Oberlandesgericht Brandenburg, 23.10.2012, Az.: 6 U 29/12
Wenn ein Gewerbemietvertrag von einer juristischen Person (z. B. einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) durch den Rechtsvertreter gekündigt werden soll, muss die Bevollmächtigung des kündigenden Rechtsanwalts durch alle Gesellschafter der GbR erfolgt sein.
Die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergeben sich gem. § 714 BGB aus dem Gesellschaftsvertrag.
Wenn die Gesellschaft nicht durch alle Gesellschafter handelt, liegt damit auch bei deren Teilnahme am Rechtsverkehr eine Situation vor, die der von § 174 BGB entspricht.
Handelt ein Gesellschafter allein, hat er entweder eine Vollmacht der übrigen Gesellschafter vorzulegen oder die von ihm aus dem Gesellschaftsvertrag in Anspruch genommene Vertretungsmacht durch dessen Vorlage oder durch Vorlage einer Erklärung aller oder der übrigen Gesellschafter über die Regelung der Vertretung der Gesellschaft zu belegen.
Unterbleibt ein solcher Nachweis, kann eine Erklärung, die nicht von allen Gesellschaftern abgegeben wird, nach § 174 BGB zurückgewiesen werden.
In der oben genannten Entscheidung hatte der Rechtsvertreter einer GbR sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich mehrfach die Kündigung eine Gewerbemietvertrages erklärt. Die auf Ihn ausgestellte Vollmachturkunde war von nur einem Gesellschafter unterschrieben worden und wurde dementsprechend von dem Kündigungsempfänger unverzüglich zurückgewiesen.
Hintergrund des Mietstreits
Die Klägerin betrieb in den gemieteten Räumen ein Eiscafé, das ursprünglich der Insolvenzmasse einer Genossenschaft angehörte. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens schloss die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter einen Mietvertrag über die Gewerberäume ab. Der Mietvertrag lief vom 1. November 2009 bis zum 31. Oktober 2011 und gewährte der Klägerin zwei Verlängerungsoptionen um jeweils drei Jahre. Ein weiteres mündliches Abkommen betraf die Nutzung von acht Pkw-Stellplätzen.
Im September 2010 wurde das Grundstück von der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erworben. Nach der Übernahme forderte die Beklagte die Klägerin zur Klärung der Nutzung der Stellplätze auf. Die Klägerin gab an, dass eine mündliche Vereinbarung zur Nutzung der Stellplätze bestehe. Daraufhin kündigte die Beklagte den Mietvertrag, da die Nutzung der Stellplätze nicht schriftlich geregelt worden sei, was gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB verstoße.
Kündigungen und Reaktionen
Die Beklagte erklärte zunächst im Dezember 2010 und Januar 2011 die ordentliche Kündigung des Mietvertrages, da sie die mündliche Abrede über die Stellplätze als Vertragsverletzung betrachtete. Die Klägerin wies die Kündigungen jedoch zurück, da keine ausreichende Vollmacht der Anwälte der Beklagten vorlag. Zudem übte die Klägerin im April 2011 ihre Verlängerungsoption aus, was den Mietvertrag um weitere drei Jahre verlängern sollte.
In ihrer Klage forderte die Klägerin die Feststellung, dass das Mietverhältnis durch die Kündigungen nicht beendet sei und weiterhin Bestand habe. Die Beklagte erhob daraufhin Widerklage und verlangte die Räumung der Räume sowie die Herausgabe der Stellplätze. Sie argumentierte, dass der Mietvertrag aufgrund der mündlichen Vereinbarung über die Stellplätze und des damit verbundenen Schriftformmangels auf unbestimmte Zeit geschlossen und daher ordentlich kündbar sei.
Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht gab der Klägerin recht und wies die Kündigungen der Beklagten zurück. Es befand, dass der Mietvertrag die Schriftformkriterien gemäß § 550 BGB erfülle und daher nicht ordentlich kündbar sei. Die mündliche Abrede über die Stellplätze wurde nicht als wesentlicher Vertragsbestandteil angesehen, sodass der Mietvertrag wirksam fortbestand. Auch die Widerklage der Beklagten wurde abgewiesen.
Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Es entschied, dass die Beklagte mit dem Kauf des Grundstücks in den bestehenden Mietvertrag eingetreten sei. Die Kündigungen der Beklagten vom Dezember 2010 und Januar 2011 seien unwirksam, da die erforderliche Vollmacht fehlte. Auch die spätere ordentliche Kündigung vom Oktober 2011 wurde als unzulässig beurteilt, da der Mietvertrag gemäß § 550 BGB aufgrund der schriftlichen Verlängerungsoption nicht ordentlich kündbar war. Ebenso wurde die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund vom Dezember 2011 abgewiesen, da der Beklagten kein Recht zur fristlosen Kündigung zustand.
Fazit
Das OLG Brandenburg entschied zugunsten der Klägerin und bestätigte, dass der Mietvertrag über die Gewerberäume fortbesteht. Die Beklagte hatte keine rechtliche Grundlage für die Kündigung, weder aufgrund des Schriftformmangels noch aus wichtigem Grund. Die mündliche Vereinbarung über die Stellplätze wurde nicht als entscheidender Vertragsbestandteil anerkannt.
Quelle: Oberlandesgericht Brandenburg
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