Arbeitsrecht: Erfolgreiche Klage gegen Krankengeldverweigerung durch die Krankenkasse bei verspäteter Krankmeldung.

Sozialgericht Aachen, 14.3.2017, Az.: S 13 KR 312/16

Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Dies gilt sowohl für die erste Meldung der Arbeitsunfähigkeit als auch für die Folgemeldungen bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Erfolgt die Meldung der Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Krankenkasse verspätet, hat der Versicherungsnehmer die Folgen der Verspätung zu tragen. Die gesetzlichen Regelungen im SGB V dazu (zum Beispiel § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) sind strikt anzuwenden. Sie sollen die Krankenkasse davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs nachträglich feststellen zu müssen, und ihr die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah überprüfen zu können, um Leistungsmissbrauch entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können.

Die Sozialgerichte haben deshalb immer wieder die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen ansonsten in vollem Umfang vorgelegen haben.

Dennoch gibt es Fälle, in welchen dem Versicherungsnehmer die verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht angelastet werden können. Um einen solchen Fall handelt es sich bei dem hier besprochenen Fall des Sozialgerichtes Aachen.

Facts

Im vorliegenden Fall streiten die Klägerin und die Beklagte, eine Krankenkasse, über den Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2016. Die Klägerin, die zwei unterhaltsberechtigte Kinder hat, war seit Juli 2014 arbeitslos und bezog bis Februar 2016 Arbeitslosengeld. Ab dem 8. Januar 2016 wurde sie aufgrund einer mittelschweren Depression arbeitsunfähig geschrieben. Die behandelnde Ärztin stellte mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) aus, die lückenlos die Arbeitsunfähigkeit bis Ende Juli 2016 bescheinigten.

Die Krankenkasse stellte die Zahlung des Krankengeldes ab dem 1. März 2016 mit der Begründung ein, dass eine AU-Bescheinigung nicht lückenlos vorgelegen habe. Die Klägerin legte daraufhin Widerspruch ein, da sie aufgrund ihres depressiven Zustands am 1. und 2. März 2016 nicht in der Lage gewesen sei, ihre Ärztin aufzusuchen. Die Krankenkasse lehnte jedoch auch den erneuten Antrag ab.

Entscheidung der Krankenkasse

Die Beklagte argumentierte, dass für den Anspruch auf Krankengeld eine lückenlose ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erforderlich sei. Da die AU-Bescheinigung für den Zeitraum ab dem 1. März 2016 erst am 3. März 2016 ausgestellt worden sei, sei die Lücke zwischen dem 29. Februar und dem 3. März 2016 entscheidend für den Wegfall des Krankengeldanspruchs. Diese Lücke bedeutete nach Ansicht der Krankenkasse, dass die Klägerin am 1. März 2016 nicht mehr beitragsfrei versichert war, was zum Erlöschen des Krankengeldanspruchs führte.

Action brought by the plaintiff

Die Klägerin reichte Klage beim Sozialgericht Aachen ein und machte geltend, dass sie aufgrund einer schweren depressiven Episode am 29. Februar, 1. und 2. März 2016 handlungsunfähig gewesen sei. Sie habe ihre Wohnung nicht verlassen und sei nicht in der Lage gewesen, ihre Ärztin aufzusuchen. Am 3. März 2016 habe sie sich schließlich an ihre Tochter gewandt, die sie zur Ärztin begleitete, wo die AU rückwirkend ausgestellt wurde. Die behandelnde Ärztin bestätigte, dass die Klägerin in der fraglichen Zeit aufgrund ihrer Depression nicht in der Lage gewesen sei, den geplanten Arzttermin wahrzunehmen.

Entscheidung des Sozialgerichts Aachen

Das Sozialgericht Aachen gab der Klägerin Recht und entschied, dass die Bescheide der Krankenkasse rechtswidrig seien. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin seit dem 8. Januar 2016 ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen sei und die Arbeitsunfähigkeit auch in der Zeit vom 1. März bis 31. Juli 2016 bestanden habe. Das Fehlen einer rechtzeitigen ärztlichen Bescheinigung für den 1. März 2016 sei auf eine krankheitsbedingte Handlungsunfähigkeit der Klägerin zurückzuführen, die es ihr unmöglich gemacht habe, rechtzeitig eine AU-Bescheinigung einzuholen. Das Gericht erkannte an, dass in Ausnahmefällen eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit möglich sei, insbesondere wenn der Versicherte krankheitsbedingt handlungsunfähig sei.

Legal Assessment

Das Gericht betonte, dass gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V Versicherte Anspruch auf Krankengeld haben, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Im vorliegenden Fall sei die Klägerin seit dem 8. Januar 2016 ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen. Das Fehlen einer lückenlosen AU-Bescheinigung sei durch die außergewöhnlichen Umstände der Depression der Klägerin gerechtfertigt. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit könne in diesem Fall ausnahmsweise rückwirkend erfolgen, da die Klägerin nachweislich handlungsunfähig gewesen sei.

Conclusion

Das Sozialgericht Aachen entschied zugunsten der Klägerin und bestätigte ihren Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum vom 1. März bis 31. Juli 2016. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin aufgrund einer schweren depressiven Episode nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig eine AU-Bescheinigung einzuholen, und dass die Krankenkasse die Besonderheiten des Falls hätte berücksichtigen müssen. Gegen dieses Urteil legte die Krankenkasse Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein.

Source: Social Court Aachen

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