Landgericht Berlin, 01.12.2016, Az.: 67 S 323/16
Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Vermieter Mietverträge kündigen – eine mögliche Ausführung ist die Eigenbedarfskündigung, welche jedoch eine plausible Begründung benötigt. Dieser Begründung sind allerdings durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enge Grenzen und Fristen gesetzt (§§ 573 Abs. 2 Nr. 2 und 573c BGB).
Sobald der Vermieter eine Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige – nach aktueller Rechtsprechung zählen dazu Kinder, Eltern, Enkeln oder Großeltern aber auch Geschwister (BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, Az. VIII ZR 276/02), Stiefkinder, Nichten und Neffen (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010, Az. VIII ZR 159/09) – benötigt, so besitzt er das Recht, dem Mieter die Kündigung auszusprechen.
Die Kündigung ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Wohnbedarf des Vermieters ohne wesentliche Abstriche in einer frei gewordenen Alternativwohnung befriedigt werden kann. Ausnahmen bestehen darin, dass der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorträgt, weshalb er die frei gewordene Wohnung nicht beziehen will (BVerfG, Beschluss vom 1. 3. 1991, 1 BvR 1100 / 90, WM 1991 S. 247). Unterbleibt die Anbietpflicht, wird nachträglich die Kündigung unwirksam (AG Köln, Urteil vom 08. Februar 2013 – 205 C 3/12 -, juris) und der Vermieter kann sich schadenersatzpflichtig machen.
Ausgangssituation: Kündigung wegen Eigenbedarf
Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen Mieter in einem Mehrfamilienhaus in Berlin, der eine 55 qm große Wohnung gemietet hatte. Der Vermieter kündigte dem Mieter unter Berufung auf den Eigenbedarf seines Sohnes. Diese Kündigung entsprach den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 573 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB und wurde formgerecht begründet. Der Mieter widersprach der Kündigung und weigerte sich, die Wohnung zu räumen, woraufhin der Vermieter Klage auf Räumung einreichte.
Keine Pflicht zur Alternativwohnung im Erdgeschoss
Ein wesentlicher Punkt im Streit war, dass der Vermieter dem Mieter nicht die im Erdgeschoss frei werdende Wohnung angeboten hatte. Die Klägerin handelte jedoch nicht treuwidrig, da laut ständiger Rechtsprechung nur dann eine Treuwidrigkeit vorliegt, wenn eine vergleichbare Wohnung verfügbar ist, in der der Eigenbedarf ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann (BGH, Beschl. v. 23. August 2016 – VIII ZR 178/15). Da die Wohnung im Erdgeschoss mit 75 qm deutlich größer war als die 55 qm große Wohnung des Beklagten, bestand keine Vergleichbarkeit.
Angemessenheit der angebotenen Alternativwohnung
Die Klägerin hatte dem Beklagten bereits in der Kündigungserklärung eine sanierte Alternativwohnung im Vorderhaus zu einem Mietpreis von 910,00 EUR angeboten. Der Beklagte lehnte dieses Angebot wegen der höheren Mietkosten ab. Die verlangte Miete verstieß jedoch nicht gegen die Mietpreisbremse, da die Wohnung unter die Ausnahmeregelung des § 556f Satz 2 BGB fiel. Somit lag kein Verstoß gegen die Anbietpflicht der Klägerin vor.
Urteil des Landgerichts Berlin
Das Landgericht Berlin entschied zugunsten der Vermieterin und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Es sah keine Verletzung der Anbietpflicht durch die Klägerin, da sie dem Beklagten eine Alternativwohnung angeboten hatte und der Mietpreis keinen Verstoß gegen geltende Vorschriften darstellte. Zudem war der Beklagte nicht in der Lage, die angebotene Wohnung zu den vereinbarten Konditionen anzumieten. Eine abschließende Prüfung, ob die Vermieterin verpflichtet gewesen wäre, die frei werdende Wohnung im Erdgeschoss anzubieten, war somit nicht erforderlich.
Das Gericht betonte, dass eine Anbietpflicht nur dann bestünde, wenn die frei werdende Wohnung vergleichbar gewesen wäre oder der Mieter bereit und in der Lage gewesen wäre, diese Wohnung zu den geforderten Bedingungen anzumieten.
Quelle: Landgericht Berlin
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