Mietrecht: Einer übermäßig lauten Familie kann trotz Hellhörigkeit des Mietshauses wirksam gekündigt werden

Kindergeschrei und Lärm, welcher durch den Bewegungs- und Spieldrang von Kindern ausgelöst wird, gehört grundsätzlich zum gewöhnlichen vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Wenn es somit nur um Kinderlärm geht, dann ist eine fristlose und/oder fristgemäße Kündigung nur dann möglich, wenn dieser ganz erheblich über das üblich Maß hinaus geht. In dem hier vorgestellten Fall ging es zwar auch um Kinderlärm, allerdings in erster Linie um permanente Lärmstörungen durch die gesamte Familie, also auch die Eltern.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Klägerin klagte auf Räumung gegen eine 8köpfige Familie

Klägerin in diesem Rechtsstreit war die Vermieterin, die Beklagten waren eine Familie mit 6 Kindern im Alter von 6 Monaten bis 10 Jahren. Diese mieteten im 3. Obergeschoss eines 8-Parteien-Hauses eine Wohnung. Die Beklagten wohnen mit ihren 6 Kindern im Alter von 6 Monaten bis 10 Jahren in dieser Wohnung.

Familie fiel immer wieder durch Geschrei, Musik und Streitgespräche auf

Bereits seit geraumer Zeit hatten sich einige der übrigen Hausbewohner über das Wohnverhalten der Beklagten, insbesondere über fortdauernde Lärmbelästigungen beschwert. Deswegen hatte die Klägerin die Beklagten mit Schreiben vom 27.01.1011 wegen Lärmbelästigungen durch Geschrei, Musik und Streitgespräche, überwiegend nachts, im Zeitraum vom 30.12.2021 bis 16.01.2022 abgemahnt. Eine weitere, anwaltliche Abmahnung war am 10.03.2022 erfolgt. Erneut war es dabei um Lärmbelästigungen durch lautes Gerede, Geschrei, Musik, aber auch nächtliches Wäschewaschen, Möbelrücken und Fußballspielen im Haus gekommen. Mehrfach war auch die Polizei gerufen worden. Am 23.06.2022 war eine dritte Abmahnung wegen Ruhestörungen im Zeitraum vom 05.04.2022 bis zum 19.06.2022 erfolgt. Dennoch waren die Lärmbelästigungen immer weitergegangen und sind weiter durch die anderen Hausbewohner angezeigt worden.

Auch die Polizei und Abmahnungen änderten an der Lärmbelästigung nichts

Bei einem nachfolgenden Kindergeburtstag der Beklagten sei von 18:00 Uhr bis zum Folgetag um 6:30 Uhr Lärm aus der Wohnung der Beklagten gekommen. Auch hier war die Polizei gerufen worden. In der Nacht vom 19.11.2022 auf den 20.11.2022 sei wieder gegen 01.00 Uhr Lärm aus der Wohnung der Beklagten gekommen. Es sei laut geredet, offensichtlich gestritten und es seien permanent Möbel verschoben worden. Dieser Lärm habe ungefähr 1 bis 1 1/2 Stunden angedauert.

Schließlich kündigte die Vermieterin fristlos und klagte auf Räumung

Wegen dieser weiteren Ruhestörung kündigte Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten mit Datum vom 05.12.2022 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31.03.2023. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.03.2023, den Beklagten zugestellt am 10.03.2023, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis vorsorglich erneut fristlos wegen weiterer nächtlicher Ruhestörungen am 19.02.2023 sowie am 26./27.02.2023.

Eine weitere fristlose Kündigung erfolgte mit Schriftsatz vom 20.06.2023, bezogen auf weitere Ruhestörungen durch Musik, Geschrei und lautes Gerede am 09.04., 13.05. und 29.05.2023. Zuletzt hatte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos mit Schriftsatz vom 06.07.2023 wegen einer weiteren Lärmstörung am 15.06.2023 fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt.

Schließlich reichte die Klägerin Räumungsklage beim Amtsgericht Münster ein. Die Beklagten bestritten sämtliche Vorwürfe und argumentierten, dass das Haus von schlechter Bauqualität und damit sehr hellhörig sei. Zwar ginge natürlich von einer achtköpfigen Familie ein gewisser Geräuschpegel aus, die Kinder seien aber immer zur Ruhe angehalten worden.

Entscheidung des Amtsgerichts Münster

Das Amtsgericht Münster urteilte, dass die Vermieterin wirksam gekündigt habe.

Die Klägerin habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung aus § 546 Abs. 1 BGB. Das Mietverhältnis sei bereits durch die erste fristlose Kündigung vom 05.12.2022 beendet worden.

Die den Beklagten unstreitig am 07.12.2022 zugestellte Kündigung sei wirksam gewesen.

Die Klägerin war gem. § 543 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB berechtigt gewesen, das Mietverhältnis fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen, da auch die nachhaltige Störung des Hausfriedens einen solchen wichtigen Grund darstellen könne. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens setze voraus, dass eine Mietpartei die gemäß § 241 Abs. 2 BGB aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme folgende Pflicht, sich bei der Nutzung der Mietsache so zu verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr als unvermeidlich gestört werden, in schwerwiegender Weise verletze.

Die Zeugenvernehmung habe erwiesen, dass die Familie immer wieder Lärm gemacht habe

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagten ihre Pflicht zum vertragsgemäßen Gebrauch durch wiederholte Lärmbelästigungen nicht nur unerheblich verletzt und den Hausfrieden damit nachhaltig gestört hätten. Die Zeugen hätten übereinstimmend und glaubhaft geschildert, dass die Beklagten schon seit ihrem Einzug im Jahre 2018 immer wieder auch nach 22.00 h und teilweise bis in die Morgenstunden hinein laut Musik hören, reden, schreien und Möbel verrücken würden. Von Bitten um Ruhe ließen sie sich dabei ebenso wenig nachhaltig abhalten wie von Polizeieinsätzen.

Das weder Polizei noch Abmahnungen das Verhalten geändert hätten wiegt schwer

Schließlich sei das Gericht auch davon überzeugt, dass die Lärmbelästigungen hier schuldhaft verursacht worden und nicht allein mit der schlechten Bauqualität des Mehrfamilienhauses erklärbar seien. Die Zeugin habe insoweit zwar durchaus eingeräumt, das Haus hellhörig sei und man auch Türenschlagen im Haus höre. Aber auch die Zeugin M. habe angegeben, dass sie ein bloßes Reden aus den Nachbarwohnungen nicht wahrnehme. Die hiesigen Vorwürfe würden auch über den normalen Mietgebrauch weit hinausgehen, regelmäßige nächtliche Feiern, zumal unter der Woche, und lautstarke Streitereien, würden auch in einem nicht so hellhörigen Haus keine vertragsgemäße Nutzung mehr darstellen. Insofern ginge es vorliegend auch nicht um grundsätzlich zu duldenden Kinderlärm.

Zwar sei das Haus hellhörig, dies ändere aber nichts an der Störung des Hausfriedens

Die Klägerin habe die Beklagten vor der fristlosen Kündigung auch zweimal wegen ähnlicher Verstöße unter Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit abgemahnt, so dass die Beklagten hinreichend gewarnt worden seien. Die weiteren Kündigungen, die auf Beschwerden der Mitmieter beruhen, würden aber zeigen, dass die Beklagten ihr Verhalten insoweit nicht geändert hätten

Wegen der drohenden Obdachlosigkeit müsste den Beklagten aber eine lange Räumungsfrist gewährt werden

Den Beklagten sei hier allerdings gemäß § 721 ZPO auf ihren Antrag eine Räumungsfrist zu gewähren. Eine Abwägung der Parteiinteressen spreche hier für eine verhältnismäßig lange Räumungsfrist. Das Gericht verkenne nicht, dass die nachhaltige Störung des Hausfriedens durch die Lärmbelästigungen auf Seiten der Klägerin ein gewichtiges Interesse darstellen würden. Angesichts des bisherigen Verhaltens der Beklagten sei insoweit auch nicht unbedingt mit einer Besserung zu rechnen. Auf der anderen Seite drohe hier einer Familie mit sechs, zum Teil noch sehr kleinen, Kindern die Obdachlosigkeit. Gerade für die Kinder, die ihrerseits keine Schuld an der Situation tragen würden, sxeien die Folgen daher dramatisch. Eine Wohnung für eine achtköpfige Familie sei gerichtsbekannt schwer zu finden, auch die Klägerin habe kein entsprechendes Angebot unterbreiten können. Somit sei eine lange Räumungsfrist trotz der schuldhaft verursachten Lärmbelästigungen angemessen gewesen.

Quelle: Amtsgericht Münster

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