Pflegeversicherungsrecht: Verklagte Pflegekasse muss der Versicherten einen Zuschuss für einen Treppenlift leisten.

Sozialgericht Berlin, 16.11.2012, Az.: S 209 P 713/12

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Gem. § 40 Abs. 4 SGB XI können Pflegekassen den Versicherten finanzielle Zuschüsse gewähren, um Maßnahmen zu finanzieren, die bei einem Pflegebedürftigen das individuelle Wohnumfeld verbessern.

Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses ist, dass durch die Maßnahme entweder die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert wird oder für den Pflegebedürftigen eine möglichst selbstständige Lebensführung wiederhergestellt werden kann.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können dabei entweder Umbaumaßnahmen oder technische Hilfen im Haushalt des pflegebedürftigen Versicherten sein.

Gem. § 40 SGB XI sind die Zuschüsse durch die Pflegekasse allerdings derzeit bis zu einem Betrag von EUR 2.557 gedeckelt.

In dem oben genannten Urteil des Sozialgerichts Berlin hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die beklagte Pflegekasse dazu verpflichtet war, der klagenden Versicherten einen Zuschuss für die Anschaffung und Installation eines Treppenlifters zu leisten.

Facts: Die 1947 geborene Klägerin war bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Sie litt bei bestehendem Alkoholabusus unter den Folgen eines Hirninfarkts mit verbliebener kompletter Hemiparese links.

Laut Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) war die Klägerin gehunfähig und damit für alle Transfers auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen.

Aufgrund einer weiterhin bestehenden kompletten Harninkontinenz und einer inkompletten Stuhlinkontinenz erhielt die Klägerin seit Februar 2011 Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II.

Nach dem Hirninfarkt im Dezember 2010 und einem anschließenden stationären Aufenthalt bezog die Klägerin am 24.02.2011 ein 16 qm großes Zimmer in einer betreuten Wohngemeinschaft in einem Mehrfamilienhaus. Dort bewohnte die Klägerin ein eigenes Zimmer im Hochparterre.

Einen Fahrstuhl, Lift oder Aufzug gab es nicht.

Am 26.05.2011 beantragte die Klägerin daher bei der Beklagten einen Zuschuss für den Einbau eines Treppenlifts für die 6 Treppenstufen, die sie auf dem Weg zu ihrer Wohnung zurücklegen musste.

Mit Bescheid vom 31.10.2011 lehnte die Beklagte den beantragten Zuschuss ab und führte in den Gründen aus, dass Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in der Wohnung eines Pflegebedürftigen oder im Haushalt, in den er aufgenommen wurde, zwar generell möglich seien.

Maßgeblich sei dabei jedoch immer, dass es sich um den auf Dauer angelegten unmittelbaren Lebensmittelpunkt handele. Bei Wohneinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werden, läge eine Wohnung bzw. ein Haushalt in diesem Sinne jedoch nicht vor, so dass ein Zuschuss nicht zu leisten sei.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin zunächst Widerspruch und am 28.03.2012 schließlich Klage beim Sozialgericht Berlin ein.

Sozialgericht Berlin: Das Sozialgericht Berlin sah die Klage zumindest insoweit als begründet an, als der angefochtene und streitgegenständliche Bescheid mit der Entscheidung, die von der Klägerin beantragte Übernahme von Kosten der Anschaffung und Installation eines Treppenlifters für die zum Hochparterre führende Treppe abzulehnen, aufzuheben war.

Darüber hinaus sei die Klägerin nach Ansicht des Gerichts verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten der Anschaffung und Installation des Treppenlifters unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin nach § 40 Absatz 4 Satz 1 SGB XI erfüllt.

Insbesondere gehöre die Klägerin als Bewohnerin einer betreuten Wohngemeinschaft entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides und Widerspruchsbescheides auch zum berechtigten Personenkreis des § 40 Absatz 4 SGB XI.

Darüber hinaus handele es sich bei der begehrten Maßnahme auch um eine das individuelle Wohnumfeld im Sinne von § 40 Absatz 4 SGB XI verbessernde Maßnahme, die nicht vorrangig durch andere Leistungsträger zu gewähren sei.

Quelle: Sozialgericht Oldenburg

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