Amtsgericht Paderborn, Urteil vom 19.10.2023, Az.: 50c C 156/23
In dem hier besprochenen Fall geht es um die Überbelegung einer Wohnung. Aber wann genau liegt eine Überbelegung vor? Dazu gibt es verschiedene Ansichten:
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- Eine Überbelegung wird erst dann relevant, wenn die Wohnfläche weniger als 15 Quadratmeter pro erwachsene Person oder pro zwei bis zwölfjährige Kinder beträgt oder wenn mehr als zwei Personen pro Zimmer untergebracht sind.
- Eine andere gängige Ansicht besagt, dass keine Überbelegung vorliegt, solange auf jede erwachsene Person oder auf je zwei Kinder bis zum 13. Lebensjahr ein Raum von etwa 12 Quadratmetern entfällt oder bei der Unterbringung von Familien durchschnittlich 10 Quadratmeter pro Person zur Verfügung stehen.
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Hintergrund des hier besprochenen Falles
Die Klägerin, die einer Teilzeitarbeit nachgeht und zusätzlich staatliche Sozialleistungen bezieht, ist Mieterin eines Reihenhauses. Das Haus wird von ihr, ihrem Sohn und einem Untermieter bewohnt. Der Vermieter, der Beklagte, hatte zuvor der Untervermietung eines Zimmers an Herrn U zugestimmt. Nun plant die Klägerin, zwei weitere Zimmer an neue Untermieter zu vergeben, was der Beklagte jedoch ablehnte. Dies führte zur Klage, in der die Klägerin die Erlaubnis zur Untervermietung dieser Zimmer verlangt.
Streitpunkte und Argumente der Parteien
Die Klägerin behauptet, dass ihr im Jahr 2004 vom damaligen Hausverwalter mündlich eine generelle Erlaubnis zur Untervermietung erteilt worden sei. Sie führt an, dass ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung besteht, da sie dadurch sicherstellen könne, dass die Miete weiterhin pünktlich und vollständig gezahlt wird. Zudem verweist sie darauf, dass ihr Sohn aufgrund seines Studiums nicht mehr regelmäßig im Haus wohnt und somit ausreichend Platz für die neuen Untermieter vorhanden sei.
Der Beklagte argumentiert, dass das Haus bereits mit der aktuellen Anzahl von Bewohnern überbelegt sei. Er äußert den Verdacht, dass die Klägerin durch die Untervermietung Gewinne erzielen könnte und weist auf Schäden und eine vermeintliche Verwahrlosung des Mietobjekts hin. Er befürchtet, dass eine weitere Belegung den Zustand der Wohnung verschlechtern könnte.
Rechtliche Grundlagen und Bewertung der Klageänderungen
Das Gericht entschied, dass die wiederholten Änderungen der Klage zulässig und sachdienlich sind. Die Zulässigkeit wurde bejaht, da die Änderungen den bestehenden Streitstoff betreffen und zur Klärung des gesamten Sachverhalts beitragen. Durch die Änderungen konnte der Kern des Streits – das berechtigte Interesse an der Untervermietung – weiterhin berücksichtigt und in die Entscheidung einbezogen werden.
Berechtigtes Interesse der Klägerin an der Untervermietung
Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat, wie es in § 553 Abs. 1 BGB gefordert wird. Dieses Interesse besteht, da die Klägerin durch die Einnahmen aus der Untervermietung ihre finanzielle Belastung verringern und weniger von staatlichen Leistungen abhängig sein möchte. Ein Gewinnstreben konnte nicht festgestellt werden. Darüber hinaus hat sich die Zusammensetzung der Bewohner des Hauses verändert, da der Sohn der Klägerin das Haus aufgrund seines Studiums größtenteils verlassen hat.
Gegenargumente des Beklagten und deren Bewertung
Die vom Beklagten vorgebrachten Einwände gegen die Untervermietung überzeugten das Gericht nicht. Seine Bedenken bezüglich einer möglichen Überbelegung und zusätzlicher Schäden wurden als unbegründet angesehen. Das Gericht stellte fest, dass die Wohnfläche und die Anzahl der Bewohner im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben stehen und daher keine Überbelegung vorliegt. Zudem konnten die behaupteten Schäden nicht auf pflichtwidriges Verhalten der Klägerin zurückgeführt werden. Allgemeine Befürchtungen zukünftiger Schäden sind kein hinreichender Grund, um die Erlaubnis zur Untervermietung zu verweigern.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin und stellte fest, dass sie einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung hat. Das berechtigte Interesse der Klägerin, ihre finanzielle Situation zu verbessern und die Mietbelastung zu reduzieren, überwog die vorgebrachten Bedenken des Beklagten. Es wurde festgestellt, dass weder eine Überbelegung noch andere triftige Gründe vorliegen, die eine Verweigerung der Untervermietung rechtfertigen würden.
Quelle: Amtsgericht Paderborn
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