Bundesgerichtshof, 17.11.2010, Az.: VIII ZR 277/09
§ 11 EEG 2004 regelt die Vergütungssätze von Strom aus solarer Strahlungsenergie. § 11 Abs. 2 EEG 2004 regelt insbesondere die Vergütungssätze für Anlagen, die ausschließlich an oder auf einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand angebracht sind. Gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 EEG 2004 erhöhen sich diese Mindestsätze um jeweils weitere 5,0 Cent pro Kilowattstunde, wenn die Anlage nicht auf dem Dach oder als Dach des Gebäudes angebracht ist und wenn sie einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes bildet.
Gem. § 11 Abs. 3 2004 ist der Netzbetreiber allerdings dann, wenn die Anlage nicht an oder auf einer baulichen Anlage angebracht ist, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden ist, nur zur Vergütung verpflichtet, wenn die Anlage vor dem 1. Januar 2015 im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 Baugesetzbuch) oder auf einer Fläche, für die ein Verfahren nach § 38 Satz 1 des Baugesetzbuches durchgeführt worden ist, in Betrieb genommen wurde.
Zur Abgrenzung definiert § 11 Abs. 2 S. 3 EEG 2004 Gebäude als selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.
Die Unschärfe dieser Definition hat zur Folge, dass es immer mal wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Netzbetreibern und Eigentümern von Photovoltaikanlagen darüber kommen kann, ob die Photovoltaikanlage tatsächlich an einem Gebäude i. S. dieser Definition angebracht und der Strom von dem Netzbetreiber damit zu vergüten ist.
Mit diesem Thema hatte sich der Bundesgerichtshof in dem oben genannten Urteil zu beschäftigen.
Sachverhalt: Der Kläger (Anlagenbetreiber) führte einen Gartenbaubetrieb, auf dessen Betriebsgelände sich zwei Schattenhallen für die Aufzucht von lichtempfindlichen Pflanzen befanden. Diese seitlich offenen Schattenhallen bestanden ursprünglich aus hölzernen Tragkonstruktionen und waren mit einem grobmaschigen Netz überzogen, welches Niederschläge durchließ, damit das Niederschlagswasser für die Bewässerung der darunter befindlichen Auf-zuchtpflanzen genutzt werden konnte. Später ersetzte der Kläger die von ihm als baufällig angesehenen Holzkonstruktionen durch zwei pultförmige Tragkonstruktionen aus Stahl. Auf den in der Pultschräge befindlichen Stahlträgern, unter denen eine als Schattierungsgewebe dienende grobmaschige Unterspannbahn befestigt war, brachte er mittels einer auf den Stahlträgern befestigten Unterkonstruktion Photovoltaikmodule an, die dabei zueinander jeweils einen Abstand von ein oder zwei Zentimetern aufwiesen und das zur Bewässerung benötigte Niederschlagswasser durchließen.
Nachdem der Kläger die Anlage bei der Beklagten als Netzbetreiberin angemeldet hatte, verweigerte diese die Einspeisevergütung. Daraufhin klagte der Kläger auf Vergütung und hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Hiergegen wendete sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Bundesgerichtshof: Der Bundesgerichtshof folgte der Ansicht des Klägers. Es komme für den Gebäudebegriff und die hierbei geforderte Überdeckung maßgeblich darauf an, ob ein unter Berücksichtigung der Funktion der baulichen Anlage schützender Abschluss nach oben vorliege, der in seiner festen, auf Dauer angelegten Verbindung mit den übrigen Bauteilen noch als Dach angesprochen werden könne. Der mangelnde seitliche Schutz spiele insofern nur eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus setze § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG nicht voraus, dass das Gebäude, auf dem die Anlage angebracht wird, vor Anbringung der Anlage bereits als (fertiges) Gebäude bestanden habe. Es genüge vielmehr, dass eine als Überdeckung vorgesehene Anlage mit ihrer Ausbildung als Dach die zuvor bestehende bauliche Anlage zum Gebäude komplettiere.
Quelle: Bundesgerichtshof
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