Mietrecht: Eigenbedarfskündigung unwirksam, wenn Alternativwohnung im selben Haus nicht angeboten wurde.

Amtsgericht Köln, 16.12.2015, Az.: 221 C 282/15

Auch in Köln werden die verschiedenen Wohnviertel durch stadtplanerische Optimierung und durch Sanierung der Wohngebäude in den letzen Jahren immer weiter aufgewertet.

Dies hat zur Folge, dass viele Vermieter versuchen, ihre alteingesessenen Mieter durch Eigenbedarfskündigung und letztendlich durch Räumungsklage loszuwerden, weil die bestehenden Mietverträge unrentabel geworden sind. Dieser Prozess, der als Gentrifizierung bezeichnet wird, beschäftigt immer öfter die Gerichte auch in Köln und Umgebung.

Sowohl Vermieter als auch Mieter sollten allerdings darauf achten, dass eine Eigenbedarfskündigung oftmals schwer durchzusetzen ist und viele formelle Eigenheiten zu beachten sind.

In dem hier besprochenen Fall des Amtsgerichts Köln hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Eigenbedarfskündigung durch eineWohnungseigentümerin rechtens war, obwohl diese der verklagten Mieterin keine Alternativwohnung in dem Wohnhaus angeboten hatte.

Sachverhalt: Mietvertrag und Eigenbedarfskündigung

In diesem Fall war die Klägerin Miteigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Köln. Dadurch trat sie in den Mietvertrag vom 16. Juni 1983 über eine Wohnung in der 1. Etage ein. Die Wohnung hatte vier Zimmer, eine Küche, ein Bad und eine Toilette, mit einer Wohnfläche von ca. 80 qm. Die Mieterin der Wohnung war die Beklagte.

Am 15. April 2015 kündigte die Klägerin zusammen mit dem anderen Eigentümer den Mietvertrag der Beklagten zum 31. Januar 2016. Der Grund war Eigenbedarf. Die Klägerin gab an, dass sie aus ihrer bisherigen 3-Zimmer-Mietwohnung ausziehen und die Wohnung im Erdgeschoss mit der von der Beklagten genutzten Wohnung im 1. Obergeschoss verbinden wolle. Damit wolle sie ausreichend Platz für sich, ein gemeinsames Kind und ein weiteres Kind schaffen. Ein Widerspruch gegen die Kündigung erfolgte zunächst nicht.

Wohnsituation im Gebäude

Das betreffende Mehrfamilienhaus verfügte über insgesamt vier Wohneinheiten: eine im Erdgeschoss, eine im 1. Obergeschoss, eine im 2. Obergeschoss und eine im Dachgeschoss.

      • Die Dachgeschosswohnung mit ca. 70 qm Wohnfläche wurde nach einem Aufhebungsvertrag zum 28. Februar 2015 geräumt. Sie wurde zum 31. März 2015 mit einem befristeten Mietvertrag bis zum 31. März 2016 neu vermietet.
      • Die Wohnung im 2. Obergeschoss war bereits unbefristet vermietet.
      • Die Wohnung im Erdgeschoss stand bei Eigentumserwerb der Klägerin leer, wurde aber ebenfalls zum 31. März 2015 befristet vermietet.

Die Klägerin und der andere Vermieter hatten bereits seit dem 14. Januar 2014 mit der Beklagten über den geplanten Eigenbedarf gesprochen. Der andere Vermieter machte der Beklagten dabei Vorschläge für alternative Wohnungen außerhalb des Hauses.

Entscheidung des Amtsgerichts Köln

Das Amtsgericht Köln entschied, dass der Klägerin kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gegen die Beklagte nach §§ 546 Abs. 1, 985 BGB zustehe. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 15. April 2015 nicht wirksam beendet worden.

Es blieb offen, ob die von der Klägerin vorgebrachten Gründe für den Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zutreffend waren und bewiesen werden konnten. Das Gericht erklärte die Kündigung als rechtsmissbräuchlich, da die Vermieter ihrer Pflicht nicht nachgekommen seien, der Beklagten die leerstehende Dachgeschosswohnung anzubieten.

Rechtsmissbrauch bei Eigenbedarfskündigung

Grundsätzlich hat der Vermieter das Recht zu entscheiden, wie er eine ihm gehörende Wohnung nutzen will. Dennoch darf der Eingriff in die Lebensführung des Mieters nicht unangemessen sein. Der Vermieter muss diesen Eingriff abmildern, wenn es ihm möglich ist.

Eine Eigenbedarfskündigung kann als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn dem Vermieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Gebäude oder in der gleichen Wohnlage zur Verfügung steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er die Wohnung neu vermieten möchte. Diese Rechtsprechung gilt auch dann, wenn die Alternativwohnung objektiv für den Mieter nicht geeignet erscheint. Denn laut Bundesverfassungsgericht ist es Sache des Mieters zu entscheiden, ob er damit verbundene Nachteile in Kauf nehmen möchte.

Ergebnis: Pflicht zur Alternativwohnung verletzt

In diesem Fall wäre es der Beklagten überlassen gewesen, zu entscheiden, ob sie die kleinere Dachgeschosswohnung akzeptiert. Da die Vermieter es jedoch unterließen, der Beklagten die Dachgeschosswohnung anzubieten, verletzten sie ihre Anbietpflicht.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde nach bestem Wissen erstellt, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit. Die dargestellte Rechtslage kann sich ändern.

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