Mietrecht: Mieter kann sich mit einstweiliger Verfügung gegen Lärm durch Vermieter wehren.

Amtsgericht Bremen, 23.06.2016, 6 C 186/16

Starker, anhaltender Lärm, insbesondere durch Bauarbeiten, kann sowohl körperliche als auch psychische Folgen für denjenigen haben, der dem Lärm ausgesetzt ist. Vor allem in der eigenen Wohnung, welche man gerne als einen Rückzugsort definiert, kann dies als sehr belastend empfunden werden.

Wird ein Mieter durch Lärm beeinträchtigt, kann dieser in bestimmten Fällen eine Mietminderung gegenüber dem Vermieter geltend machen. Fraglich ist jedoch, ob ein Mieter von seinem Vermieter auch die völlige Einstellung des Lärm mittels einer einstweiligen Verfügung geltend machen kann.

Ob ein Wohnungsmieter von seinem Vermieter das Unterlassen lärmintensiver Modernisierungsarbeiten – z.B. Bohr-, Säge- oder Hammerarbeiten sowie Arbeiten unter Einsatz von Baumaschinen –  zu bestimmten Tageszeiten verlangen kann, hängt davon ab, ob durch die Lärmbeeinträchtigung eine Besitzstörung gem. § 862 Abs. 1 BGB gegeben ist.

Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Wohnungsmieter dabei in seinem Schlaf gestört wird auch wenn der Schlaf am Nachmittag stattfinden soll, weil der Mieter Nachschichten machen muss.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

Die Vermieterin führte an dem Haus umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen durch.

Die Beklagte (Vermieterin) in diesem Fall hatte dem Kläger (Mieter) mit Schreiben vom 22.10.2015 energieeinsparende Modernisierungsmaßnahmen an dem bewohnten Haus angekündigt. Dabei handelte es sich um eine Verbesserung der Dachdämmung sowie um die Entfernung der bisherigen Dachhaut, die Dämmung der Kellerdecke und die Sanierung der Balkone mit dem Aufbau des Gerüsts. Die Dauer der Maßnahmen sollte von Januar bis einschließlich September 2016 betragen.

Der Kläger arbeitete als Arbeiter in einem Lager wochentäglich in der Zeit von 02:00 Uhr bis 10:30 Uhr. Die Zeit, die er für seinen Schlaf benötigte, lag zwischen 11:30 Uhr und 16:30 Uhr sowie zwischen 20:00 Uhr und 03:00 Uhr.

Da der Kläger Nachtarbeiter war, benötigte er tagsüber ausreichend Schlaf.

Mit einem kurz darauf folgenden Schreiben wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er aufgrund seiner Arbeitszeiten ab ca. 12 bis 13 Uhr auf ungestörten Schlaf angewiesen war. Als Alternativlösung schlug er daher vor, dass sie ihm für die Zeit der Modernisierungsmaßnahmen eine Ersatzwohnung zur Verfügung stellen solle. In der Folge entstand ein Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der Beklagten, sodass am Ende keine Einigung stattfand. Zusätzlich lehnte die Beklagte weitere Verhandlungen konsequent ab.

Die Modernisierungsarbeiten begannen und hatten starken Lärm und Erschütterungen in der gemieteten Wohnung des Klägers zur Folge. Wochentags von 07:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr nachmittags sowie samstags von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr kam es durchgehend zum Einsatz von Bohrern, Sägen, Presslufthämmern, Betonmischmaschinen und weiterem Gerät. Auch mit Ohrstöpseln konnte der Kläger den Lärm nicht ertragen.

Mieter versuchte, den Lärm durch einstweilige Verfügung zu untersagen.

In der Folge war der Kläger an seinem Schlaf gehindert, sodass er sich mittlerweile kurz vor einem gesundheitlichen Zusammenbruch befand und sich bereits arbeitsunfähig krankschreiben lassen musste.

Deswegen reichte der Kläger beim Amtsgericht Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, mit welcher er den Lärm durch die Vermieterin stoppen wollte.

Urteil des Amtsgerichts Bremen:

Das Amtsgericht Bremen hat nun entschieden, dass der Kläger als Mieter die Störung in Form von lautem Lärm – dem Einsatz von Bohrern, Sägen, Presslufthämmern, Betonmischmaschinen und eines großen Krans – nach 13:00 Uhr nicht dulden muss.

Im Sinne des § 854 BGB seien Störungen erhebliche Beeinträchtigungen. Als Störung im Sinne des § 854 BGB seien daher nur erhebliche Beeinträchtigungen, insbesondere solche im Sinne des § 906 BGB, anzusehen (BGH, Urteil vom 12.12.2003 – V ZR 180/03, NJW 2004, 775; analog für Besitzer untereinander: BGH v. 14.04.1954 – VI ZR 35/53, JZ 1954, 613; Joost in: Münchener Kommentar, 6. Auflage 2013, § 858 Rn. 5). Der Verfügungsanspruch ergebe sich aus §§ 862 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB, da der Kläger in seinem Besitz widerrechtlich gestört sei.

Mieter wird durch den Lärm widerrechtlich in seinem Besitz gestört.

Somit habe der Kläger, der wegen der Nachtarbeit auf ungestörten Schlaf am Tag angewiesen sei, gemäß § 862 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die Unterlassung der lärmintensiven Modernisierungsmaßnahmen zu bestimmten Tageszeiten, da er in seinem Besitz widerrechtlich gestört worden sei. Es habe angesichts der täglichen Dauer, der Intensität und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten bis September 2016 eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB vorgelegen.

Quelle: Amtsgericht Bremen

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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