Zeitlicher uns sachlicher Ablauf des Zwangsversteigerungs-verfahrens
Erreicht der Antrag auf Zwangsversteigerung die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts, wird zunächst durch den Rechtspfleger geprüft, ob der vom Gläubiger genannte Schuldner tatsächlich der Eigentümer des zu versteigernden Objekts ist und ob der Schuldtitel des Gläubigers mit der notwendigen Zwangsvollstreckungsklausel versehen und ordnungsgemäß zugestellt ist.
Anschließend wird durch das Gericht ein Anordnungsbeschluss erlassen. Dies ist ein dem Antrag des Gläubigers stattgebender Beschluss hinsichtlich der Zwangsversteigerung.
Er ergeht ohne mündliche Verhandlung, wird an Gläubiger und Schuldner zugestellt und dem Grundbuchamt zur Eintragung des Versteigerungsvermerks mitgeteilt.
Der Anordnungsbeschluss ist mit der Erinnerung nach § 766 ZPO anfechtbar; andernfalls mit der sofortigen Beschwerde nach § 95 ZVG, § 793 ZPO.
Besteht die Aussicht dass durch die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung diese vermieden wird, kann die Versteigerung gem. § 30a ZVG für die Dauer von 6 Monaten eingestellt werden, wenn ein dementsprechender Antrag innerhalb von 2 Wochen gestellt wird.
Ist diese Frist abgelaufen oder der Antrag auf einstweilige Einstellung wird abgelehnt, wird ein Sachverständiger beauftragt, den Verkehrswert des Grundstücks zu schätzen.
Das von dem Sachverständigen erstellte Gutachten wird allen an der Zwangsversteigerung Beteiligten zur Stellungnahme zugesendet. Nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme ergeht der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss. Dieser kann erneut durch sofortige Beschwerde gemäß §§ 95, 96 ZVG in Verbindung mit §§ 567, 569 ZPO innerhalb von 2 Wochen seit Zustellung des Beschlusses angegriffen werden.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird ein Versteigerungstermin bestimmt. Der Termin kann grob in drei Teile gegliedert werden:
– Aufruf der Sache
– Bietstunde
– Anhörung der Beteiligten über den Zuschlag
1.) Aufruf der Sache
Zunächst stellt der Rechtspfleger fest, ob alle Beteiligten anwesend sind. Danach werden die Namen der Gläubiger, die Versteigerungsbedingungen und das geringste Gebot festgelegt.
Inbesondere bei der Festlegung des geringsten Gebots gilt es, besonders gut aufzupassen, da dieses alle Ansprüche vorrangiger Gläubiger, bestehende öffentliche Lasten sowie die Verfahrenskosten beinhaltet.
Bestehen zum Beispiel zwei Grundschulden in Abteilung III des Grundbuchs, muss man als Bieter darauf achten, aus welcher Grundschuld die Zwangsversteigerung betrieben wird. Denn Rechte die den Rechten des bestrangig betreibenden Gläubigers vorausgehen, bleiben bestehen und müssen vom Meistbietenden/Ersteher übernommen bzw. abgelöst werden.
Folgendes Beispiel soll dies noch einmal verdeutlichen:
1. Grundschuld 100.000
2. Grundschuld 50.000
3. Bestehende öffentliche Lasten 2.000
4. Kosten des Verfahrens 1.500
Wenn der betreibende Gläubiger die Versteigerung aus der Grundschuld unter 1. (100.000) betreibt, wird das geringste Gebot bei 3.500 liegen (bestehende öff. Lasten + Kosten des Verfahrens).
Wenn die Versteigerung aus der Grundschuld unter 2. (50.000) betrieben wird, bleibt die im besseren Rang bestehende Grundschuld bestehen, so dass das geringste Gebot bei 103.500 liegen wird.
2.) Bietstunde
Nach dem Aufruf der Sache folgt die Bietstunde. Die Bietzeit muss dabei mind. 30 Minuten dauern und wird daher strengstens protokolliert.
Wenn keine Gebote abgegeben werden, wird das Verfahren einstweilen eingestellt.
Tatsächlich ist es in den meisten Fällen der Zwangsversteigerung so, dass ein tatsächlicher Bieterwettstreit erst kurz vor Ende der Bietzeit beginnt.
Wird ein Gebot abgegeben, fragt der Rechtspfleger den Gläubiger, ob der Bieter die die Sicherheitsleistung i. H. v. 10% des Verkehrswerts erbringen muss.
Die Entscheidung über den Zuschlag wird am Ende durch das Gericht verkündet. Gegen den Zuschlag ist die Zuschlagsbeschwerde statthaft (§§ 95-104 ZVG).
Die Zuschlagsbeschwerde steht im Falle der Erteilung des Zuschlages jedem Beteiligten sowie dem Ersteher und dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten, im Falle der Versagung dem Gläubiger zu, in beiden Fällen auch dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist, sowie demjenigen, welcher nach § 81 ZVG an die Stelle des Bieters treten soll, zu.
Gebote des Bieters erlöschen gem. § 72 ZVG dann, wenn kein sofortiger Widerspruch erfolgt ist. Als Gründe für eine sofortige Zuschlagsbeschwerde des Bieters erkennt die Rechtsprechung z. B. an:
– eine falsch gehende Gerichtsuhr, durch welche ein Beteiligter daran gehindert ist, ein Gebot abzugeben.
– eine unvollständige Terminsveröffentlichung im Amtsblatt.
– die Nichteinhaltung der Mindestbietzeit.
Natürlich hat auch der Ersteher des Zwangsversteigerungsobjektes grundsätzlich das Recht, gegen den Zuschlagsbeschluss eine Zuschlagsbeschwerde einzulegen. Allerdings kann diese nur auf die Verletzung der der §§ 81, 83 bis 85a ZVG gestützt werden. Eine Mängelhaftung gibt es bei der Zwangsversteigerung nicht.
Sollte allerdings der gerichtliche Sachverständige vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet haben, so ist dieser gem. § 839a BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch die gerichtliche Entscheidung (Zuschlagsbeschluss) entstanden ist, die auf diesem Gutachten beruht. Ein Ersteher könnte den Sachverständigen somit bei Vorliegen der Voraussetzungen in Regress nehmen.
3.) Anhörung der Beteiligten
Bei der Anhörung der Beteiligten ist insbesondere die 5/10 bzw. 7/10 Grenze zu erwähnen. Diese Grenzen gelten im Ersttermin, wobei die 5/10 Grenze dem Schuldnerschutz und die 7/10 Grenze dem Gläubigerschutz dient.
Erreicht das festgestellte Höchstgebot im Ersttermin nur die Hälfte des Verkehrswerts ist das Gericht gehalten, den Zuschlag von Amts wegen zu versagen.
Erreicht das festgestellte Höchstgebot im Ersttermin wiederum mehr als die Hälfte aber weniger als 7/10 des Verkehrswerts, kann der Zuschlag durch einen betroffenen Gläubiger versagt werden.
Im Zweittermin gelten diese Grenzen nicht mehr, so dass theoretisch der Zuschlag auch für das vom Rechtspfleger festgestellte Mindestgebot erteilt werden kann.
Das außerordentliche Kündigungsrecht bei der Ersteigerung einer vermieteten Wohnung
Wird eine vermietete Wohnung ersteigert, steht dem Ersteher gem. § 57 a ZVG ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Der Ersteher kann das Mietverhältnis demgemäß unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen.
Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt mind. 3 Monate, kann sich aber je nach Dauer des Mietverhältnisses bis zu 9 Monate verlängern. Zu beachten ist, dass der Ersteher dennoch ein berechtigtes Interesse an der Kündigung haben muss.
Zu einem solchen berechtigten Interesse zählt zum Beispiel auch der Eigenbedarf. Der Ersteher muss im Übrigen beachten, dass er die Wohnung zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen muss.
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