Bundesgerichtshof, 11.06.2014, Az.: VIII ZR 349/13
Um Kosten zu sparen, vermieten viele Mieter ihre Wohnung ganz oder teilweise unter. Eine solche Untervermietung durch den Mieter ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Zunächst einmal benötigt der Mieter gemäß § 540 BGB die ausdrückliche Genehmigung des Vermieters zur Untervermietung.
Wird diese nicht vorher eingeholt, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen einen Unterlassungsanspruch oder Schadensersatzanspruch gegen den Mieter geltend machen, notfalls natürlich auch vor Gericht. Möglich ist auch die Kündigung des (Haupt-)Mieters.
Informiert der Mieter den Vermieter hingegen vorher und erbittet dessen Genehmigung, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet sein, seine Genehmigung zur Untervermietung zu erteilen.
Dies ist immer dann der Fall, wenn für den Mieter nach Abschluss des Vertrages ein berechtigtes Interesse an einer Untervermietung entstanden ist. Dies kann insbesondere auf einer Veränderung der wirtschaftlichen, persönlichen oder familiären Verhältnisse des Mieters beruhen. Zentrale Vorschrift dafür ist § 553 BGB.
(1) Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.(2) Ist dem Vermieter die Überlassung nur bei einer angemessenen Erhöhung der Miete zuzumuten, so kann er die Erlaubnis davon abhängig machen, dass der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden erklärt.(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Verweigert der Vermieter bei Vorliegen eines solchen Interesses seine Zustimmung, kann der Mieter den Mietvertrag außerordentlich kündigen und unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz gegen den Vermieter, gerichtet auf entgangenen Mietzins, geltend machen.
Allerdings darf der Vermieter die Untervermietung selbst bei einem berechtigten Interesse des Mieters verweigern, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegen würde (wenn der Dritte zum Beispiel das mietrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt), der Wohnraum übermäßig belegt werden würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.
Unter bestimmten Umständen kann der Vermieter auch eine angemessene Mieterhöhung verlangen.
In dem oben genannten Fall des Bundesgerichtshofes hatte dieser im Rahmen der Revision über den Schadensersatzanspruch eines Mieters zu entscheiden, welchem trotz Vorliegen eines berechtigten Interesses die Untervermietung seiner Wohnung verweigert wurde.
Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:
Mieter wollte seine Wohnung für einen berufsbedingten Auslandsaufenthalt untervermieten
Die Kläger waren Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Dreizimmerwohnung der Beklagten in Hamburg. Die Nettokaltmiete belief sich auf 535 € monatlich.
Der Kläger zu 2 studierte im Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.08.2009 an der Universität Ottawa/Kanada und nahm zum 01.01.2011 eine Lehrtätigkeit als Professor an der School of Nursing der Universität Ottawa auf.
Sein Arbeitsvertrag war befristet bis zum 30.06.2014. Die Klägerin zu 1 war seit Herbst 2010 arbeitslos und begleitete den Kläger zu 2 nach Kanada. Seit 15.11.2010 hielten sich beide Kläger in Kanada auf.
Mit Schreiben vom 19.08.2010 hatten die Kläger die Hausverwaltung der Beklagten von ihrer Absicht unterrichtet, die Wohnung – mit Ausnahme eines von ihnen weiter genutzten Zimmers – ab dem 15.11.2010 voraussichtlich für zwei Jahre an Frau A. H. unterzuvermieten, weil sie sich in dieser Zeit aus beruflichen Gründen regelmäßig im Ausland aufhalten würden.
Auf Nachfrage der Hausverwaltung der Beklagten übersandten die Kläger dieser mit Schreiben vom 13.10.2010 eine Kopie des Personalausweises der künftigen Untermieterin und teilten mit, dass geplant sei, ihr zwei der drei Zimmer gegen anteilige Erstattung des Mietzinses zu überlassen.
Vermieterin verweigert die Untervermietung generell
Da keine Reaktion der Beklagten erfolgte, setzten die Kläger der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 03.11.2010, gerichtet an die Hausverwaltung, letztmalig eine Frist zur Gestattung der Untervermietung bis zum 10.11.2010. Daraufhin verweigerte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 10.11.2010 die Zustimmung zur Untervermietung an Frau H. oder an andere Dritte.
Die Kläger erhoben daraufhin Klage auf Zustimmung zur Untervermietung an Herrn Dr. S. und später an Frau B. (jeweils bis zum 31.12.2012). Frau H. und anschließend auch Herr Dr. S. hatten nach dem Vorbringen der Kläger ihr Anmietungsinteresse im Hinblick auf die versagte Zustimmung der Beklagten aufgegeben.
Amtsgericht spricht Verpflichtung des Vermieters zur Zustimmung der Untervermietung aus
Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 04.10.2011 wurde die Beklagte verurteilt, den Klägern zu erlauben, die beiden vorderen Zimmer der Wohnung an Frau B. bis zum 31.12.2012 unterzuvermieten.
Nachfolgend nahmen die Kläger die Beklagte auf Zahlung entgangener Untermiete im Zeitraum vom 15.11.2010 bis 30.10.2011 in Höhe von insgesamt 7.475 € nebst Zinsen in Anspruch und begründeten ihren Anspruch damit, dass die Mietinteressenten H. und Dr. S. im Falle der Zustimmung der Beklagten bereit gewesen wären, die beiden vorderen Zimmer gegen Zahlung von monatlich 650 € anzumieten.
Amtsgericht und Landgericht sehen Schadensersatzanspruch der Kläger als gegeben an
Der auf Geltendmachung dieses Anspruches gerichteten Klage gab das zunächst angerufene Amtsgericht statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Dabei stützte das Landgericht seine Entscheidung insbesondere auf die folgenden Erwägungen:
Die Beklagte habe den Klägern pflichtwidrig die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert. Die Kläger hätten ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung von zwei Räumen der angemieteten Dreizimmerwohnung gehabt, weil sie hierdurch die Mietlasten hätten verringern und sich die Wohnung für die Zeit ihrer Rückkehr nach Deutschland hätten erhalten wollen.
Dem berechtigten Interesse an der Untervermietung stünde darüber hinaus nicht entgegen, dass sich die Kläger für die Dauer der Untervermietung überwiegend in Kanada aufgehalten hätten. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bestünde im Hinblick auf die „Mobilität und Flexibilität in der heutigen Gesellschaft“, die es erfordern könne, an einer andernorts gelegenen Arbeitsstelle eine weitere Wohnung zu begründen, ein Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis auch dann, wenn der Mieter seinen Lebensmittelpunkt nicht in der Wohnung habe.
Vermieter habe kein der Untervermietung entgegen stehendes Interesse geltend gemacht
Diese Grundsätze hätten nach Ansicht der Berufungskammer auch bei einem zeitlich begrenzten mehrjährigen Aufenthalt im Ausland zu gelten, zumal für eine berufliche Tätigkeit in Deutschland zunehmend Auslandserfahrung benötigt werde. Ein der Untervermietung entgegenstehendes Interesse der Beklagten sei nicht erkennbar.
Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft erfolgt. Die Beklagte habe die gegen sie sprechende Vermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht widerlegt. Sie könne sich nicht mit dem Einwand entlasten, der Sachverhalt sei rechtlich und tatsächlich schwierig und undurchsichtig gewesen. Zwar habe vorliegend eine unklare Rechtslage bestanden, weil die Frage, ob auch bei einer mehrjährigen Abwesenheit des Mieters aufgrund eines Auslandsaufenthalts eine Verpflichtung zur Erteilung einer Untervermietungserlaubnis bestünde, in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich beurteilt werde und vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Diese Unsicherheit läge jedoch im Risikobereich der Beklagten. Ihr sei zuzumuten gewesen, eine Untervermietungserlaubnis zu erteilen, weil ihr hierdurch kein Schaden gedroht habe.
Urteil des Bundesgerichtshofes:
Auch der BGH sieht Schadensersatz der Mieter wegen der verhinderten Untervermietung
Dieser Beurteilung folgte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung und urteilte, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des im Zeitraum vom 15.11.2010 bis 30.10.2011 angefallenen Mietausfallschadens in Höhe von 7.475 € rechtsfehlerfrei bejaht habe.
Den Klägern stünde nach § 553 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Gestattung der Untervermietung der zwei vorderen Zimmer der Mietwohnung an Frau H. zu. Indem die Beklagte die danach geschuldete Zustimmung zur Untervermietung verweigert habe, hätte sie schuldhaft eine mietvertragliche Pflicht verletzt und sei daher zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens (Mietausfalls) verpflichtet.
Nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB könne der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entstünde.
Dies gelte nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliege, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden könne. Davon ausgehend hätte das Berufungsgericht einen Anspruch der Kläger auf Gestattung der Untervermietung von zwei Räumen der Dreizimmerwohnung an Frau H. rechtsfehlerfrei bejaht.
Der Auslandsaufenthalt habe ein berechtigtes Interesse der Mieter dargestellt
Insbesondere habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ein berechtigtes Interesse der Kläger darin gesehen, dass diese ab 15. November 2010 ihren Lebensmittelpunkt für mehrere Jahre in Ottawa/Kanada begründeten.
Ein Interesse des Mieters im Sinne von § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB sei immer schon dann anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen würden, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen würden.
Als berechtigt sei dabei jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechtsordnung in Einklang stünde.
Der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung aus § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB sei – vor allem in der durch Mobilität und Flexibilität geprägten heutigen Gesellschaft – nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Mieter seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung habe.
Denn dies würde dem Zweck des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB zuwiderlaufen, dem Mieter auch dann die Wohnung zu erhalten, wenn er einen Teil untervermieten möchte, und der grundsätzlich anzuerkennenden Entscheidung des Mieters, sein Privatleben „innerhalb der eigenen vier Wände“ nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Daher sei der Wunsch eines Mieters, der am Ort seiner in einer anderen Stadt gelegenen Arbeitsstelle unter Beibehaltung der bisherigen Wohnung eine weitere Wohnung angemietet habe, von berufsbedingt entstehenden Reise- und Wohnungskosten entlastet zu werden, als berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen. Dies gelte – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe und was auch die Revision nicht ernsthaft in Frage stellen würde – auch für die Aufnahme einer (befristeten) Arbeitstätigkeit im Ausland.
Entgegen der Ansicht des BGH würde auch der Umfang der Untervermietung einer Erlaubnis im vorliegenden Fall nicht entgegenstehen.
§ 553 Abs. 1 BGB würde weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich seiner weiteren Nutzung durch den Mieter aufweisen.
Die Stimmen in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum, die in unterschiedlicher Ausprägung dem Mieter nur dann einen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung gewähren wollten, wenn ihm ein wesentlicher Teil der Wohnung zur Eigennutzung (zu Wohnzwecken) verbleiben würde, würden bei der Auslegung des § 553 Abs. 1 BGB Kriterien anwenden, die im Gesetz keine Stütze finden und die dem Regelungszweck der genannten Vorschrift zuwiderlaufen würden.
Etwaigen gegenläufigen Interessen des Vermieters an der Untervermietung werde durch die ergänzenden Regelungen des § 553 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB Rechnung getragen. Nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB sei ein Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis ausgeschlossen, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegen würde, der Wohnraum übermäßig belegt werden würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden könne.
In den Fällen, in denen dem Vermieter die Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte nur gegen angemessene Erhöhung der Miete zuzumuten sei, sehe § 553 Abs. 2 BGB vor, dass der Vermieter die Erlaubnis von einer entsprechenden Einverständniserklärung des Mieters abhängig machen könne.
§ 553 Abs. 1, 2 BGB trage damit den unterschiedlichen Interessen der Mietvertragsparteien bei einer Untervermietung durch eine abgestufte Interessen- und Zumutbarkeitsprüfung Rechnung. Dagegen lege § 553 Abs. 1 BGB dem Mieter nicht zusätzlich ungeschriebene Pflichten auf, denen er sich zum Schutz des Vermieters durch eine Untervermietung nicht entziehen können solle.
Dem stünde schon entgegen, dass § 553 Abs. 1 BGB die zu berücksichtigenden Interessen abschließend festlegen würde. Ein schutzwürdiges Interesse des Vermieters daran, dem Mieter eine Untervermietung nur dann zu gestatten, wenn er den Wohnraum im Wesentlichen selbst nutzen oder zumindest die Sachherrschaft über den Wohnraum ausüben würde, bestünde nicht.
Denn der Vermieter werde ausreichend dadurch geschützt, dass der Untermieter Erfüllungsgehilfe des Mieters hinsichtlich der Obhut über die Mietsache sei und der Mieter demzufolge dem Vermieter gemäß § 278 BGB für Verletzungen der Obhutspflicht haften würde.
Auch habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei das Vorliegen von Gründen verneint, die gemäß § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB einem Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung entgegenstehen könnten.
Der Vermieter habe die Untervermietung schuldhaft verweigert
Auch habe die Beklagte die Erlaubnis zur Untervermietung schuldhaft verweigert. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB werde ein Verschulden der Beklagten vermutet. Eine Widerlegung dieser Vermutung habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
Ein Verschulden der Beklagten entfiele auch nicht deshalb, weil sie aufgrund einer unklaren Rechtslage hätte davon ausgehen dürfen, dass sie zu einer Gestattung der Untervermietung nicht verpflichtet gewesen sei.
Zwar treffe es zu, dass die Frage, ob ein Mieter einen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung habe, wenn er einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt antrete, während dessen er den ihm verbleibenden Teil des Wohnraums nur sporadisch zu Wohnzwecken nutzen werde, bislang noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen sei und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum uneinheitlich beurteilt werde.
Dies würde die Beklagte jedoch nicht von ihrer rechtlichen Fehleinschätzung entlasten.
Quelle: Bundesgerichtshof
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