Amtsgericht Hamburg, 20.08.2014, Az.: 49 C 174/13
Die Wohnflächenangabe stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung im Mietvertrag dar. So werde die vom Vermieter geschuldete Sollbeschaffenheit nach § 535 I 2 BGB festgelegt.
Der BGH nimmt in seiner Rechtsprechung an, dass bei einer Unterschreitung der vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % eine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs unwiderleglich zu vermuten ist, so dass ein Sachmangel i.S.d. § 536 I BGB vorliegt.
Die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung – II. BV) ist eine Verordnung zur Bestimmung der vereinbarten Wohnfläche. § 42 bestimmt, dass wenn die Wohnfläche bis zum 31. Dezember 2003 nach dieser Verordnung berechnet worden ist, es bei dieser Berechnung bleibe. Werden jedoch in diesen Fällen nach dem 31. Dezember 2003 bauliche Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen, sind die Vorschriften der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346) anzuwenden.
Daneben wurden für die Berechnung der Wohnfläche vor allem die DIN 283 und die DIN 277 angewendet. Unterschiede zwischen diesen Berechnungsmethoden bestehen insbesondere bei der Anrechnung so genannter Freiflächen wie Balkonen und Terrassen. Diese sind in der Regel zu ein Viertel und mit Begründung bis zur Hälfte, nach der II. Berechnungsverordnung jedoch zur Hälfte anrechenbar.
Nach welchen Grundsätzen der Wohnraum im nachstehenden Fall zu berechnen war, hatte das Amtsgericht Hamburg zu entscheiden. Dabei führte es aus, dass für die Bestimmung der ortsüblichen Berechnungsmethode allein die bestehende örtliche Verkehrssitte maßgeblich sei. An einer solchen Verkehrssitte fehle es dann, wenn eine Wohnflächenberechnung nach der 1983 ersatzlos aufgehobenen DIN 283 bei Abschluss des Mietvertrages nicht unüblich gewesen sei. Eine Verkehrssitte wäre aber nur dann anzunehmen, wenn bei Abschluss des Mietvertrages etwa die Wohnflächenberechnung nach dem Mietenspiegel auf Grundlage der DIN 283 erfolgt wäre.
Sachverhalt des Falls
In diesem Fall forderten die Kläger eine Rückzahlung von Mietzinsen aufgrund einer Flächenabweichung ihrer seit 1978 gemieteten Wohnung in Hamburg. Der Mietvertrag nannte eine Wohnfläche von 123,95 m², während die Kläger behaupteten, die tatsächliche Wohnfläche betrage nur 111,2 m². Sie machten Mietminderungsansprüche in Höhe von 8.440,82 € geltend, basierend auf der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten und der tatsächlichen Fläche. Darüber hinaus forderten sie, den Balkon nur zu einem Viertel der Wohnfläche anzurechnen. Der Beklagte, Gesellschafter der Eigentümergemeinschaft, bestritt diese Ansprüche und argumentierte, dass die Wohnfläche 112,10 m² betrage, was keinen minderungsrelevanten Mangel darstelle.
Rechtliche Grundlage
Die Klage basierte auf § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, der einen Mangel der Mietsache feststellt, wenn die tatsächliche Wohnfläche mehr als 10 % von der vertraglich vereinbarten Fläche abweicht. Im vorliegenden Fall hätte ein Mangel vorgelegen, wenn die tatsächliche Wohnfläche weniger als 111,56 m² betragen hätte. Das Gericht prüfte die Berechnung der Wohnfläche und insbesondere, wie die Balkonfläche anzurechnen sei. Die Kläger forderten eine geringere Anrechnung des Balkons, während der Beklagte die Anrechnung zur Hälfte verteidigte.
Gutachten und Berechnung der Wohnfläche
Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die Wohnfläche 111,27 m² betrug, wobei der Balkon zu einem Viertel angerechnet wurde. Da jedoch keine abweichende Verkehrssitte zur Berechnung der Wohnfläche festgestellt wurde, entschied das Gericht, dass der Balkon zur Hälfte einzurechnen sei. Daraus ergab sich eine Wohnfläche von 111,91 m², womit die Abweichung von der vertraglich festgelegten Fläche weniger als 10 % betrug und somit keinen Mangel darstellte.
Relevanz der Verkehrssitte
Das Gericht stellte fest, dass in Hamburg keine abweichende Verkehrssitte zur Berechnung der Wohnfläche bestand, die eine Anrechnung des Balkons zu einem Viertel gerechtfertigt hätte. Maßgeblich sei die Berechnung nach den §§ 42 bis 44 II. BV, die den Balkon zur Hälfte anrechnet. Eine Berechnung nach der DIN 283 sei nicht ortsüblich gewesen, sodass diese Methode nicht anzuwenden war.
Urteil des Amtsgerichts
Das Amtsgericht Hamburg wies die Klage ab. Da die tatsächliche Wohnfläche nicht mehr als 10 % von der im Mietvertrag angegebenen Fläche abwich und keine abweichende Berechnungsmethode vereinbart wurde, lag kein Mangel der Mietsache vor. Die Kläger hatten somit keinen Anspruch auf Rückzahlung der Mietzinsen. Ein weiteres Sachverständigengutachten hielt das Gericht für entbehrlich.
Quelle: Amtsgericht Hamburg
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