AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 29.05.2024, Az.: 412 Ds 25/23
Hintergrund und Ausgangslage
Das Urteil befasst sich mit dem Fall einer Frau, die im Jahr 2016 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten plante, nach Hamburg zurückzukehren, um dort eine Familie zu gründen und möglicherweise die Geschäftsführung im Unternehmen ihres Vaters zu übernehmen. Zu diesem Zweck erwarb sie eine Immobilie in Hamburg-Bergedorf, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Zwangsversteigerung befand. Auf dem Grundstück lebte eine Familie mit sieben Kindern, die alle schulpflichtig und teilweise lernbehindert oder autistisch veranlagt waren. Das Wohnhaus wurde von der Familie seit Jahren bewohnt, und es bestand ein familiäres Mietverhältnis ohne Betriebskosten. Nach dem Erwerb der Immobilie sprach die Angeklagte eine Eigenbedarfskündigung aus, um das Haus für sich und ihre Eltern zu nutzen. Die Mieter widersprachen der Kündigung, was zu einem Räumungsrechtsstreit führte. Letztendlich einigten sich die Parteien auf einen Räumungsvergleich, der die Herausgabe der Wohnung bis zum 30. Juni 2020 vorsah.
Der Wandel der Pläne und das Verhalten der Angeklagten
Während des Räumungsrechtsstreits änderten sich die Lebensumstände und Pläne der Angeklagten erheblich. Sie trennte sich 2017 von ihrem Lebensgefährten und begann eine neue Beziehung, die sie letztlich in der Schweiz hielt. Trotz der Trennung und des damit verbundenen Wegfalls des ursprünglichen Plans, nach Hamburg zu ziehen und ein Mehrgenerationenhaus zu errichten, verfolgte sie den Räumungsprozess gegen die Familie weiter. Im Jahr 2019, spätestens jedoch im Oktober desselben Jahres, wurde deutlich, dass die Angeklagte keinen ernsthaften Wunsch mehr hatte, die Immobilie selbst zu nutzen. Stattdessen verschob sich ihr Fokus auf eine Vermietung und marktoptimierte Nutzung der Immobilie, was durch ihre Kommunikation mit einem Architekten und anderen Beteiligten belegt wurde. Trotz des Wegfalls des Eigenbedarfs informierte sie die Mieter nicht darüber und veranlasste so deren Auszug. Kurz nach der Räumung nahm sie Verkaufsverhandlungen auf, die schließlich zu einem gewinnbringenden Verkauf der Immobilie führten.
Gerichtliche Beweisführung und Bewertung
Die Angeklagte bestritt den Vorwurf des Betrugs durch Unterlassen, indem sie angab, bis zuletzt an einem Umzug nach Hamburg interessiert gewesen zu sein. Das Gericht sah dies jedoch anders und stellte fest, dass die Angeklagte spätestens im Oktober 2019 keinen ernsthaften Eigenbedarf mehr hatte. Diese Einschätzung stützte sich auf die Aussagen mehrerer Zeugen sowie auf E-Mail-Korrespondenzen, die eindeutig belegten, dass die Angeklagte ihre Pläne geändert hatte und primär eine wirtschaftliche Verwertung der Immobilie verfolgte. Der Vorwurf der Verleumdung im Zusammenhang mit einem Zeitungsartikel, der ein Zitat der Angeklagten enthielt, wurde hingegen fallengelassen, da sich das Gericht nicht davon überzeugen konnte, dass die Angeklagte die angebliche Äußerung tatsächlich gemacht hatte.
Rechtliche Würdigung und Strafzumessung
Das Gericht stellte fest, dass die Angeklagte durch ihr Unterlassen, die Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren, den Tatbestand des Betrugs durch Unterlassen erfüllt hat. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung ging das Gericht ausführlich auf die Garantenpflichten der Angeklagten ein, die sich aus dem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter ergeben. Es wurde dargelegt, dass eine solche Garantenpflicht bis zur endgültigen Räumung der Wohnung besteht, selbst wenn der Mieter zuvor einen Räumungsvergleich akzeptiert hat. Diese Sichtweise stützt sich auf die Rechtsprechung und betont die hohe Schutzbedürftigkeit von Mietern in existenziellen Lebenslagen. Zudem wies das Gericht die Argumentation zurück, wonach ein früherer Wegfall der Garantenpflicht den Vermieter unangemessen benachteiligen würde.
Berücksichtigung der Auswirkungen und des Motivs
Bei der Strafzumessung wurden verschiedene Faktoren zugunsten und zulasten der Angeklagten berücksichtigt. Zu ihren Gunsten sprach, dass sie nicht vorbestraft war und die Tat schon mehrere Jahre zurücklag. Auch die emotional belastende Situation aufgrund des langwierigen Räumungsstreits sowie innerfamiliärer Konflikte wurde mildernd gewertet. Zugunsten der Angeklagten wurde zudem die mediale Berichterstattung berücksichtigt, die mit einer tendenziellen Abwertung ihrer Person einherging. Zu ihren Lasten wurden jedoch die erheblichen negativen Auswirkungen auf die betroffene Familie, insbesondere auf die psychisch belasteten Kinder, berücksichtigt. Diese hatten unter den Folgen des Umzugs und der sozialen Entwurzelung erheblich zu leiden, was die Schwere der Tat unterstrich.
Schlussfolgerung und Urteilsspruch
Im Ergebnis kam das Gericht zu dem Schluss, dass eine Verurteilung der Angeklagten wegen Betrugs durch Unterlassen gerechtfertigt ist. Die Verhängung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen erschien dem Gericht angesichts der Schwere der Tat und der mildernden Umstände als angemessen. Die genaue Höhe der Tagessätze wurde auf der Grundlage des Nettoeinkommens der Angeklagten berechnet. Ein milderes Urteil, etwa in Form einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage, kam aufgrund der generalpräventiven Wirkung des Urteils nicht in Betracht. Das Urteil betont die Bedeutung des Mieterschutzes und die Verantwortung von Vermietern, Mieter über wesentliche Änderungen der Sachlage rechtzeitig zu informieren.
Quelle: Amtsgericht Hamburg-Bergedorf
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