Landgericht Köln, 21.10.2020, Az.: 17 O 273/19
Ist die Mietsache mit einem Mangel behaftet, kann der Mieter Mängelbeseitigungsansprüche, Mietminderungsansprüche und Zurückbehaltungsrechte geltend machen. Allerdings muss der Mieter den Vermieter auch dabei unterstützen, dass die Mängel beseitigt werden. Verhindert der Mieter unberechtigt die Mangelbeseitigung durch den Vermieter, kann dieser sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die Minderung berufen, ab dem die Mangelbeseitigung ohne seine Verhinderung abgeschlossen gewesen wäre.
In dem hier besprochenen Fall des Landgerichts Köln kam es in einem Gewerbemietverhältnis zu Minderungs- und Zurückbehaltungsansprüche des Mieters wegen eines Wasserrohrbruchs. Als dieser jedoch die Durchführung der Beseitigungsmaßnahmen sabotierte kündigte die Vermieterin nach einer Weile das Mietverhältnis und reichte Klage auf Räumung und Herausgabe ein.
1. Sachverhalt
a. Wasserrohrbruch in einer Gaststätte in Köln
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Räumungs- und Zahlungsansprüche aus und im Zusammenhang mit einem Gewerberaummietvertrag geltend.
Die Klägerin ist Eigentümerin des streitbefangenen Gewerbemietobjekts, bestehend aus einer Gaststätte mit Gastraum inkl. Fassbieraufzug, 2 Personal WCs, Personaldusche, Personalumkleide, Küche, Kühlhaus, 2 Kundentoiletten (Damen sowie Herren), Vorratskeller, Biereinwurf Keller, Getränke-Kühlhaus/Keller.
Die monatliche vereinbarte Grundmiete betrug zuletzt 2.250,00 EUR zzgl. einer Betriebskostenvorauszahlung von 1.000,00 EUR und eines Mietzuschlags von 30,00 EUR, mithin insgesamt 3.280,00 EUR monatlich. Die Mietzahlung ist monatlich im Voraus, spätestens bis zum 03. Werktag eines jeden Monats, zu zahlen. § 6 des Mietvertrages enthält folgende Regelung:
„Gegenüber allen Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis können die Mieter mit Gegenansprüchen nur aufrechnen oder ein Minderungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn die Gegenansprüche oder das Minderungsrecht- bzw. Zurückbehaltungsrecht von der Vermieterin anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Eine Aufrechnung oder die Geltendmachung eines Minderungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht ist mit einer Frist von einem Monat der Vermieterin schriftlich zuvor anzukündigen.“
In der Nacht vom 01.08.2018 auf den 02.08.2018 kam es in dem Mietobjekt zu einem Wasserrohrbruch, durch den Fäkalwasser in die streitbefangene Mieteinheit eindrang, die hierdurch nicht mehr nutzbar war. Insbesondere wurde die dort von dem Beklagten installierte Zwischendecke beschädigt.
b. Hausverwaltung informiert den Mieter, der Mieter ignoriert die Anfragen
Die Hausverwaltung informierte den Beklagen am 04.10.2018 darüber, dass er Schäden an seinem Inventar, sowie den Betriebsausfall über eine eigene Versicherung geltend machen müsse und der Gebäudeversicherer der Klägerin für die Schäden an Dach und Fach sowie die Trocknung des Objekts, die Desinfektion und Reinigung zuständig sei. Insbesondere müsse der Beklagte zunächst die von ihm eingebaute Zwischendecke entfernen lassen, damit das von der Klägerin zu beauftragende Reinigungsunternehmen das Objekt säubern könne.
Am 09.10.2018 forderte die Hausverwaltung den Beklagten nochmals auf, sich zu melden, sobald die Zwischendecke abgerissen sei, damit die Grundreinigung des Objekts bestellt und durchgeführt werden könne. Der Beklagte antwortete hierauf am 10.10.2018, dass er sich an einen Rechtsanwalt gewandt habe, um eine Regulierung durch seine Versicherung herbeiführen zu lassen. Er bestätigte zudem, dass sich der von der Klägerin beauftragte Schadensgutachter bei ihm gemeldet habe.
Der Beklagte teilte der Hausverwaltung am 30.01.2019 mit, dass er die Reinigungsarbeiten lieber selbst durchführen wolle, was die Hausverwaltung ablehnte. Am 11.01.2019 erschien die von der Klägerin beauftragte T GmbH mit einem Bauleiter und sechs Mitarbeitern vor Ort, um Öfen, Kühltheken, Beleuchtung und Lüftung im Schadensbereich zu demontieren und anschließend mit den Sanierungsarbeiten zu beginnen. Der Beklagte lehnte die Durchführung der Arbeiten ab, woraufhin das Reinigungsunternehmen sich zurückzog.
Am 24.01.2019 übersandte die Hausverwaltung dem Beklagten erneut die Kontaktdaten des Reinigungsunternehmens T mit der Bitte, einen Termin zur Grundreinigung zu vereinbaren.
c. Vermieter kündigt dem Mieter wegen Zahlungsrückstandes in Höhe von EUR 23.390,50
Mit Schreiben vom 24.05.2019 kündigte die von der Klägerin beauftragten Hausverwaltung C & Co. GmbH das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten schriftlich unter Fristsetzung zum 31.05.2019 und stützte diese Kündigung auf einen Zahlungsrückstand von insgesamt 23.390,50 EUR. Die C & Co. GmbH forderte den Beklagten mit einem weiteren Schreiben vom 19.06.2019 unter Fristsetzung zum 26.06.2019 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 3.958,90 EUR auf.
Der Beklagte führte in der Folge in Eigenregie Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten durch und eröffnete das von ihm in dem Mietobjekt betriebene Restaurant Ende Juli 2019 wieder.
Die Klägerin behauptet, dass sie dem Beklagten das Mietobjekt spätestens im Februar 2019 wieder vollständig gereinigt und desinfiziert hätte zur Verfügung stellen können, wenn der Beklagte die Durchführung der Reinigungsarbeiten nicht behindert hätte.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte seine Pflichten durch die Nichtvornahme der von ihm geschuldeten Arbeiten verletzt und hierdurch die Verzögerung der Schadensbeseitigungsmaßnahmen verhindert habe. Der Beklagte sei zudem mit einem etwaigen Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht aufgrund der Regelung in § 6 des Mietvertrages ausgeschlossen.
d. Vermieter reicht Räumungsklage beim Landgericht Köln ein.
Somit reichte die Klägerin beim Landgericht Köln Räumungs- und Zahlungsklage ein und beantragte, dass der Beklagte das Mietobjekt bestehend aus einer Gaststätte mit Gastraum inkl. Fassbieraufzug, 2 Personal WCs, Personaldusche, Personalumkleide, Küche, Kühlhaus, 2 Kundentoiletten (Damen sowie Herren), Vorratskeller, Biereinwurf Keller, Getränke-Kühlhaus/Keller vollständig geräumt an die Klägerin herauszugeben habe und das der Beklagte zu verurteilen sei, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.958,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Entscheidung des Landgerichts Köln
a. Der Räumungsanspruch der Klägerin ist begründet.
Das Landgericht Köln urteilte nun, dass die Klage hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1) verfolgten Räumungsanspruchs begründet sei. Der Klägerin habe ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des streitbefangenen Gewerberaummietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 a) BGB zugestanden.
Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB könne jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB liege ein wichtiger Grund insbesondere vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug sei. Der Beklagte habe unstreitig die Monatsmieten für Februar 2019 bis Juni 2019 nicht fristgerecht gezahlt.
b.Dem Räumungsanspruch steht auch kein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten entgegen
Der Beklagte könne für diesen Zeitraum auch kein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Mietzahlungen geltend machen. Dem Beklagten stünde ab Februar 2019 ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Mietzahlung schon deshalb nicht mehr zu, weil er die Beseitigung der Mängel durch das von der Klägerin beauftragte Reinigungsunternehmen abgelehnt habe (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09). Es widerspriche dem Zweck des Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 BGB, wenn der Gläubiger einerseits Druck auf den Schuldner ausübt, um diesen zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten anzuhalten, er andererseits aber dem Schuldner die Erfüllung dieser Pflichten nicht ermögliche, indem er die Erfüllung – hier in Gestalt der Mängelbeseitigung – ablehnt.
Das Leistungsverweigerungsrecht (§ 320 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfülle den Zweck, den Vermieter durch den dadurch ausgeübten Druck zur Mangelbeseitigung anzuhalten und könne deshalb redlicherweise nicht mehr ausgeübt werden, sondern entfalle, wenn dieser Zweck verfehlt werde oder nicht mehr erreicht werden könne. Deshalb ende das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei der Beseitigung des Mangels, sondern auch, wenn der Mieter dem Vermieter beziehungsweise den von ihm mit der Prüfung und Beseitigung der Mängel beauftragten Personen den Zutritt zu den Räumlichkeiten nicht gewähre oder sonst die Duldung der Mangelbeseitigung verweigere (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09).
c. Kein weiterer Zahlungsanspruch der Vermieterin
Der Klageantrag zu 2) sei hingegen, selbst wenn man den Klägervortrag als unstreitig zugrunde legen würde, unbegründet, worauf das Gericht bereits mit Verfügung vom 15.06.2020 hingewiesen habe.
Die Klägerin trage selbst vor, dass bei einer ordnungsgemäßen Mitwirkung des Beklagten das Mietobjekt hätte „bereits im Februar 2009 vollständig gereinigt und desinfiziert zur Verfügung gestellt werden können„. Insoweit sei nicht ersichtlich, worauf die Klägerin die Zahlung der Mieten für die Monate Oktober 2018 bis einschließlich Januar 2019 stützen möchte. Das Mietobjekt sei in diesem Zeitraum aufgrund des aufgetreten Wasserrohrbruchs unstreitig nicht nutzbar gewesen.
Die Klägerin könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht erfolgreich auf die Regelung in § 6 des Mietvertrages stützen. Die entsprechende Klausel halte in dieser Form als Allgemeine Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB, auch im kaufmännischen Verkehr, nicht stand. Die Regelung mache die Zulässigkeit der Aufrechnung auch mit unbestrittenen Gegenforderungen von deren Anerkennung durch die Klägerin abhängig. Die Klausel stelle es damit in das Belieben der Klägerin, selbst unbestrittenen Gegenforderungen ihrer Vertragspartner die Anerkennung zu versagen und deren Aufrechnungsbefugnis im Ergebnis auf rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen zu beschränken. Eine derartige empfindliche Verkürzung der Gegenrechte ihrer Vertragspartner benachteilige diese entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 01. Dezember 1993 – VIII ZR 41/93 -).
Fazit: Macht man Mietminderungs-, Mängelbeseitigungs- oder Zurückbehaltungsrechte wegen Mietmängeln gelten, sollte man den Vermieter bei der Mangelbeseitigung unterstützen, da ansonsten die Kündigung drohen kann.
Source: Cologne Regional Court
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