Amtsgericht Köln, 08.10.2019, Az. 215 C 45/19
Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern und Hausverwaltung sind im Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) geregelt. Zu möglicherweise anfallenden zukünftigen Kosten bilden die Eigentümer eine Instandhaltungsrücklage, für die sie regelmäßig Beiträge zahlen und die in der Regel von der Verwaltung verwaltet wird. Sie dient der langfristigen Erhaltung des Hauses und grundsätzlich nicht der freien Verwendung zur Begleichung von Betriebskosten. Sie ist gemäß § 28 I 2 Nr. 3 WEG Teil des Wirtschaftsplans.
In der Wohnungseigentümerversammlung beschließen die Eigentümer gemeinsam, wie die Hausverwaltung gestaltet werden soll. Dabei wird auch festgelegt, wie mit den Geldern der Gemeinschaft verfahren wird. Hierzu wird ein Wirtschaftsplan beschlossen, der die vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben festlegt, woraus sich die Zahlungsverpflichtungen der Eigentümer ergeben. Wird nun jedoch in der Eigentümerversammlung beschlossen, dass Beiträge für die Instandhaltungsrücklage nunmehr auch für die Begleichung von Betriebskosten verwendet werden sollen, kann es zu einer vollständigen Verwendung der Rücklage entgegen ihres Zwecks kommen.
Das Amtsgericht Köln hat in dem nachstehenden Urteil entschieden, dass ein freier Zugriff auf die Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage durch Beschluss nicht ohne weiteres ermöglicht werden kann.
Sachverhalt: Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Gültigkeit von Beschlüssen in der Eigentümerversammlung. Sie bilden eine Erbbaugemeinschaft, die Klägerin hält 12,496/1000stel für die von ihr selbst genutzte Wohnung.
Im Abrechnungsjahr 2017 entnahm die Verwaltung wegen einer Überschreitung der Kosten des Wirtschaftsplans rund 3000 € aus der Instandhaltungsrücklage für die Begleichung von Betriebskosten. Ein Beschlussanfechtungsverfahren gegen die Jahresabrechnung 2017 führt zu dessen Teilaufhebung.
In der Eigentümerversammlung im April 2019 wurden zwei Beschlüsse gefasst. Zum einen wurde der Verwaltung eine Verwendungsberechtigung an der Rücklage erteilt (Beschluss I). Zum anderen wurde die Darstellung der Instandhaltungsrücklage in Form der „IST-Rücklage 2017“ per 31.12.2017 geändert (Beschluss II).
Nach Auffassung der Klägerin verstößt der Beschluss I gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Eckdaten für einen Zugriff der Verwaltung auf die Instandhaltungsrücklage nicht eingehalten werden. Sie bemängelt eine fehlende betragsmäßige Obergrenze, sowie eine fehlende zeitliche und sachliche Begrenzung. Hierdurch sieht sie das Institut der Rücklagenbildung ausgehöhlt, da ein Ansparen und Abrechnen von „freiem Geld“ nicht über die Position der Rücklagenbildung erfolgen könne.
Wegen der fehlenden Rückführungs- bzw. Nachfüllpflicht sieht sie die „eiserne Reserve“ in Gefahr.
Beschluss II hält sie für ungültig, zur Heilung der fehlerhaften Abrechnung des Jahres 2017 ohne weitere Erläuterung der Betrag der IST-Rücklage ausgetauscht wird. Dies enthält ihrer Meinung nach keinen Informationswert für die Vermögensverhältnisse, da unter Zugrundelegung dieser Darstellung ein Differenzbetrag verbleibt. Da aus der Darstellung kein logischer Zusammenhang zwischen den Beträgen ersichtlich ist, fehle auch die vom BGH geforderte Transparenz über das Rücklagevermögen.
Daher beantragt die Klägerin, dass das Gericht beide Beschlüsse für ungültig erklärt.
Die Beklagten halten dagegen beide Beschlüsse für gültig.
Eine Zweckbindung des Zuführungsbetrags zur Instandhaltungsrücklage gemäß Wirtschaftsplan erst mit der Erstellung der Jahresabrechnung festzulegen (Beschluss I), liege in ihrem Ermessen. Die Eckdaten für einen limitierten Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage seien eingehalten worden, da der Betrag der Höhe nach durch den im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Zuführungsbetrag zur Instandhaltungsrücklage beschränkt sei. Auch sei die Zweckbindung durch die Jahresabrechnungsergebnisse hergestellt, so dass die freie Zweckbindung nur bis zur Erstellung der Jahresabrechnung laufe. Einen Eingriff in die eiserne Reserve hält sie für abwegig, da die Rücklagenbestand nicht tangiert werde.
Bezüglich Beschluss II führen die Beklagten aus, dass etwaige Transparenzmängel bei Abflüssen aus der IST-Rücklage für Betriebskosten behoben seien, da diese nunmehr offen ausgewiesen werden.
Daher beantragen sie die Klage abzuweisen.
Amtsgericht Köln: Das Amtsgericht Köln hält die Klage bezüglich Beschluss I für begründet, hinsichtlich Beschluss II für unbegründet.
Es urteilt, dass Beschluss I den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, da er die vom Gesetz vorgesehene Zweckbindung der Instandhaltungsrücklage in Bezug auf die laufenden Zuführungen aushöhle. Der Verwaltung dürfe kein uneingeschränkter Freibrief zur Verwendung der Beitragsleistung zu der Instandhaltungsrücklage erteilt werden, da dies einer vollkommenen Aufhebung der Zweckbindung gleichkäme. Die Aufhebung der Zweckbindung könne zwar notwendig sein, dürfe jedoch nur temporär und der Höhe nach limitiert aufgehoben werden. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Beschluss I diese Zweckbindung allerdings weitgehend aufhebt, da der Verwaltung ein vollumfänglicher Zugriff auf die Beitragsleistungen ermöglicht wird. Das Eintreten der Bindungswirkung liege allein in den Händen der Verwaltung, was wiederum dazu führen könne, dass keine Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage mehr gebunden werden. Diese Entscheidung in diesem Umfang auf die Verwaltung zu übertragen, entspreche jedoch nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Somit erklärt das Gericht Beschluss I für ungültig.
Beschluss II dagegen entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, insbesondere ist er hinreichend transparent. Die neue Darstellung der IST-Rücklage weise den entnommenen Betrag für Betriebskosten aus, woraus sich der Endbetrag ergebe. Sie genügt auch en Transparenzanforderungen des BGH, da sie die Vermögenslage der Gemeinschaft erkennen lasse und eine Plausibilitätsprüfung der Jahresabrechnung ermöglicht sei. Insbesondere zeige die Darstellung die zur Verfügung stehenden Mittel der Gemeinschaft aus der Rücklage. Der Einwand der Klägerin, es fehle ein logischer Zusammenhang zwischen den Beträgen, weißt es mit der Begründung ab, dass dieser Zusammenhang durch Belegeinsicht hergestellt werden könne. Somit erklärt das Gericht Beschluss II für gültig.
Quelle: Amtsgericht Köln
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