Landgericht Köln, 22.07.2024, Az.: 14 O 197/24
Das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) ergänzt vor allem die Bestimmungen des Digital Services Act (DSA). Der DSA stellt eine EU-Verordnung dar, die darauf abzielt, rechtswidrige Inhalte im Internet zu reduzieren, und definiert zahlreiche Verpflichtungen für Online-Dienstanbieter. Er etabliert einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für digitale Dienstleistungen in der EU, einschließlich Plattformen und Suchmaschinen. Diese Anbieter sind verpflichtet, Mechanismen zur Meldung und Beseitigung illegaler Inhalte zu implementieren.
Das Urteil des Landgerichts Köln, Az. 14 O 197/24, behandelt die Frage, ob eine Abmahnung vor der Klageerhebung erforderlich ist, wenn ein Urheberrechtsinhaber eine Online-Beschwerde wegen einer Urheberrechtsverletzung eingereicht hat und der betroffene Nutzer darauf mit einer „Counter Notification“ reagiert. Das Urteil bezieht sich auf ein Verfahren, das nach dem Inkrafttreten des Digital Services Act (DSA) geführt wurde, einem Gesetz, das die Haftung von Online-Plattformen für Inhalte ihrer Nutzer regelt und auch das Verfahren bei Urheberrechtsverletzungen betrifft.
Der Hintergrund des Verfahrens
Im vorliegenden Fall ist die Verfügungsklägerin ein Unternehmen, das sich auf die Verwaltung und Verwertung von Nutzungsrechten an Werken albanischer Künstler spezialisiert hat. Sie hatte mit einem Künstler, H. N., einen Vertrag über die Rechte an einem von ihm produzierten Video abgeschlossen, das die Explosion einer Kleinstadt in Albanien zeigt und auf verschiedenen Plattformen zugänglich gemacht wurde. Ein solches Video wurde jedoch ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin auf der Plattform B. veröffentlicht, was zu der Klage führte. Der Rechtsstreit betraf die Frage, ob die Verfügungsklägerin vor dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung eine formelle Abmahnung an den Verfügungsbeklagten hätte senden müssen, oder ob die einfache Beschwerde bei der Plattform B. aufgrund der Urheberrechtsverletzung ausreichend gewesen wäre.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln
Das Landgericht Köln stellte fest, dass eine formelle Abmahnung auch im Fall eines Online-Beschwerdeverfahrens erforderlich ist. Die Verfügungsklägerin hatte die Plattform B. über die Urheberrechtsverletzung informiert und das Video hatte zunächst entfernt werden müssen. B. wies jedoch darauf hin, dass das Video wieder freigegeben werden würde, falls der Rechtsinhaber keine gerichtliche Klage einreichte. Der Verfügungsbeklagte hatte daraufhin eine „Counter Notification“ eingereicht, in der er das Video als rechtmäßig verteidigte. Diese Counter Notification konnte jedoch die Notwendigkeit einer formellen Abmahnung nicht ersetzen. Nach Ansicht des Gerichts stellt die Counter Notification lediglich eine Reaktion auf die Sperrung des Videos durch B. dar und keine förmliche Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Urheberrechtsverletzung, was für die Kostenentscheidung von Bedeutung war.
Die Bedeutung der Abmahnung im Urheberrecht
In seiner Entscheidung betonte das Gericht, dass eine formelle Abmahnung nach § 97a UrhG nicht entbehrlich ist, auch wenn eine Online-Beschwerde eingereicht wurde. Eine Abmahnung dient nicht nur der Aufforderung zur Unterlassung, sondern auch dazu, dem vermeintlichen Verletzer die Möglichkeit zu geben, sich mit der Angelegenheit auseinanderzusetzen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Das Gericht stellte klar, dass die Abmahnung nicht nur eine formaljuristische Pflicht ist, sondern eine zentrale Funktion im Urheberrechtsschutz erfüllt, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und eine außergerichtliche Lösung zu ermöglichen. Dies sei besonders wichtig, da die Rechtsdurchsetzung im digitalen Raum aufgrund der Anonymität und der globalen Reichweite der Plattformen besonders herausfordernd sei.
Die Kostenentscheidung und ihre Folgen
In Bezug auf die Kosten des Verfahrens entschied das Gericht, dass die Verfügungsklägerin die Kosten tragen müsse, da sie das Verfahren ohne vorherige Abmahnung eingeleitet hatte, was gemäß der Rechtsprechung des Gerichts zu ihren Lasten ging. Trotz des sofortigen Anerkenntnisses des Verfügungsbeklagten wurde dieses als eine Reaktion auf die Klage und nicht als ein Hinweis darauf gewertet, dass die Verfügungsklägerin von Anfang an auf eine Abmahnung hätte verzichten können. Die Entscheidung macht deutlich, dass auch im digitalen Zeitalter die formellen Anforderungen an die Abmahnung weiterhin bestehen und nicht durch die Nutzung von Plattformen wie YouTube oder B. ersetzt werden können.
Fazit
Zusammenfassend stellt das Urteil klar, dass die formelle Abmahnung im Rahmen des Urheberrechts weiterhin notwendig bleibt, auch wenn moderne Online-Verfahren wie das DSA und die damit verbundenen Beschwerdeverfahren existieren. Das Urteil zeigt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Urheberrechtsverletzungen im digitalen Raum nicht nur die Verantwortung von Plattformen, sondern auch die der Rechteinhaber bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche betreffen.
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