Bei ihrer Errichtung müssen Photovoltaikanlagen sämtlichen relevanten Regelungen des öffentlichen Baurechts genügen. Das öffentliche Baurecht teilt sich in das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht auf.
Das Bauplanungsrecht dient dazu, die rechtliche Qualität des Bodens festzulegen und ist im Wesentlichen durch den Bund im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt. Zentrales Element des Bauplanungsrechts ist die Bauleitplanung.
Das Bauordnungsrecht demgegenüber regelt die ordnungsrechtlichen Anforderungen an die konkrete bauliche Anlage und soll somit Verunstaltungen und Gefahren abwehren und soziale und ökologische Standards bewahren.
Das Bauordnungsrecht wiederum teilt sich auf in das materielle Bauordnungsrecht, welches die materiellen Anforderungen an Konstruktion und Gestaltung des einzelnen Bauwerks festlegt (materielles Bauordnungsrecht) und das formelle Bauordnungsrecht, dass die Genehmigungsbedürftigkeit von Bauvorhaben, die Bauaufsicht und die hierauf bezogenen Organisations- und Verfahrensvorschriften regelt.
Das Bauordnungsrecht ist in den jeweiligen Landesbauordnungen geregelt, die wiederum nach dem Vorbild der von der Bauministerkonferenz beschlossenen „Musterbauordnung für die Länder des Bundesgebietes einschließlich des Landes Berlin“ erlassen wurden.
Nach den Bauordnungen der Länder sind Photovoltaikanlagen als „bauliche Anlagen“ zu beurteilen, da sie mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Einrichtungen sind. Auch der Umstand, dass die Verbindung mit dem Boden nur mittelbar durch das Gebäude gegeben ist, steht einer solchen Beurteilung nicht entgegen.
Formalrechtlich bedürfen bauliche Anlagen grundsätzlich einer Baugenehmigung nach den jeweiligen Landesbauordnungen (siehe z. B. § 63 Abs. 1 BauONW).
Materiellrechtlich müssen bauliche Anlagen mit den Vorschriften des Bauplanungs- des Bauordnungs- und des Baunebenrechts (z. B. dem Denkmalschutzrecht) übereinstimmen.
1.) Genehmigungspflichtigkeit
Das Verfahren der formellen Genehmigungspflicht in den jeweiligen Bundesländern lässt sich in vier Kategorien einteilen:
– Schlichte Genehmigungsfreiheit
– Freistellungs-, Anzeige- bzw. Kenntnisgabeverfahren
– Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
– „Normales“ Baugenehmigungsverfahren
a.) Schlichte Genehmigungsfreiheit
Jedes Bundesland hat eine solche Genehmigungsfreiheit in seine jeweilige Landesbauordnung aufgenommen unter die die größte Anzahl der in Deutschland verbauten Photovoltaik-Anlagen fallen.
Ist die Anlage „schlicht“ genehmigungsfrei, muss der Bauherr keinen Bauantrag stellen und auch keine Anzeige bei einer Behörde machen. Die Verantwortung für die Einhaltungen der gesetzlichen Bestimmungen lastet dann auf dem Bauherrn.
Wenn im Zusammenhang mit diesen Regelungen von „Dach- und Außenwandflächen“ gesprochen wird, kann das bedeuten, dass nur diejenigen Solaranlagen verfahrensfrei sind, die in die Dach- und Außenwandflächen eingelassen sind oder an der Dach- und Außenwandflächen „anliegen“.
b.) Freistellungs-, Anzeige- bzw. Kenntnisgabeverfahren
Ist die auf einem Gebäude errichtete Anlage nicht genehmigungsfrei, dann richtet sich das einzuhaltende Verfahren nach den Vorschriften, die bei einer baulichen Änderung des Gebäudes einzuhalten sind.
D. h. das für die Änderungen jeweils ein Verfahren durchlaufen werden muss:
– das Freistellungsverfahren, wenn das Vorhaben genehmigungsfrei ist.
– das Anzeigeverfahren oder Kenntnisgabeverfahren, wenn das Vorhaben anzeigepflichtig ist.
c.) Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
Im vereinfachten Genehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde hingegen nur einen Ausschnitt besonders wichtiger Anforderungen, wie z. B. die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens, seine Übereinstimmung mit örtlichen Bauvorschriften (z. B. einer Gestaltungssatzung), beantragte Abweichungen vom Bau(ordnungs)recht oder andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, wenn die Baugenehmigung eine andere Gestattung ersetzt oder diese andere Gestattung wegen der Baugenehmigung entfällt (z. B. Denkmalschutzrecht).
d.) „Normales“ Baugenehmigungsverfahren
Ist keines der oben genannte Alternativen einschlägig, muss das „normale“ Baugenehmigungsverfahren durchlaufen werden. Grundsätzlich sind dies diejenigen PV-Anlagen, die im Außenbereich geplant und gebaut werden sollen.
2.) Materielles Baurecht
Wie oben bereits erwähnt, müssen die Solaranlagen nicht nur den formellen sondern auch den materiellen Anforderungen des öffentlichen Baurechts genügen. Neben dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht wird dabei auch das Baunebenrecht, also insbesondere das Denkmalschutzrecht, relevant.
a.) Bauplanungsrecht
Das deutsche Bauplanungsrecht unterteilt das Gebiet einer Gemeinde in drei Bereiche: den Außenbereich (§ 35 BauGB), den durch Bebauungspläne erfassten Bereich ( § 30 Abs. 1 BauGB) und den Innenbereich (zusammenhängende Ortsteile ohne Bebauungsplan) (§ 34 BauGB).
aa.) Qualifizierte Bebauungsplan (§ 30 Abs. 1 BauGB)
Ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes ist dann zulässig, wenn es den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplanes nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
Die von der Gemeinde festgesetzten Bebauungspläne setzen grundsätzlich eine Gebietsart fest (z. B. reines oder allgemeines Wohngebiet, Kerngebiet, Gewerbegebiet etc.). Wenn nun aufgrund der Leistung der PV-Anlage ein Gewerbe angemeldet werden muss und das Vorhaben in einem reinen Wohngebiet verwirklicht werden soll, kann es zu Problemen kommen, da Gewerbe in reinen Wohngebieten nicht genehmigungsfähig sind.
Darüber hinaus sind die weiteren Festsetzungen des Bebauungsplanes zu beachten.
bb.) Innenbereich (§ 34 BauGB)
Bei Vorhaben im Innenbereich ohne Bebauungsplan muss sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die vorhandene Eigenart der Umgebung „einfügen“.
Die Durchsetzung eines Vorhabens in diesem Bereich könnte somit problematisch werden, wenn sich die sich dieses nach dem Ermessen der Behörde nicht in die vorhandene Eigenart der Umgebung „einfügt“.
cc.) Außenbereich (§ 35 BauGB)
Der Außenbereich soll zwar im Grundsatz von der Bebauung freigehalten werden, Vorhaben sind dort aber als untergeordnete Anlagen zu privilegierten Vorhaben gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder als selbstständige privilegierte Anlagen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zulässig, wenn Ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist.
PV-Anlagen fallen grundsätzlich nicht (auch nicht erweiternd, VG Minden, Urteil vom 25.06.2002 – 1 K 1350/01) unter den Regelungskatalog des § 35 Abs. 1 BauGB.
Als sogenannte „sonstige Anlagen“ im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB sind sie somit strengen Genehmigungsvoraussetzungen unterworfen.
b.) Bauordnungsrecht
Hinsichtlich des Bauordnungsrechts in Bezug auf PV-Anlagen spielt vor allen Dingen das in allen Landesbauordnungen geregelte Verunstaltungsverbot eine wesentliche Rolle.
Nach dem Verunstaltungsverbot sollen alle baulichen Anlagen mit ihrer Umgebung so in Einklang gebracht werden, dass sie das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten und die zukünftige Gestaltung nicht beeinträchtigen. Dafür spielen Form, Maßstab, Farbe und Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander eine Rolle.
Hinsichtlich der Verunstaltung wird grundsätzlich zwischen der umgebungsbezogenen Verunstaltung und der objektbezogenen Verunstaltung unterschieden.
Eine bauliche Anlage verunstaltet ihre Umgebung, wenn der Gegensatz zwischen ihr und der Umgebung von dem so genannten gebildeten Durchschnittsbetrachter als belastend und Unlust erregend empfunden wird.
Eine Verunstaltung liegt mit anderen Worten vor,wenn das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild infolge der baulichen Anlage einen hässlichen, das ästhetische Empfinden des für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters nicht bloß beeinträchtigenden, sondern verletzenden Zustand darstellt.
Danach genügen bloße Störungen der Umgebung nicht. Ein hässlicher, das ästhetische Empfinden verletzender Zustand ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die Störung erheblich, d.h. wesentlich ist. Die bauliche Anlage muss danach einen Zustand schaffen, der als grob unangemessen empfunden wird, das Gefühl des Missfallens weckt und Kritik und den Wunsch nach Abhilfe herausfordert.
Eine bauliche Anlage wirkt verunstaltet, wenn ein ästhetischen Eindrücken gegenüber offener Betrachter, der sog. gebildete Durchschnittsbetrachter, sich bei ihrem Anblick in seinem ästhetischen Empfinden nicht bloß beeinträchtigt, sondern verletzt fühlt.
Es genügt also nicht bereits jede Störung der architektonischen Harmonie, also jede Unschönheit, sondern für die Verunstaltung notwendig ist ein Zustand, der bei dem aufgeschlossenen Betrachter als grob unangemessen empfunden wird, das Gefühl des Missfallens weckt und
Kritik und den Wunsch nach Abhilfe herausfordert.
Aus diesen Definitionen ist ersichtlich, dass die Beurteilung sehr subjektiv und damit Meinungsverschiedenheiten bzw. Streitigkeiten vorgegeben sind.
Einen weiteren relevanten Bereich des Bauordnungsrechts im Zusammenhang mit PV-Anlagen bilden die Abstandsflächen.
Abstandsflächen sind Flächen, die von oberirdischen Gebäuden freigehalten werden müssen, wenn Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut werden. Die Abstandsflächen dienen dem Brandschutz der Gebäude. Darüber hinaus sollen sie die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der Grundstücke sicherstellen.
PV-Anlagen können grundsätzlich Einfluss auf die Berechnung der Abstandsflächen der ihnen zugehörigen Gebäude haben, sie können aber auch selbst Abstandsflächen notwendig machen.
c.) Baunebenrecht
Im Rahmen des Baunebenrechts ist vor allen Dingen das Denkmalschutzrecht relevant.
Der Denkmalschutz unterliegt der Landesgesetzgebung, deshalb hat jedes Bundesland ein eigenes Denkmalschutzgesetz mit zum Teil unterschiedlichen Bestimmungen. In NRW richtet sich der Denkmalschutz nach dem „Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Land Nordrhein-Westfalen“ (Denkmalschutzgesetz – DSchG) vom 11. März 1980.
Viele gerichtliche Entscheidungen hinsichtlich PV-Anlagen haben das Denkmalschutzrecht zum Gegenstand.
Soll das Vorhaben an oder neben einem denkmalgeschützen Gebäude verwirklicht werden, kann somit grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich sein.
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