Landgericht Regensburg, 31.01.2013 , Az.: 1 HK O 1884/12
Please note: The TMG (Telemedia Act) has been replaced by the DDG (Digital Services Act). However, the decision is likely still relevant in content. You can find an overview here. Please note: The TMG has been replaced by the DDG, but the decision likely remains relevant. An overview can be found here.
Wir haben hier bereits des Öfteren über die Verpflichtung von Betreibern geschäftlich genutzter Facebookseiten referiert, ein ordnungsgemäßes und vollständiges Impressum bereit zu halten.
In bestimmten Fällen, kann eine Abmahnung wegen eines fehlenden Impressums aber auch dann unberechtigt sein, wenn der Betreiber tatsächlich gegen die Bestimmungen des Telemediengesetzes verstoßen hat.
Dies ist immer dann der Fall, wenn die abmahnende Partei die Abmahnung rechtsmissbräuchlich ausgesprochen hat. Nach § 8 Abs. 4 UWG ist dies immer dann gegeben, wenn die Abmahnung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. In der Rechtsprechung haben sich hierzu bestimmte Prüfungskriterien herausgebildet, die das Landgericht Regensburg in der hier besprochenen Entscheidung sehr schön dargestellt hat.
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Facts of the Case:
In dieser Entscheidung ging es um eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung. Die Klägerin behauptete, ein aufstrebendes IT-Systemhaus zu sein, zu deren Leistungsangebot die Entwicklung von Software und die Schulung betreffend aller gängigen Betriebssysteme zählen würde. Nach Aussage der Klägerin soll die Beklagte das gleiche Betriebsspektrum aufweisen.
Unternehmen verklagt Konkurrent wegen fehlendem Facebook Impressum
Am 09.08.2012 will die Klägerin festgestellt haben, dass die Beklagte in ihrem Facebook-Auftritt kein Impressum im Sinne von § 5 TMG bereitgehalten habe. Mit Schreiben vom 09.08.2012 hatte sie die Beklagte daher abgemahnt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und 265,70 EUR Abmahngebühren von der Beklagten verlangt.
Da die Beklagte weder die Unterlassungserklärung abgab, noch die Abmahngebühren zahlte, klagte die Klägerin vor dem Landgericht Regensburg auf Unterlassung und Zahlung der Abmahngebühren.
Beklagte bestreitet Wettbewerber zu sein
Die Beklagte verteidigte sich mit dem Argument, dass die Klägerin gar keinen Geschäftsbetrieb habe und somit kein Wettbewerber sei, jedenfalls werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin Schulungen durchführen würde. Das notwendige Impressum sei im Übrigen unter der Info-Box bereits vor dem 09.08.2012 durch Scrollen abrufbar gewesen.
Schließlich sei auch die Abmahnung rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin habe nämlich binnen 8 Tagen 181 Abmahnungen ausgesprochen.
Entscheidung des Landgericht Regensburgs
Das LG Regensburg urteilte, dass die Klage gemäß §§ 4 Ziffer 11, 8, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zulässig und begründet sei. Unterlassungsansprüche würden nur dem Mitbewerber zustehen (§ 8 Abs. 3 Ziffer 1 UWG). Der Begriff des Mitbewerbers sei in § 2 Ziffer 3 UWG definiert. Danach sei Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit dem anderen Unternehmer als Anbieter oder Nachfrager von Waren und Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stünde. Dies setze zumindest voraus, dass die Klägerin überhaupt einen Betrieb aufrecht erhalten habe oder zumindest unmittelbar anstreben würde. Dies sehe das Gericht als von der Klägerin gegeben und nachgewiesen an.
LG Regensburg sieht ein Wettbewerbsverhältnis als gegeben an
Auch liege ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor. Beide Parteien würden Schulungen anbieten. Bei der Beklagten ergebe sich dies bereits aus ihrem Internetauftritt. Bei der Klägerin ergebe sich dies aus der glaubhaften Aussage des Zeugen K. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis habe das Gericht trotz der Entfernung zwischen den beiden Standorten der Parteien angenommen, weil hier nicht mehr auf den räumlich begrenzten Bereich im Substitutionswettbewerb abgestellt werden könne. Internetleistungen wie Programmentwicklungen und Schulungen seien nicht auf einen räumlichen Bereich beschränkt oder auf Einzugsgebiete. Internetleistungen könnten weltweit erbracht werden, da sowohl der Verkehr mit den Kunden via Internet erfolge als auch nach Austausch der Passwörter sich jederzeit ein meilenweit entfernt residierender Anbieter sich auf dem PC des Kunden aufschalten und dort alle Leistungen erbringen könne.
Nach § 5 TMG müssten Diensteanbieter, die ihre angebotenen Leistungen letztlich gegen Entgelt erbringen, ihre Daten darlegen. Die Beklagte benutzte den Facebookauftritt als Eingangskanal in ihre Website, auf der die Darstellung ihrer entgeltlichen Leistungen erfolgte. Damit würde die Pflicht nach § 5 TMG auf derartige Facebookseiten eingreifen, die einen gewissen Grad von Selbständigkeit in Bezug auf die präsentierte Firma hätten.
Dem Facebookauftritt fehlten die notwendigen Angaben
Am 09.08.2012 fehlten auf dem Facebookauftritt der Beklagen diese notwendigen Angaben. Dies habe sich anhand der Zeugenaussagen so ergeben.
Das Fehlen der Angaben nach § 5 TMG würde einen Verstoß nach § 4 Ziffer 11 UWG darstellen. Es handele sich hier um eine Informationspflicht im Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern und damit um eine Marktverhaltensregelung. Marktverhaltensregeln seien Vorschriften im Sinne von § 4 Ziffer 11 UWG. Ein Verstoß würde somit vorliegen. Dass nunmehr ein Impressum im Facebookauftritt der Beklagten vorhanden sei, würde die Wiederholungsgefahr nicht entkräften. Diese könne nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden. Diese habe die Beklagte jedoch nicht abgegeben.
Auch liege wegen der Vielzahl der Abmahnungen hier entgegen der Ansicht der Beklagten kein missbräuchliches Verhalten der Klägerin vor. Nach § 8 Abs. 4 UWG liege ein missbräuchliches Verhalten der Klägerin in der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches dann vor, wenn dies unter Berücksichtigung der gesamten Umstände festzustellen sei, insbesondere dann, wenn ihr Verhalten dazu diene, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Wie bereits im Gesetzestext angegeben, sei dazu eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. In der Rechtsprechung hätten sich hierzu folgende Prüfungskriterien herausgebildet:
Steht die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden?
Davon könne hier keine Rede sein. Der Zeuge K… habe nämlich glaubhaft angegeben, dass die entscheidende Arbeit das Suchprogramm für die Verstöße gemacht habe. Die Geschäftsführer der Klägerin hätten wiederum angegeben, dass sie dieses Programm für eine Rechtsschutzversicherung entwickelt hätten. Die aufgewendete Zeit habe der Zeuge K… glaubhaft als kurz bezeichnet. Die gesamte Arbeit, das Durchsuchen von Facebook auf fehlerhafte Internetseiten und die Kontrolle, ob das Softwareprogramm Probleme gehabt habe oder nicht, einschließlich dem Überprüfen von Meldungen wie bei … habe insgesamt einen Tag Arbeit gekostet.
Werden überhöhte Abmahngebühren gefordert ?
Auch dies sei nicht der Fall. Die Klägerin verlange hier 265,70 EUR Abmahngebühren. Dies sei im Vergleich zu anderen Fällen äußerst gering und liege kaum über dem Satz von ca. 200 EUR der Abmahnkosten bei Vereinen und qualifizierten Einrichtungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Ziffer 2 und 3 UWG ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes.
Ist die Vertragsstrafe überhöht?
Auch dies sei nicht der Fall bei einer Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR.
Ist die Vertragsstrafe verschuldensunabhängig?
Dieses Kriterium treffe hier zu Lasten der Klägerin zu.
Ist die Vertragsstrafe für jeden einzelnen Verstoß unter Wegfall der Figur des sogenannten Fortsetzungszusammenhanges versprochen?
Dies treffe zu. Allerdings sei der Verzicht auf die Figur des Fortsetzungszusammenhangs allein nicht ausreichend um einen Missbrauch anzunehmen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Figur des Fortsetzungszusammenhanges im Strafrecht aber auch im Vollstreckungsrecht nach § 890 ZPO zwischenzeitlich obsolet sei.
Arbeitet der Anwalt in eigener Regie?
Auch dies treffe hier nicht zu. Dies würden die Vereinbarung der Klägerin und ihrer Geschäftsführer mit dem Prozessvertreter vom 06.08.2012 zeigen, welche im Termin vorgelegt worden seien.
Ist die Klägerin ein sogenannter Vielfachabmahner?
Ein sogenannter Vielfachabmahner liege dann vor, wenn der Abmahnende bei gleicher Rechtslage eine Vielzahl verschiedener Wettbewerber abmahnen würde. Bei über 180 Abmahnungen innerhalb 1 Woche würde diese Eigenschaft auf Seiten der Klägerin vorliegen. Allerdings sei dieses Kriterium für sich nur ein Hinweis auf ein missbräuchliches Verhalten und es rechtfertige allein den Schluss auf Missbrauch nicht.
Da von den 7 Kriterien bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit des klägerischen Vorgehens nur eines erfüllt und dieses eine kein gewichtiges sei, liege nach Auffassung des Gerichts kein Rechtsmissbrauch vor.
Quelle: Landgericht Regensburg
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