Ausländerrecht: Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller eine terroristische Vereinigung unterstützt.
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Ausländerrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesverwaltungsgericht, 22.05.2012, Az.: BVerwG 1 C 8.11

Im deutschen Rechtskreis wird der Begriff „Aufenthaltstitel“ unterschiedlich verwendet als durch das europäische Gemeinschaftsrecht.

Während im deutschen Rechtskreis das Visum (also sowohl das nationale Visum als auch das Schengenvisum) zu den Aufenthaltstiteln zählt, unterscheidet das Gemeinschaftsrecht zwischen Aufenthaltstiteln auf der einen Seite und Visa auf der anderen Seite.

Das deutsche Aufenthaltsgesetz nennt in § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG somit abschließend 4 unterschiedliche Arten von Aufenthaltstiteln:
– das Visum (§ 6 AufenthG)
– die Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG)
– die Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG)
– und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9 a AufenthG)

Die wichtigsten Aufenthaltstitel sollen mit der nachfolgenden Grafik näher dargestellt werden:
Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

Aufenthaltstitel können allerdings aus den verschiedensten Gründen versagt bzw. nicht verlängert werden.

In der oben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob einem anerkannten Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis versagt werden kann, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung unterstützt, die den Terrorismus unterstützt.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, wurde 1996 als Flüchtling in Deutschland anerkannt. In den darauffolgenden Jahren erteilte ihm die zuständige Ausländerbehörde fortlaufend befristete Aufenthaltsgenehmigungen. Im Februar 2010 entschied die Beklagte jedoch, den Antrag des Klägers auf eine erneute Verlängerung der nach § 25 Abs. 2 AufenthG gewährten humanitären Aufenthaltserlaubnis abzulehnen.

Die Ablehnung wurde damit begründet, dass der Kläger seit 2004 in verschiedener Weise für die KONGRA-GEL aktiv sei, die als Nachfolgeorganisation der verbotenen PKK gelte. Beide Organisationen wurden als terroristisch eingestuft und unterstützten den Terrorismus. Aufgrund dieser Aktivitäten sah die Ausländerbehörde die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als nicht erfüllt an.

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts

Der Kläger klagte gegen diese Entscheidung und erzielte vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Erfolg. Das OVG erkannte zwar an, dass die allgemeinen Versagungsgründe nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG vorlagen, da der Kläger einer Organisation angehörte, die den Terrorismus unterstützte. Jedoch argumentierte das Gericht, dass diese Bestimmungen durch die spezielle Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AufenthG verdrängt würden.

Laut dieser speziellen Regelung dürfe einem anerkannten Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis nur dann verweigert werden, wenn er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden sei. Da der Kläger nicht ausgewiesen worden war, sah das Oberverwaltungsgericht keinen Grund für die Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis.

Revision zum Bundesverwaltungsgericht

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ein. Das BVerwG folgte jedoch der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts nur teilweise. Es stellte klar, dass der allgemeine Versagungsgrund nach § 5 Abs. 4 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG grundsätzlich gilt. Jedoch ist bei anerkannten Flüchtlingen die sogenannte Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG) der Europäischen Union zu beachten.

Diese Richtlinie sieht in Artikel 24 Abs. 1 grundsätzlich einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis vor. Gleichzeitig erlaubt Artikel 21 Abs. 3 den Mitgliedstaaten, in Fällen, in denen der völkerrechtliche Grundsatz der Nichtzurückweisung nach Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht greift, die Versagung eines Aufenthaltstitels. Allerdings kann sich ein Flüchtling dann nicht auf den Grundsatz der Nichtzurückweisung berufen, wenn er aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes gilt.

Rückverweisung an das Oberverwaltungsgericht

Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis nur dann unionsrechtskonform sei, wenn das Verhalten des Klägers eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit Deutschlands darstellt. Da das Oberverwaltungsgericht keine ausreichenden Feststellungen zur Schwere der vom Kläger ausgehenden Gefahr getroffen hatte, konnte das Bundesverwaltungsgericht keine endgültige Entscheidung treffen.

Daher wurde das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären und festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit der erhöhten Gefahrenschwelle der Qualifikationsrichtlinie vorliegen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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