Auch bei doppelter Staatsangehörigkeit kann ein Anspruch auf Namensänderung bestehen

Verwaltungsgericht Freiburg (Breisgau), 25.03.2013, Az.: 6 K 578/11

Einführung des Falls und Antrag auf Namensänderung

Der Kläger, ein brasilianischer Staatsangehöriger, der 2008 die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt, beantragte eine Änderung seines Nachnamens von „F… da S…“ in „da S…“ gemäß dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG). Der Kläger argumentierte, dass die Länge und Komplexität seines Namens, kombiniert mit der mangelnden Bekanntheit seines Vornamens „T…“ in Deutschland, zu Verwechslungen und erheblichen Problemen im Alltag führten. Er gab an, dass diese Schwierigkeiten zu Missverständnissen bei Behörden, Institutionen und im privaten Bereich führten und ihn psychisch stark belasteten. Ein wesentlicher Grund für die Änderung sei, dass elektronische Formulare oft nicht genügend Platz für seinen vollständigen Namen böten.

Ablehnung des Antrags durch die Beklagte und Begründung

Das zuständige Standesamt lehnte den Antrag auf Namensänderung mit der Begründung ab, dass kein „wichtiger Grund“ im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliege. Die Behörde argumentierte, dass der Kläger seit seiner Einreise nach Deutschland 1997 mit seinem bisherigen Namen lebe und keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen dargelegt habe. Zudem wies die Behörde darauf hin, dass die Namensänderung gegen die Grundsätze des deutschen Namensrechts verstoßen würde, insbesondere gegen § 1355 BGB, der die Regelungen zur Ehenamensführung definiert. Die Behörde argumentierte, dass der Kläger damit versuche, die bürgerlich-rechtlichen Regelungen zu umgehen. Der Kläger hätte bei seiner Eheschließung die Möglichkeit gehabt, den Nachnamen seiner Ehefrau anzunehmen, um so mögliche Schwierigkeiten mit seinem eigenen Namen zu vermeiden.

Widerspruch des Klägers und detaillierte Darlegung seiner Belastungen

Gegen die Entscheidung des Standesamts legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, dass es ihm bei der Namensänderung nicht um die Wahl eines gemeinsamen Ehenamens gehe, sondern um die Verkürzung seines eigenen Namens. Zudem handele es sich bei „da S…“ nicht um einen unzulässigen Doppelnamen, sondern um einen einheitlichen Namen, da das „da“ lediglich ein unselbstständiger Bestandteil des Nachnamens sei. In seinem Widerspruch führte der Kläger weitere Beispiele an, die seine Schwierigkeiten mit der Namensführung im Alltag belegten, darunter wiederholte Falschschreibungen seines Namens in Dokumenten und Versicherungskarten sowie Probleme bei Flugbuchungen aufgrund der Länge seines Namens. Diese Umstände hätten zu erheblichen Verzögerungen und Komplikationen geführt, insbesondere bei Reisen und Behördengängen.

Der Kläger legte zudem ein ärztliches Attest vor, das eine depressive Symptomatik aufgrund der fortwährenden Schwierigkeiten mit seinem Namen bestätigte. Trotz der vorgelegten Beweise und Dokumente wies das Regierungspräsidium den Widerspruch im Februar 2011 zurück, da die Behörde keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung sah. Sie verwies auf die Regelungen des BGB und betonte, dass auch andere Personen mit langen oder ausländischen Namen ähnliche Probleme hätten.

Entscheidung des Gerichts zugunsten des Klägers

Das Verwaltungsgericht entschied zugunsten des Klägers und hob die Bescheide der Beklagten auf. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Namensänderung gemäß §§ 1 und 3 Abs. 1 NamÄndG habe, da ein wichtiger Grund vorliege. Es führte aus, dass die Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und Institutionen, die häufigen Verwechslungen von Vor- und Nachnamen sowie die praktischen Probleme bei der Nutzung elektronischer Formulare erhebliche Belastungen darstellten. Diese Belastungen seien nicht nur als subjektives Empfinden des Klägers zu bewerten, sondern entsprächen auch der allgemeinen Verkehrsauffassung.

Das Gericht stellte klar, dass die Regelungen des BGB zur Ehenamensführung in diesem Fall nicht tangiert würden, da der Kläger und seine Ehefrau keinen gemeinsamen Ehenamen gewählt hätten. Eine Umgehung der Regelungen des § 1355 BGB liege daher nicht vor. Der Kläger habe lediglich eine Änderung seines eigenen Namens beantragt und strebe keinen Doppelnamen im Sinne des deutschen Namensrechts an. Zudem wies das Gericht darauf hin, dass die vom Kläger vorgelegten Beispiele, wie etwa die Probleme bei Flugbuchungen und die wiederholten Verwechslungen seines Namens, ausreichend belegten, dass die Namensführung für ihn im Alltag zu erheblichen Unzuträglichkeiten führte.

Fazit und Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil verdeutlicht, dass das öffentlich-rechtliche Namensänderungsrecht dazu dient, individuelle Unzuträglichkeiten zu beseitigen, die mit der Namensführung verbunden sind. In diesem Fall wurden die privaten Interessen des Klägers an der Namensänderung als schwerwiegender angesehen als das öffentliche Interesse an der Beibehaltung seines bisherigen Namens. Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass auch der psychische und praktische Umgang mit einem Namen in den Alltagssituationen des Trägers berücksichtigt werden muss. Schließlich wurde betont, dass die Belastungen des Klägers durch die häufigen Verwechslungen und die unzureichende Platzierung seines Namens in Formularen sowie die psychischen Auswirkungen ausreichend schwerwiegend waren, um eine Namensänderung zu rechtfertigen.

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