Mietrecht: Vermieter kann bei eigenem Verschulden sogar zu einer besonders kostenintensiven Beseitigung eines Mietmangels verpflichtet sein.

Amtsgericht Tiergarten, 17.07.2012, Az.: 606 C 598/11

Die Mängelansprüche im deutschen Mietrecht sind den Mängelansprüchen des deutschen Kaufrechts sehr ähnlich:

Gem. § 536 BGB haftet der Vermieter für Sachmängel ohne Verschulden. Als Rechtsfolge kommt gem. § 536 BGB die Mietminderung in Betracht.

§ 536a Abs. 1 1. Fall BGB spricht dem Mieter darüber hinaus einen Schadensersatzanspruch bei Mängeln zu, die vor bereits Vertragsschluss vorlagen.

Bei verschuldet später auftretenden Sachmängeln oder Verzug mit der Mängelbeseitigung durch den Vermieter hat der Mieter einen Schadensersatzanspruch gem. § 536a Abs. 1 2. u d 3. Fall BGB.

Aus § 536a Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB folgt darüber hinaus ein Selbsthilferecht des Mieters.

Der Anspruch auf Verwendungsersatz (§ 539 BGB) ist zwar kein Mängelanspruch, steht diesen aber sehr nahe.

Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter

Ist die Mangelbeseitigung objektiv unmöglich bzw. wirtschaftlich zu belastend, kann der Vermieter allerdings von der Pflicht zur Mangelbeseitigung befreit sein.

In dem oben genannten Fall des Amtsgerichts Tiergarten hatte sich dieses mit der Frage zu beschäftigen, ob der Vermieter verpflichtet war, die Nutzbarkeit von Fenstern in einer Mietwohnung wieder herzustellen, die durch den Neubau eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück verschlossen worden waren.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Mit einem neu gebauten Haus des Vermieters hatte dieser das Küchen- und Badezimmerfenster des Mieters zugemauert

Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Die Klägerin hatte neben dem Grundstück der streitgegenständlichen Wohnung ein weiteres Grundstück erworben und dieses mit einem Haus bebaut, welches unmittelbar an das Küchen- und Badefensterzimmer der von der Beklagten bewohnten Wohnung angrenzte. Dieser Baumaßnahme hatte die Beklagte nicht zugestimmt und in der Folge die Miete gemindert.

Nachdem der Mieter minderte, kündigte der Vermieter und verklagte den Mieter auf Räumung

Auf die Zahlungs- und Räumungsklage der klagenden Vermieterin erhob die Beklagte Widerklage, mit der Sie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangte.

Urteil des Amtsgerichts Tiergarten

Das Gericht urteilte, dass die Räumungsklage unbegründet, der Vermieter aber zum Rückbau des Nachbargebäudes verpflichtet sei

Das Amtsgericht Tiergarten folgte der Ansicht der Beklagten und urteilte, dass die Klage der Klägerin unbegründet, die Widerklage der Beklagten jedoch begründet sei.

Die klagende Vermieterin müsse die Nutzung der Fenster so wiederherstellen, dass der Abstand zur Außenwand des Nachbargebäudes mindestens drei Meter betrage.

Insbesondere könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass ihr dies wegen der Umwandlung des neugebauten Hauses auf dem Nachbargrundstück unmöglich bzw. mit solchen Kosten verbunden sei, dass die Opfergrenze überschritten sei.

Ein Fall der objektiven Unmöglichkeit läge nur dann vor, wenn die verlangte Handlung niemanden möglich sei. Diese Voraussetzung läge hier nicht vor, da es nicht erst seit dem Fall ‚der Mauer’ allgemeinkundig sei, dass Mauern auch wieder beseitigt werden könnten.

Die hohen Kosten der Wiederherstellung des früheren Zustands habe der Vermieter hinzunehmen

Auch auf die Belastung durch sehr hohe Kosten bei Wiederherstellung des früheren Zustandes könne sich die Vermieterin nach Treu und Glauben nicht berufen, auch wenn sie möglicherweise nicht mehr Eigentümerin des Nachbargrundstücks sei. Denn Sie selbst habe die Situation geschaffen, indem sie die Mauer errichtet habe, ohne eine Verständigung mit der Mieterin herbeizuführen.

Quelle: Amtsgericht Tiergarten

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