäre, das vereinbarte Gehalt von 30 Euro pro Stunde zu zahlen. Das Gericht schloss daraus, dass die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens nicht gewährleistet sei. Da die L… GmbH offensichtlich von der Einreise und Tätigkeit des Klägers abhängig war, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die beantragte Aufenthaltserlaubnis als Umgehung der Anforderungen für eine selbständige Tätigkeit angesehen werden musste.

Das Gericht berücksichtigte auch die Stellungnahme der Handwerkskammer Düsseldorf, die darauf hinwies, dass es in Duisburg keinen Bedarf an weiteren Unternehmen gebe, die die vom Kläger geplanten Tätigkeiten ausführen. In der Region seien bereits ausreichend Betriebe für Fußbodenarbeiten, Maler- und Lackierarbeiten sowie Klempnerarbeiten tätig. Dies sprach ebenfalls gegen die Erteilung eines Visums, da kein regionales Bedürfnis für die Tätigkeit des Klägers bestand.

Zusammenfassend entschied das Gericht, dass der Kläger weder die Voraussetzungen für ein Visum zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit noch für ein Visum zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung erfüllte. Auch seine Altersvorsorge, die durch eine Rentenversicherung in Syrien gedeckt werden sollte, war nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend. Der Kläger hatte somit keinen Anspruch auf das begehrte Visum, und die Klage wurde abgewiesen.

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