Verwaltungsgericht Köln, 16. September 2010, Az.: 20 K 441/10 und 20 K 525/10
Bei Großversammlungen und öffentlichen Veranstaltungen ist durch die Ordnungsbehörden und die Polizei im Einzelfall zu prüfen, ob eine Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit vorliegt (bzw. vorliegen könnte).
GlasMaßgeblich für die Frage, ob und wie gegen Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit einzuschreiten ist, ist die in jedem Einzelfall zu erstellende Gefahrenprognose. Vorbeugende Verbote, Auflagen und Ähnliches setzen voraus, dass nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Veranstaltung konkret gefährdet ist. Dabei sind entsprechende Gefährdungstatbestände heranzuziehen.
Hintergrund des Glasverbots in Köln
Im Frühjahr 2010 verhängten die Ordnungsbehörden der Stadt Köln ein Verbot für das Mitführen und Benutzen von Glasbehältnissen in bestimmten Stadtteilen, darunter die Altstadt, Sülz und die Kölner Ringe. Dieses sogenannte „Glasverbot“ sollte während des Kölner Karnevals die Sicherheit erhöhen, indem es Gefährdungen durch Glasbruch minimiert. Die Maßnahme wurde per Allgemeinverfügung und durch Einzelverfügungen umgesetzt. Kioskbesitzer, die von dieser Regelung betroffen waren, erhoben Klage vor den Verwaltungsgerichten, da sie das Verbot als unverhältnismäßig empfanden. Es folgte ein Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen sowie parallel laufende Klagen vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln.
Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht NRW
Im Eilverfahren entschied das OVG im Frühjahr 2010 zugunsten der Stadt Köln, ohne jedoch eine endgültige rechtliche Klärung herbeizuführen. Das Gericht führte aus, dass das Glasverbot zumindest nicht ungeeignet sei, um Gefährdungen durch Glasbruch zu verhindern. Es betonte, dass im Rahmen einer Interessenabwägung der Schutz der öffentlichen Sicherheit Vorrang habe. Das OVG ließ die grundsätzlichen rechtlichen Fragen jedoch offen und verwies darauf, dass eine ausführliche Prüfung der Klagen vor den Verwaltungsgerichten erfolgen müsse.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln
Das Verwaltungsgericht Köln nahm eine detaillierte rechtliche Prüfung vor und entschied, dass das Glasverbot rechtswidrig sei. Das Gericht stellte fest, dass das Gefahrenabwehrrecht rein vorsorgende Maßnahmen nicht zulasse, wenn keine konkrete Gefahr vorliege. Allein das Mitführen und Benutzen von Glasbehältern stelle keine Gefahr im Sinne des Gefahrenabwehrrechts dar, da diese an sich nicht gefährlich seien. Eine Gefahr entstehe erst durch rechtswidriges oder strafbares Verhalten, wie etwa Sachbeschädigung oder Körperverletzung. Zudem betreffe das Verbot eine Vielzahl von Personen, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach ordnungsgemäß verhalten würden.
Fazit und Auswirkungen auf zukünftige Rechtsfragen
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln hob hervor, dass präventive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nur bei einer konkreten Gefahrenlage zulässig seien. Die pauschale Annahme, dass das Mitführen von Glasbehältern zwangsläufig zu Gefährdungen führe, reiche nicht aus, um ein Verbot zu rechtfertigen. Dieses Urteil könnte Auswirkungen auf künftige Maßnahmen der Gefahrenabwehr haben, insbesondere im Hinblick auf Veranstaltungen wie den Kölner Karneval, wo ähnliche Sicherheitsmaßnahmen erneut zur Debatte stehen könnten.
Quelle: Verwaltungsgericht Köln
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